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Kairos (German Edition)

Kairos (German Edition)

Titel: Kairos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gallo
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Körper emporschwebte und ineinem unsichtbaren Wind fortwehte. Er hoffte, irgend etwas von der fliehenden Präsenz seiner Großmutter zu spüren, einen Lufthauch im Nacken, ein Flüstern, das von den Wänden hallte. Aber nichts. Ihm war eigenartig einsam und ruhig zumute, gleichermaßen ergriffen. Er war völlig überfordert von der Situation.
    „Oh Gott… großer Gott…“, flehte William im Flüsterton.
    Großvater litt. Es brach ihm das Herz. Josh konnte nicht hinsehen. Sein Blick suchte krampfhaft nach etwas anderem zum Verweilen, wie ... die Dahlien auf der Fensterbank; das Steinwappen an der Wand ... ein paar Wollmäuse in der Ecke...
    Das schallende Propellergeräusch eines Hubschraubers. Er schien über dem Haus zu schweben. Joshua, auch wenn es ihm egal war, hörte es. Er sah nur Marta.
    William hielt sie noch immer im Arm, strich ihr über das Gesicht. Er weinte. „Ach, komm schon, Marta ... Laß mich nicht einfach zurück, ich bitte dich...“ Er schluchzte. Es klang wie das Luftholen eines Ertrinkenden.
    Joshua konnte nicht weinen. Er machte einen weiteren Schritt auf seine Großmutter zu. Etwas berührte seine linke Hand: Jacks Schnauze. Der Hund schnupperte in die Luft. Dann roch er an Marta, an ihrer weißen Schürze, den Fingern, schlank und kraftvoll wie bei einer Konzertpianistin. Er fuhr ihr mit der Zunge kurz über die Hand. Dann bellte er die Tote an. Zuerst dachte William, der Hund unterliege dem Irrtum, Marta aufwecken zu können, dann glaubte er, Jack machte irgend etwas nervös, ohne zu wissen, was.
    Joshua war schlagartig merkwürdig zumute. Er fühlte ein Schwanken, hörte ein Seufzen. Er mußte hochsehen. Über ihm thronte die blaue, endlose Himmelswölbung. Er glaubte, nach oben fallen zu müssen. Nicht unangenehmer Schwindel überkam ihn. Er spürte ein Zittern in der Luft anschwellen und vergehen, dann etwas in seinem Kopf spuken, etwas Dunstiges am Rand seines Bewußtseins. Dann vernahm er die Stimme. Es war nicht seine eigene Gedankenstimme, wie er so sie schon oft gehört hatte, sondern etwas anderes.
    Die Stimme sagte:
(Tu was.)
    Ich kann nicht.
    (Tu was.)
    Okay...
    Es gab nichts, das er tun könnte.
    Im selben Moment schoß Jack vor und flitzte bellend durch die Tür auf den Hof. Von dort kam ein wummerndes Dröhnen. Vor den Fenstern bogen sich Bäume und Büsche unter einem starken Wind. Scheiben klirrten. Türen klapperten in ihren Angeln. Das Licht in der Küche flackerte. William und Joshua sahen mehrere Hubschrauber auf einem Feld und einen vor ihrem Haus niedergehen.
    „Jack, bleib!“, rief Josh dem längst verschwundenen Hund nach.
    William starrte zu den Fenstern hinaus. Propellerwind wellte über das Gras und peitschte die Hosenbeine der alten Vogelscheuche. Es war eine Militärmaschine, die vor dem Haus landete, wie er an dem stumpfen Grün sah, in dem sie lackiert war. Im offenen Seiteneinstieg standen bewaffnete Soldaten mit Helmen und Schutzbrillen. Sie sprangen hinaus, noch ehe die Landekufen den Boden berührten. Einer der Soldaten trug ein Megafon bei sich. Er gab den anderen gestikulierend Befehle und lief, flankiert von zwei Soldaten, in Richtung Haus.
    William sah Joshua an. „Da kommen Männer!“, schrie er gegen den Lärm der Turbinen und Drehflügelmotoren an. „Soldaten! Los, laß sie wissen, daß wir hier sind und Hilfe brauchen. Geh schon!“
    Joshua nickte aufgebracht, machte kehrt und wollte gerade zur Haustür hinauslaufen, als die megafonverstärkte Stimme ertönte. „
Ist hier wer? Machen Sie sich bemerkbar! Kommen Sie zu uns! Hier ist es nicht länger sicher!

    Weitere Hubschrauber waren näher an der Kirche und den umliegenden Häusern gelandet. Menschen aus Inverness, Taschen und Habseligkeiten tragend, liefen den Soldaten entgegen, die sie gestikulierend anwiesen, ihr Gepäck zurückzulassen. Man sah auf den ersten Blick, daß nicht alle Fliehenden Platz in den Hubschraubern finden würden. Joshua bekam noch größere Angst, als es ohnehin schon der Fall war.
    Sein Großvater schrie aus dem hinteren Teil des Hauses: „Joshua! Der Soldat, du mußt auf uns aufmerksam machen!“
    Wieder die Megafon verstärkte Stimme, diesmal näher: „
Ist noch wer im Haus? Machen Sie sich bemerkbar! Kommen Sie heraus!

    „Joshua!“, brüllte sein Großvater.
    (Tu, was er sagt. Geh schon!)
    Joshua reagierte endlich und lief hinaus. Er winkte dem Soldaten. „Hier! Wir sind hier!“
    Der Mann sah ihn, bedeutete den anderen Soldaten,

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