Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Wahres dran, kein Christenmensch wollte dies bestreiten. Doch die Offiziere hatten ein sehr praktisches Problem: Sollte die Pest ihre Legionäre dahinraffen, blieben schlicht keine Männer mehr, mit denen sie Krieg führen konnten. Ohne Soldaten würde es nicht nur schwierig sein, die äußeren Feinde zu bekämpfen, nein, auch die inneren Gegner, jene, denen die besondere Aufmerksamkeit des Ambrosius galt, würden vorerst unbehelligt bleiben. Marodierende Priester konnten einfach nicht jeden ans Kreuz nageln. Ein ordentlicher Pogrom bedurfte professioneller Planung und wurde am besten von jenen unterstützt, deren Beruf das Töten war.
»Die Armee des Ostens wurde durch die Seuche dezimiert!«, trumpfte Ambrosius nun auf. »Der Herr spielt in unsere Hand! Seht Ihr das denn nicht?«
Maximus seufzte. Ambrosius mochte in spirituellen Dingen mehr wissen und weiter denken als er, aber was langfristige militärische Planungen anging, war er ein Amateur.
»Ich sehe auch, dass, sobald wir Theodosius besiegt haben, keine Armee im Osten vorhanden sein wird, die das Reich gegen unsere Feinde verteidigen kann.«
Möglicherweise war der Tonfall seiner Antwort eine Spur zu scharf – oder zu herablassend – gewesen. Doch Maximus gestattete sich diesen winzigen Ausrutscher. Sein Nervenkostüm war strapaziert, und es war bedrückend genug, dass nicht sein Feind der Grund dafür war, sondern jemand, auf dessen Unterstützung er eigentlich rechnen sollte.
Ambrosius starrte Maximus an, als könne er nicht glauben, was er da hörte. Konnte der Kaiser wirklich dermaßen vernagelt sein?
Maximus erhob sich, ehe der Bischof noch ein weiteres Wort sagen konnte. Er würde die Geduld und vor allem die Beherrschung seiner Sprache verlieren, wenn er diese Unterhaltung noch weiter fortsetzte. Außerdem gab es, bei Gott, dringlichere Dinge zu besprechen und zu entscheiden. Apostaten und Häretiker konnten warten.
Von ihnen gab es immer mehr als genug.
Er nickte dem Bischof zu und bemühte sich um einen freundlichen Ton und um ein möglichst herzliches Lächeln.
»Ich wünsche Euch eine sichere Heimreise, Ambrosius. Richtet Euren Brüdern meine besten Wünsche aus. Ich hoffe, dass wir uns das nächste Mal bei meiner Siegesfeier wiedersehen werden.«
Ambrosius verneigte sich. »Danke. Ich werde für Euren Sieg beten.«
Der Bischof schien einzusehen, dass er sein Lieblingsthema heute Abend nicht würde zu Ende diskutieren können.
Maximus lächelte noch breiter. »Setzt das Mahl bitte fort. Ich habe noch eine Menge Arbeit vor mir. Der Sieg wird uns nicht in den Schoß fallen.«
Alle erhoben sich, als der Kaiser den Raum verließ.
Als er fort war, herrschte betretenes Schweigen. Niemand wollte dem Bischof in die Augen sehen oder ein Wort an ihn richten.
Das Abendessen dauerte nicht mehr lange.
24
Es war nicht ganz so einfach, aus Hippo Regius zu verschwinden, wie er es sich gedacht hatte. Zum einen war Godegisel das allererste Mal in dieser Stadt und auf afrikanischem Boden, er kannte sich schlicht nicht aus. Zum anderen waren wirklich überall Streifen unterwegs und viele Leute wurden des Weges angehalten und befragt. Als die Legionen an Land gebracht wurden, durften die Zivilisten die Schiffe nicht verlassen. Aber auch als die allermeisten Soldaten längst das vor der Stadt errichtete Feldlager bezogen hatten, war die Ausgangssperre noch nicht aufgehoben worden. Godegisel gehörte zu den Letzten, die schließlich an Land gelassen wurden. Für einen Moment hatte er überlegt, einfach von Bord zu fliehen – Gelegenheit dazu hätte es genug gegeben –, aber er hatte sich dann doch dagegen entschieden. Es wäre sehr verdächtig gewesen, und er wollte nur ein fügsamer, an weiteren Anstellungen interessierter junger Mann sein, der es schwer im Leben hatte und niemandem Ärger machte. Er spielte diese Rolle so gut, dass er eine Empfehlung für einen der großen Händler mitbekam, der Küstensegler unterhielt, die den gesamten Mittelmeerraum befuhren. Godegisel stand eine aussichtsreiche Karriere als Handlanger zur See offen, doch er entschloss sich rasch, doch lieber seinen ursprünglichen Plan zu verfolgen.
Mit dem Handgeld in der Tasche, seinem bescheidenen Bündel auf dem Rücken und einem großen Zeitdruck auf den Schultern wurde er schließlich an Land entlassen. Sofort eilte der junge Gote zum Forum, weil er die Hoffnung hegte, von dort eine Möglichkeit zu ergattern, möglichst schnell weiterreisen zu
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