Kaleidoscope: Kriminalroman (German Edition)

drückte den Kolben bis zum Anschlag. Dann ein euphorisches oder vielleicht auch erleichtertes Lachen.
    »Und, ist es gut?«, erkundigte sich Arno.
    »Gut? Oh Mann, das ist das Beste … das Beste …«
    »Was ist los, Charlie?«
    Blade warf den Kopf in den Nacken, als wollte er einen Säbel schlucken.
    Ein gurgelndes Krächzen kam tief aus seiner Brust.
    »Sag mal, Charlie, was ist das für ein Gefühl?«
    »Es … Es …«
    Charlies Kopf fiel nach vorn. Seine Beine sackten weg. Seine Hände klammerten sich am Kotflügel fest, während er langsam am Kühlergrill entlang in den Sand glitt. Arno beugte sich über ihn, um zuzusehen, wie die Nadel noch immer im Arm des Toten zuckte. Schaum drang aus seinem leblosen Mund.
    »Das war aber gut, was, Charlie? Das beste Zeug, das du jemals hattest.«
    Bisweilen, in tiefblauen Nächten, ging ein blauer Mond über der blauen Landschaft auf, die Lunas schlafender Körper war. Die Mondjungfrau schlief immer unbekleidet. Eine sanfte Brise vom Fenster her begünstigte ihren nackten, sinnlichen Schlaf. Sie träumte süß. Aber dann ließ ein schrecklicher Lärm Luna aufschrecken. Der Elefant trompetete immer wieder panisch, als bliese er zum letzten Gericht.
    »Was ist …?«
    Luna stützte sich auf einen Ellbogen und sah im Fenster ein rot glühendes Flackern, so als spiegelten sich darin die Flammen eines Kamins.
    Auch Jack konnte es sehen. Er wälzte sich in seiner Hütte bei geöffnetem Fenster zwischen Träumen hin und her, als Rauchgeruch ihn aus dem Schlaf riss. Er stand auf und sah rote Feuerzungen über den Wipfeln der Kiefern.
    »FEUER!«
    Jack stolperte auf seinem Stock nach draußen.
    »TOMMY! LUNA! FEUUUER!«
    Vom Wind angefacht und von Heu, Holz und Teer genährt, wuchs der Feuersturm immer mehr an und breitete sich vom Rummelplatz auf die Bäume, Zelte und Wohnwagen in der Nähe aus. Das Riesenrad sah aus wie ein gigantisches Feuerrad. Unter Schmerzen humpelte Jack hinter Tommy und zwei Dutzend anderen Artisten her, um Eimer zu suchen.
    »DIE TIERE!«, schrie Tommy. »HOLT SIE RAUS!«
    Die brüllenden Tiger und wiehernden Pferde verstärkten die allgemeine Panik noch. Flammen blähten sich auf wie Segel in einer steifen Brise, während die Leute herbeieilten, um die Feuersbrunst mit Fingerhüten voll Wasser einzudämmen. Jack sah, wie Penguin und Flambé sich an einem brennenden Heuhaufen vorbeikämpften, um die Großkatzen aus ihren Käfigen zu befreien. Sie ließen Löwen und Tiger frei, die auf die im Tiefland von Florida heimischen Bären treffen würden. Die wilden Schreie der Katzen wurden wie das Knacken das harzigen Holzes immer lauter.
    Und dann ertönte wieder das vertraute Trompeten, hoch und lang, und übertönte alles andere. Selbst in diesem Lärm konnte Jack Ambassadors Ruf ausmachen und wusste auch, woher er kam …
    Aus Peewees Zelt.
    »Oh Gott!«
    Da sah er es, das in Flammen gehüllte Zirkuszelt. Ein riesiges Licht für eine riesige Motte.
    »PEEWEE!« Jack zwang sich zu rennen. »TOMMY, PEEWEES ZELT!«
    Als Jack die fünfzig Meter bis zum Zelt der Prinzessin zurückgelegt hatte, waren dort schon etliche Schausteller versammelt. Flammen züngelten am Zelt empor, vom Dach sprühten Funken in den Himmel und, noch schlimmer, ein weiteres Feuer wütete im Innern.
    »PEEWEEE!«, brüllte Giant. »PEEWEEE!«
    Die Rufe von draußen drangen nicht zu Peewee durch. Nichts war zu hören außer dem Tosen des Feuers und dem Trompeten eines durchdrehenden Elefanten. Die Prinzessin war fast vollständig von Flammen umgeben, giftige, schwarze Rauchwolken waberten in der Luft und nur die hohen Zeltwände retteten sie vor dem Erstickungstod.
    Peewee schrie und Funken tanzten wie böse Clowns auf dem Zunder ihrer Laken und Bücher. Es gab einen Fluchtweg, aber Peewee konnte ihn nicht sehen. Ein einzelner schmaler Streifen des Zelttuchs war bei Ambassadors Nachmittagsbad nass geworden und dampfte zwar, brannte aber noch nicht. Die Gleise, auf denen ihr Essen gebracht wurde, führten zu diesem schmalen Ausgang. Aber selbst wenn Peewee den Fluchtweg gesehen hätte, hätte er ihr nichts genutzt. Jede andere Frau wäre einfach auf den Sägemehlboden gesprungen und den Gleisen in die Freiheit gefolgt. Selbst eine Frau oder ein Mann in Panik hätte noch auf allen vieren vom Bett aus zu der dampfenden Zeltklappe kriechen können. Oder in den Wassertank springen. Lieber ertrinken als verbrennen.
    Aber Peewee konnte nicht kriechen. Sie kam ohne fremde Hilfe nicht aus dem Bett.