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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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weiß.
    Der Grund dafür lag auf der Hand: Das Bein hatte nicht mehr in den Kühlschrank gepasst. Überhaupt war das Frischhalten der Frauenleiche ein schwieriges Unterfangen gewesen. Denn bei dem Kühlschrank handelte es sich um eine Kühl- und Gefrierkombination. Der Körper hatte über die drei Kältefächer hinweg in das Gerät gehievt werden müssen. Mit Grünkohl und Sauerkraut gefüllte Plastikboxen standen stapelweise im Blut auf dem Boden.
    »Die Befragung in der Gastwirtschaft ist schon gelaufen«, ritt Krämermeier weiter auf Laras Verspätung herum. »Ich habe den Kollegen Brand dazugeholt, weil Sie nicht auftauchten. Die letzten Interviews schaffen wir auch ohne Sie«, ergänzte er schnell, als Lara auf eine dicke Rothaarige zeigte, die offensichtlich noch auf ein Gespräch wartete.
    »Sie können ja draußen noch ein paar Wanderer befragen. Falls Sie welche finden.«
    Tock. Willi stabilisierte seine Schritte auf dem schmierigen Waldboden mit dem Pilgerstab. In Gedanken entwickelte er sein Unternehmenskonzept: Willi Depp, private Ermittlungen . Klang nicht unbedingt vielversprechend, grübelte er.
    Tock – witsch! Sein Pilgerstab rutschte an einer glitschigen Wurzel ab. Willi strauchelte. Auch die Heilige Mutter Maria, Herr Jesus, der liebe Gott, oder wer immer ihn sonst auf seinem Pilgermarsch begleitete, schien von diesem Firmennamen nicht begeistert zu sein.
    Wie wär’s mit Privatdetektei Depp? Auch damit würden ihm die Kunden vermutlich nicht die Tür einrennen.
    »Als Detektiv bist du doch ’ne Lachnummer!«, war Annelieses Meinung, als er ihr die Geschäftsidee präsentierte, für die er die Unterstützung der Mutter Maria erpilgern wollte. »Wer engagiert schon einen Depp?«
    Wütend hatte Willi seine Frau angefunkelt. Doch Anneliese ließ sich nicht beirren: »Jahrelang haste dir die Birne matschig hauen lassen und jetzt willste plötzlich mit Denken Geld verdienen?«
    Tock. Nun ja, auf den ersten Blick war das wirklich kein Geistesblitz. Aber immerhin war der Sascha auch jahrelang als Preisboxer in Willis Boxbude über die Jahrmärkte getingelt. Und jetzt hatte er einen Job bei der Security, Leibwächter und so. Warum sollte Willi das nicht hinkriegen?
    »Weil der Sascha einen Meter größer ist als du«, meinte Anneliese. »Und nicht Depp heißt, sondern Petrow.«
    Das stimmte, auch wenn Willi es nicht gern hörte.
    Ende Mai leuchtete das Grün noch frisch und die Felder rochen nach Erdbeeren. Willi hatte Blasen an den Füßen, in Ferienzimmern übernachtet und mit Pilgern und Wanderern über Gott gequatscht, so viel er konnte.
    Und heute sollte seine Wallfahrt enden. Um achtzehn Uhr wollte er pünktlich zum Gottesdienst in der Basilika sein. Praktischerweise war Pfingstsonntag, da war die Maria ja gewohnheitsmäßig mit Erleuchten und Erlösen beschäftigt. Da würde sie sich schon um Willis Problem kümmern und ihm ein klitzekleines bisschen bei der Berufsfindung helfen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, riss ihn eine Frau aus seinen Gedanken. Willi blieb stehen und sah sie an. Sie war schlank, mit Rehaugen und rotbraunen Locken.
    »Lara Simonis, Kripo Werl. Vielleicht können Sie mir weiterhelfen.« Sie kramte in ihrer Handtasche.
    Willi nutzte die Gelegenheit, um seinen schweren Rucksack neben seine Füße plumpsen zu lassen. Ein breites Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Da war es ja, Gottes Zeichen: Eine Polizistin brauchte seine Hilfe. Jetzt würde sich rausstellen, ob er zum Detektiv taugte.
    »Sind Sie dieser jungen Dame begegnet?« Die hübsche Kommissarin hielt ihm ein Foto unter die Nase.
    »Wie stellen Sie sich das vor, alleinerziehend als Kommissarin zu arbeiten?«, hatte Krämermeier wissen wollen, als Lara ihre Sachen an ihrem ersten Arbeitstag in den freien Schreibtisch in seinem Büro räumte. »Wir arbeiten zehn Stunden und mehr am Tag.«
    »Zufällig habe ich den Job schon mal gemacht«, hatte Lara zurückgeschnappt. Sie hütete sich, Krämermeier auf die Nase zu binden, dass sie drei Monate zuvor, als sie ihre Rückkehr an den Arbeitsplatz beschlossen hatte, noch nicht alleinerziehend gewesen war.
    »Wenn Sie es nicht geregelt kriegen, müssen Sie eben noch ein Jahr zu Hause bleiben, Simonis«, hatte Krämermeier Lara nachgerufen, als sie sich auf den Weg zur sinnfreien Wandererbefragung machte.
    Und zu allem Überfluss rückte jetzt auch noch der Trottel mit dem vollgestopften Rucksack, den sie blöderweise angesprochen hatte, das Foto der Toten nicht mehr

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