Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI
die Mittelhand zersplitterte.
Tock-Tock-Tock. Er schmetterte der Polizistin den Axel von hinten in die Locken. Ihr Lachen verstummte abrupt, als die Halswirbelsäule knackend nachgab. So leicht war das bei den Weibern, weil die alle so dünne Hälse hatten.
Der Körper der Kommissarin schlug dumpf auf den Waldweg. Schade, sie war sein Typ gewesen. Aber sie musste sich ja über ihn lustig machen – das ließ er sich nicht mehr gefallen.
Erst, als die Wut nachließ, fiel ihm ein, dass die Entsorgung dieses Mal nicht so einfach war. Er stand mit Rucksack, Pilgerstab und Leiche mitten im Wald.
Die Anneliese hatte er zu Hause erst ins Bett gelegt, und als sie zu stinken anfing, in die Kühltruhe im Keller verfrachtet. Zum Glück war sie nach einer Woche nicht mehr so steif gewesen wie am Anfang. Nur der linke Fuß hatte nicht reingepasst, den hatte er abgeschnitten und ins Eisfach getan. In der Truhe konnte die Anneliese erst mal bleiben, Muttern schaffte ja die Kellertreppe nicht mehr.
Auch gestern in der Pension hatte er schnell den Kühlschrank im Keller entdeckt. Aber das Mädchen war dicker gewesen, da hatte er das ganze Bein entfernen müssen. Am Knie hatte er den Oberschenkel noch mal vom Unterschenkel getrennt, wie bei einem halben Hähnchen. Dann hatten Oberschenkel und Unterschenkel ebenfalls in die Schubladen des Gefrierschrankes gepasst.
Die Polizistin war dünn, die würde komplett reinpassen. Aber mitten im Wald würde er kaum einen Kühlschrank auftreiben.
Oder doch?
Willis Blick wanderte durch die grünen Metallgitter des alten Zaunes, der vor dreißig Jahren das kanadische Militärcamp gegen Eindringlinge geschützt hatte. Zwischen den Baumkronen ragte der Kirchturm der Geisterstadt hervor.
Scherben, Splitter und bröckelnder Putz bedeckten den Boden, der Regen tropfte durchs Dach und Bäume wuchsen durch die kaputten Fenster. Seit Willi das letzte Mal in dem verlassenen Dorf gewesen war, waren Dächer eingestürzt, Türen rausgefallen, Scheiben eingeschlagen worden. Doch der Tresen in der alten Kneipe stand noch, die Kühltruhe auch, nur Marilyn Monroe war, vom Regen durchweicht, abgeblättert.
Willi zog der Kommissarin die zusammengefaltete Gästeliste der Pension aus der Tasche, bevor er den Deckel der Kühltruhe schloss. Die tote Vivien Schneider hatte zusammen mit ihrer dicken, rothaarigen Pilgerfreundin Maria Moormann ein Doppelzimmer belegt. Genau wie Willi es sich gedacht hatte. Sascha Petrow hingegen hatte den Namen seines Begleiters Willi Depp bei der Reservierung nicht angegeben.
Im Gegensatz zu der Kommissarin hätte Willi den Fall in null Komma nix gelöst. War das nicht das Zeichen, auf das er wartete? Klar! Eindeutig hatte er das Zeug zum Detektiv.
Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sich beeilen musste. Er wollte ja nicht zu spät kommen, zur Erleuchtung.
Muttertag
Der Muttertag am zweiten Sonntag im Mai ist nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Frauentag am 8. März, auch wenn er seine Ursprünge in der englischen und amerikanischen Frauenbewegung hat. Was am 12. Mai 1907 in Grafton, West Virginia, als Gedenktag für die Mutter der Frauenaktivistin Anna Marie Jarvis begann, wurde am 8. Mai 1914 schließlich Gesetz, nämlich die ›Joint Resolution Designating the Second Sunday in May as Mother’s Day‹, die der US-Kongress an diesem Tag erließ. In Deutschland wurde der Muttertag in den Zwanzigerjahren vom Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber etabliert, die natürlich wussten, wie man den Müttern am besten dankte: mit einem prächtigen Blumenstrauß. Und wer wäre für eine stimmungsvolle Muttertagsstory als Autorin besser geeignet, als ›Mutter Beimer‹ aus der Lindenstraße? Lesen Sie also, was Marie-Luise Marjan und Krimispezialist Ralf Kramp zu erzählen haben.
Marie-Luise Marjan und Ralf Kramp
Muttertag in Fröndenberg
In fünf Tagen war Muttertag. Sie sah die Gesichter ihrer Jungs vor sich, straff gescheitelt das Haar, rot glänzend die Bäckchen. Das war eine Ewigkeit her. Das kam nie wieder.
Gundel Sudhoff hörte jetzt das Stöhnen von nebenan. Pawlowsky war wieder bei der alten Sesterheim und knöpfte ihr Geld ab. Er brauchte es für seine zahllosen Weibergeschichten. Henny Sesterheim konnte sich ohne ihren Rollator keinen Meter weit bewegen, war dürr und spillerig und nicht in der Lage, sich gegen den bulligen Kerl zur Wehr setzen. Um zu bekommen, was er wollte, verpasste er ihr immer ein paar ›Brennnesseln‹, wie er das nannte.
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