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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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ausführlich vor, dass die Goten jede eigene semistaatliche Struktur aufzulösen und sich ganz in das rechtliche Gefüge des Reiches einzufügen hatten. Keine »foederatii«, kein Staat im Staate, sondern, das war das Ziel, vollständige Integration und am Ende Assimilierung im Austausch für Frieden und volle Bürgerrechte.
    Godegisel war sich auch nicht sicher, was eigentlich seine persönliche Haltung zu der ganzen Sache war. Er selbst hielt Maximus für einen Feldherrn einiger Qualität, der Loyalität erzeugen und halten konnte, eine Fähigkeit, die der Adlige zu respektieren wusste. Aber Ambrosius erschien ihm mit jedem Treffen verbissener und fanatischer zu werden, und darüber hinaus waren die meisten Goten eher den Arianern zugeneigt – ein Sieg der Sache des Maximus mochte sich auf lange Sicht für sein Volk eher als negativ erweisen.
    Godegisel hatte auch viel Zeit damit verbracht, über die Zeitenwanderer nachzudenken. Über den Kampf bei Thessaloniki, den er doch an vorderster Front miterlebt hatte. Die Waffen dieser Männer waren in der Tat Furcht einflößend gewesen. Doch die Menschen selbst hatten sich in nur wenig von ihm unterschieden. Sie waren sterblich gewesen, sehr sterblich, und Godegisel selbst hatte einen ihrer Anführer getötet. Doch danach hatte er vergeblich auf die Rachsucht der Zeitenwanderer gewartet, auf eine besondere, individuelle Strafe. Wie Dämonen, Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten, waren sie ihm nie erschienen. Wenn es tatsächlich stimmte und sie nur eine große Anzahl von Jahren im Zeitstrom voneinander trennte, wäre es da nicht sinnvoll, ihren Rat ernst zu nehmen und eine Zukunft zu erschaffen, in der manche Fehler möglicherweise vermieden werden konnten? Godegisel fand diesen Gedanken außerordentlich attraktiv. Und hätte Gott etwas dagegen, so hätte er in seiner Allmacht die Reise des metallenen Schiffes durch die Zeiten doch gar nicht erst zugelassen.
    Nein, je mehr er über all diese Dinge nachdachte, desto mehr erschien ihm die Hilfe, die der Richter den Verschwörern hatte angedeihen lassen, als trotzige Geste, die nicht recht durchdacht worden war. Und seien es nun die kritischen Kommentare des Valens, wenn dieser in der Stimmung war, mit ihm zu sprechen, oder seine eigene Wahrnehmung der Treffen mit Maximus und seinen Kameraden, die Einstellung Godegisels verfestigte sich, dass er hier am falschen Ort die falsche Rolle spielte.
    So stand er, in Gedanken versunken, am Fenster seines Aufenthaltsortes, eines einfachen Wohnhauses in der Provinz Britannien, nicht allzu weit von der Hauptstadt entfernt. Die Tatsache, dass die Temperaturen im neuen Siedlungsgebiet der Goten wahrscheinlich weitaus angenehmer waren, trug nicht zu Godegisels Motivation bei, hier noch länger als nötig zu verweilen.
    »So in Gedanken, junger Gote?«
    Valens’ Stimme schreckte Godegisel auf. Er wandte sich um. Der Exkaiser saß in einem Stuhl, einen Kelch Wein in der Hand und hatte die ersten Worte seit Stunden gesprochen. Sie beide waren allein.
    »In Gedanken, ja, Augustus.«
    Valens machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Nenne mich nicht mehr so. Ich mag ein dummer, alter Mann sein, der nicht immer erkennt, was die Stunde geschlagen hat, aber Augustus bin ich sicher nicht mehr. Und selbst, wenn ich in mein Amt zurückkehren sollte, dann nur für eine kurze Zeit und von Gnaden des Maximus, der, so scheint mir, ein durch und durch ungnädiger Mann ist .«
    Godegisel lächelte. Offenbar begann eine von Valens’ besseren Phasen. Sie waren meist durch einen gesunden Sarkasmus gekennzeichnet.
    »Ihr habt noch nicht zugesagt .«
    »Ich werde auch nicht zusagen .«
    Godegisel horchte auf. Das war jetzt ein neuer Zug, eine neue Qualität.
    »Ihr wollt Maximus nicht als Imperator bestätigen, hat er erst Gratian gestürzt ?«
    »Nein.« Der Mann nahm einen Schluck Wein und verzog das Gesicht. »Was für ein Essig«, murmelte er. Dann richtete er seinen Blick wieder auf den Goten.
    »Ich war auch nachdenklich, lieber Freund. Viele Wochen, ja Monate. Oft waren meine Gedanken verwirrt, doch ich habe alles mitbekommen, was um mich herum passiert ist .«
    Godegisel schwieg.
    »Ich habe nunmehr eine Entscheidung getroffen. Ich war ein Narr vor Adrianopel und ich bin ein Narr, dass ich Gratian auch nur einen Vorwurf mache. Er ist jung und tut, was er kann. Hätte ich auf ihn gewartet, wären Eure Männer vor Adrianopel aufgerieben worden und all diese Probleme hätten sich so nicht gestellt

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