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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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heraus.
    »Sie haben Glück, junge Frau, zufällig bin ich selbst privater Ermittler. Willi Depp mein Name.«
    Lara konnte ihr Lachen gerade noch als Hustenanfall tarnen. In Zeiten der Ich-AG konnte jeder Langzeitarbeitslose eine Detektei aufmachen. Dieses Exemplar übertraf alles, was Lara in ihrem Beruf bisher im Weg herumgestanden hatte. Breit wie ein Schrank war er – na ja, aufgrund seiner geringen Körpergröße eher wie eine Kommode. Das Eigenbaumodell eines skandinavischen Möbelherstellers, an dem ein talentfreier Hobbyheimwerker geschraubt hatte. Einfach alles an dem Typen schien schief: seine Haltung, seine Nase, sein Kinn, sein selbst frisierter Pony, sogar sein Blick.
    »Wir sind also quasi Kollegen«, schielte der Depp Lara dauernickend an. »Da muss man zusammenhalten, nicht wahr? Ich glaube, die junge Dame kommt mir bekannt vor. Was hat sie denn angestellt?«
    »Sie ist tot.« Lara sah den Arbeitseifer im schiefen Gesicht des Möchtegernsheriffs aufleuchten und bereute, ihn überhaupt angesprochen zu haben. »Wir haben sie in der Pension Adler nicht weit von hier gefunden.«
    »Ah, sehen Sie. Da habe ich auch übernachtet. Wenn ich mich recht erinnere, haben die gesuchte Dame und ihre Pilgerfreundin sogar mit dem Sascha und mir gegessen.«
    Lara blinzelte skeptisch. Der Aufschneider wollte sich garantiert nur als Detektiv aufspielen, der hatte das Mädchen noch nie gesehen. Dass eine hübsche, zwanzigjährige Studentin mit ihm zu Abend aß, war wohl ein Wunschtraum.
    »Wieso steht Ihr Name dann nicht auf der Gästeliste der Pension, Herr Depp?«, erkundigte sich Lara ungeduldig.
    Sie zog die Gästeliste, die Krämermeier ihr gnädigerweise überlassen hatte, aus der Tasche. Nachsehen musste sie nicht, einen so dämlichen Namen hätte sie sich gemerkt.
    »Äh …?« Da fehlten dem Aushilfsermittler schon die Worte. Der hielt sie nur auf mit seiner Wichtigtuerei. Währenddessen hatte Krämermeier bestimmt schon die ersten Verdächtigen festgenommen.
    »Trotzdem vielen Dank, Herr Kollege«, versuchte Lara das Gespräch zu beenden.
    Doch so schnell ließ sich Nachwuchsdetektiv Depp nicht abschütteln: »Sie können den Sascha fragen. Der war mit mir am Pilgern, nur muss der heute ein Parkhaus bewachen.«
    »Wie hießen denn die Damen, mit denen Sie gespeist zu haben glauben?«, erkundigte sich Lara gereizt.
    »Ähm …«
    Schon wieder sprachlos, der Gute.
    »Maria«, fiel ihm dann spontan ein. »Das war schon ein Zufall. Beim Pilgern treffe ich die Maria. Wie die Heilige Mutter, Sie wissen schon?!«
    »Von der hab ich gehört.« Lara schaffte es nicht, sich ein verzweifeltes Lachen zu verbeißen, während sie weiter über den matschigen Trampelpfad des Werler Stadtwaldes stöckelte und Depp mit der Eleganz einer überfütterten Dogge hinter ihr herhopste. »Unsere Tote heißt aber Vivien Schneider«, informierte Lara den Hilfswilligen kühl. »Trotzdem vielen Dank für Ihre Mühe.«
    Tock-Tock.
    »Moment noch, Frau Kollegin!« Der Schnüffel-Azubi strampelte mit seinem Stock schwerfällig an der Kommissarin vorbei. »Ich kann Ihnen die Maria beschreiben. Sie ist dick mit roten Haaren.«
    »Sie haben mir genug geholfen«, platzte Lara der Kragen. »Marschieren Sie weiter, sonst kommen Sie zu spät zum Pfingstgottesdienst.«
    Der Möchtegerndetektiv warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    Lara drängelte sich an ihm vorbei.
    »Moment noch, Frau Kollegin! Sagen Sie mir wenigstens, ob ich zum Privatdetektiv tauge.« Der Mann schielte mit beiden Augen an Lara vorbei in die Luft.
    Laut lachend ließ sie den Depp stehen.
    Tock-Tock. Willi konnte die Gedanken der Kommissarin lesen, als sie weiterging.
    »Was glaubst du, warum es noch keine Detektei Depp gibt, du Depp?«, hatte die Anneliese gemeckert. Und die freche, kleine Pilgerin hatte gekichert: »Ein Depp als Detektiv? Das ist ein Witz, oder?«
    Den gleichen Spott erkannte Willi im Lachen der hübschen Kommissarin. Willi der Depp hat Kappes im Kopp.
    Die alte Wut fing wieder an, in ihm zu brodeln. Warum lachten die Weiber immer über ihn? Warum hatten sie keinen Respekt?
    Von hinten sah die Polizistin der Anneliese sogar ähnlich, fand er. XXL-Arsch, gerade Haltung, dunkle Locken, die sich im Nacken kräuselten.
    Die alte Wut schäumte hoch wie Milch auf dem Herd, als er ihr folgte. Die alte Wut war sein bester Freund. Nur mit ihrer Hilfe hatte er die Spötter zum Schweigen gebracht. Wenn er die Wut spürte, wurde es ein K. o. Selbst wenn ihm dabei wieder

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