Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
und erklärt ihm, dass Ihr die Seiten wechseln wollt. Ihr kommuniziert eine günstige Landestelle für ihn, die wir aussuchen – und wir halten die Truppen in Bereitschaft. Um sein Misstrauen zu reduzieren, werdet Ihr die gelandeten Soldaten selbst empfangen und versorgen. Es geht nicht darum, sie zu überraschen, sondern es geht darum, dass wir Zeit der Landung und anschließend den genauen Ort der Schlacht vorherbestimmen.«
Gaudentius sah Richomer mit einer fast schon entgeisterten Verblüffung an. Rheinberg hatte den Eindruck, dass der Präfekt diese Art des Verrats und der Hintertriebenheit von selbst nicht erwogen hätte.
»Ich … ich soll also so tun, als wäre ich ein Verräter an der Sache des Theodosius?«, vergewisserte sich Gaudentius mit ungläubigem Unterton.
»So ist es. Das sollte Euch gut gelingen, denn völlig abwegig ist diese Idee doch nicht. Verlangt etwas – einen höheren Posten, eine Bezahlung oder nur einen Gefallen, den der Kaiser Euch in der Zukunft zu erweisen hat. Maximus wird Euch vertrauen.«
Gaudentius nickte nachdenklich. Er schien sich mit dem Gedanken anzufreunden.
»Es könnte sein, dass das in der Tat funktioniert. Ein gewagtes Spiel. Ich darf nicht zur falschen Zeit in der Nähe des Maximus sein, vor allem dann nicht, wenn er merkt, dass die afrikanischen Truppen an der Seite des Theodosius marschieren und nicht wie versprochen an der seinen.«
»Risiken gibt es immer. Doch wenn die Schlacht beginnt, könnt Ihr zu Recht sagen, dass Ihr Eure Truppen kommandieren müsst, damit diese zur rechten Zeit die Seite des Maximus ergreifen. Damit seid Ihr aus seiner Reichweite und in unserem Schutz. Niemand verlangt von Euch, den Sturmangriff auf Maximus selbst zu führen. Jeder tut seinen Teil. Das muss nicht der Eure sein.«
Theodosius klatschte in die Hände und nickte Richomer erfreut zu.
»Ein ausgezeichneter Gedanke – wenn unser Freund Gaudentius die Bürde dieser speziellen Aufgabe auf sich nimmt. Es ist nicht ohne Risiken, das habt Ihr selbst gesagt. Aber es könnte uns den Sieg bringen, und das weitaus einfacher als sonst.«
Der Präfekt überlegte noch einige Minuten, stellte einige Fragen, doch Richomer schien sich die Sache im Vorfeld gut überlegt zu haben. Am Ende kamen sie zu der Übereinkunft, dass sie es genau so versuchen würden. Sogar ein geeignetes Schlachtfeld mit guten Positionen für die verbliebenen Schützen aus von Geerens Infanteriekompanie hatten sie bereits vorgesehen. Als Gaudentius sich verabschiedete, waren sie alle voller Zuversicht. Der Präfekt versprach, sogleich die Fühler nach Italien auszustrecken und zu ermitteln, ob er Maximus schnell treffen konnte.
Als der Präfekt gegangen war, sah von Geeren Richomer zwingend an.
»Die Truppen des Maximus auf hoher See zu versenken, wäre unehrenhaft. Die Armee durch Verrat und Tücke zu besiegen, wäre es nicht?«
Richomer lächelte nachsichtig. »Verrat oder nicht, jeder der Kämpfer auf der Seite des Maximus hätte die gleiche Chance – kämpfen, aufgeben, fliehen. Wir erhöhen nur die Wahrscheinlichkeit, dass er eine der beiden letzten Alternativen wählt.«
»Die Legionäre des Maximus sind so ohne Disziplin?«
Richomer schüttelte den Kopf, diesmal eher traurig. »Nein, davon gehe ich nicht aus. Im Gegenteil. Sie werden voller Siegesgewissheit beginnen. Und dennoch: Sie haben die Wahl. Sie haben sogar die Chance, die Schlacht zu gewinnen, mit übermenschlicher Anstrengung und großer Standfestigkeit. Hätten sie diese Chance bei der Verwirklichung des anderen Vorschlags?«
»Nein.« Von Geeren seufzte erneut und sah Rheinberg an. Er wirkte nicht so, als wäre es ihm sonderlich wichtig, dass diese Chance gewährt werden würde. Andererseits würde er seine Befehle getreulich ausführen und keine endlose Diskussion am Leben erhalten.
»Aber …?«, hakte Rheinberg trotzdem nach, der von Geerens Unbehagen durchaus bemerkte.
Der Hauptmann zuckte mit den Achseln.
»Aber es wäre schnell vorbei und wir könnten uns um die wirklich wichtigen Dinge kümmern.«
11
Quintus Virilius war ein einfacher Legionär ohne Ehrgeiz. Er teilte damit das Schicksal so vieler seiner Kameraden, deren Freiwilligkeit beim Eintritt in die Streitkräfte zumindest fragwürdig war. Sein Vater war Soldat gewesen und sein Großvater auch, und was andernorts als ehrwürdige Tradition galt, die alle Sprösslinge mit Stolz zu erfüllen hatte, war für Quintus schlicht eine Last gewesen. Sein
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