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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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einen Preis von viertausend Pfund in Gold, wenn Ihr nach Eurem Tod Eure Insel der Krone überschreibt.«
    Viertausend Pfund in Gold. Isabel taumelte. Viertausend Pfund in Gold für unseren Garten Eden, Baldwyn. Hat Gott Adam und Eva einen Judaslohn gezahlt, um ihnen das Paradies zu entreißen? Viertausend Pfund für das, was von dir und mir übrig ist, für das Juwel, das wir in unseren Händen hielten, ohne zu fragen, was für Opfer es uns kosten würde.
    Als sei sie noch immer vom Feuer geblendet, sah sie ihn Dokumente aus einer ledernen Mappe zutage fördern. »Es braucht nicht mehr als eine Unterschrift, Mylady. Ihr seid die Sorge um die Schulden los, und was verliert Ihr schon? Eure Familie stirbt mit Euch. Wohin die Insel geht, kann Euch gleichgültig sein.«
    Falls er noch mehr hatte sagen wollen, falls er noch mehr Worte wie Armbrustbolzen hatte schleudern wollen, um Isabel zu vernichten, so hinderte ihn das Donnern, mit dem die Tür zum Hof an die steinerne Wand krachte. Der Wind der Nacht stob herein und ließ die Flammen der Kerzen zucken.
    »Nein«, sagte eine Stimme, die von den Wänden widerhallte. »Diese Insel ist so wenig verkäuflich wie der Stolz eines Mannes und das Herz einer Frau. Packt Eure Schandpapiere ein und trollt Euch, ehe ich vergesse, dass Carisbrooke die gastfreundlichste Burg von England ist! Morgen früh, wenn ich mir den Bart schere, will ich keinen von Eurem Pack mehr hier sehen.«
    Selbst in den besten Tagen ihres Lebens hatte Isabel sich gefragt, ob das, was sie an diesen Mann fesselte, Liebe war. Jetzt war es ihr gleichgültig. Er gehörte zu ihrer Insel und zu ihr. »Willkommen zu Hause, Adam«, sagte sie, nahm Montfichets Kelch vom Tisch, wischte ihn mit dem Tafeltuch sorgsam sauber und schenkte dem Geliebten ein.

17
    K
omm aus dem Kasten, du Stück Dreck! Ich habe dir gesagt, wenn du dich noch einmal an ihr vergehst, haue ich dir dein verdammtes Ding mitsamt den Eiern ab.«
    Magdalene war mindestens ebenso erschrocken wie Timothy, wenn ihr auch die Kraft fehlte, wie er in die Höhe zu fahren. Sie lagen in der mächtigen Raufe, in der minderwertiges Getreide als Tierfutter aufbewahrt wurde. Bei jeder Bewegung rutschten ihr scheffelweise Körner in alle Ritzen und Falten der Kleidung. »Wenn wir hier wieder raussteigen, werden wir rieseln wie zwei aufgeschlitzte Säcke«, hatte sie zu Timothy gesagt.
    Aber das hatte Timothy nicht abgeschreckt, genauso wenig wie das Wissen, dass sie immer noch blutete. Gilles hatte Mädchen während der Blutung immer ausgesondert, weil die Kunden sich höllisch davor fürchteten, sich durch das Blut allerlei widerliche Leiden zuzuziehen. Auch Magdalene war regelmäßig ausgesondert worden, obwohl sie nie mehr als ein paar schmierige Tropfen vergoss. Jetzt hingegen, wo das Blut in Strömen aus ihr herauslief, geriet sie an einen Mann, den das nicht im Geringsten scherte.
    »Ich bin zu schwach«, hatte Magdalene ihn geradezu angebettelt, und das war die Wahrheit. Sie war so schwach, dass sie fürchtete, in ihrem Gewerbe nie mehr Geld verdienen zu können, und was war, wenn ihre Familie einmal Geld von ihr brauchte?
    »Ich weiß ja, Lenchen«, hatte Timothy gejammert, »aber geht es denn nicht ein ganz winziges bisschen? Schau, ich halte es doch gar nicht mehr aus, ich kann nicht schlafen und nicht denken, und ich habe einen höchst gelehrten Herrn sagen hören, wenn ein Mann in diesem Zustand bleibt, dann fault der Schwanz ihm ab.«
    Ob das wahrscheinlich war, vermochte Magdalene nicht zu beurteilen, aber wie durfte sie den armen Timothy solchen Ängsten aussetzen? Waren sie erst in London, so konnte sie ihn vielleicht zu einem Frauenwirt schicken, aber hier gab es weit und breit nur fromme Brüder. Zu allem Unglück mussten sie noch zwei weitere Tage bleiben, weil Hugh von seinem vereiterten Kiefer Fieber bekommen hatte und Pflege brauchte. Daher hatte Magdalene sich breitschlagen lassen und war Timothy in den Taubenschlag gefolgt, wo zu ebener Erde die Futterraufe stand. »Willst du dich wirklich da hineinlegen?«, hatte sie skeptisch gefragt. Sie war nie zimperlich gewesen, aber der Gestank des Taubenkots trieb ihr die Tränen in die Augen.
    »Unser Herr Jesus ist auch in einer Krippe zur Welt gekommen!«, rief Bruder Timothy fröhlich und begann schon, an Magdalenes Gürtelband zu nesteln. Dass sich das eine mit dem anderen vergleichen ließ, erschien Magdalene fraglich, aber seinem Brustton der Überzeugung hatte sie nichts entgegenzusetzen.

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