Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)
Wagenplane. Dabei kam es ihm vor, als würde sie – statt an der Plane - an seinem blankliegenden Nervenkostüm zupfen, denn das Gefummel schien überhaupt keinen Sinn zu haben. Weder löste sie irgendeinen Knoten von der Plane, noch ihre Fesseln, oder bewirkte sonst irgendetwas Nützliches. Am liebsten hätte er sich auf ihre Hand gestürzt und sie fest umklammert, nur damit sie endlich mit diesem nutzlosen Genestel aufhörte. Da! Jetzt tat sie es schon wieder! Aber er sollte ihr ja vertrauen...
Frustriert streckte Taros Goll die Beine aus und massierte, so gut es ihm in seinem Zustand möglich war, seine eingeschlafenen Oberschenkel. Die Wunde in seinem Rücken schmerzte noch immer höllisch und zwang ihn, sich immer wieder eine neue, bequemere Haltung zu suchen. Dabei hatte er nur die Wahl zwischen schmerzhaft und sehr schmerzhaft, was über die Glockenschläge hinweg eine äußerst zermürbende Wirkung auf ihn hatte. Das, und Kali Darads ständiges Genestel an immer ein und derselben Stelle an dieser verdammten Plane! Und dann war da noch diese schreckliche, nicht enden wollende Stille! Seit dem Zwischenfall, bei dem Kali Darad verletzt worden war, hatten auch ihre Entführer kein Wort mehr miteinander gesprochen. Und für ein redseliges Wesen wie Taros Goll war ein solcher Umstand einfach unerträglich. Dennoch, das musste er zugeben, war ihm die Stille bei Weitem lieber, als die abstoßenden Berührungen und das obszöne Gemaule dieses miesen Schweins erdulden zu müssen. Er knirschte mit den Zähnen, als er wieder an die gierige Hand unter seinem Lendenschurz denken musste, an die spitze Zunge an seinem Hals und... Und an das Mitleid in Kali Darads Augen. Das Mitleid und den mit aller Kraft unterdrückten Drang ihm zur Hilfe eilen zu wollen. Sie hatte ihn verstanden, hatte mit ihm mitgefühlt, hatte mit ihm all das wieder erlebt, was ihr einst widerfahren war. Und schließlich, so musste er bitter erkennen, war sie ihm doch noch zur Hilfe geeilt – und hatte dafür beinahe mit dem Leben bezahlt.
Mit einem Mal fiel jedes Selbstmitleid von ihm ab und er fühlte sich nur noch scheußlich. Mit welchem Recht hegte er Groll gegen dieses tapfere Wesen? Sie hatte ihr Leben in die Waagschale geworfen, um ihn vor dem zu bewahren, was man ihr angetan hatte. Und was mache ich? Ich schmolle, weil sie gerade nichts mit mir spricht - verwundet wie sie ist . Beschämt senkte er das Haupt und betrachtete seine Füße.
Während er so vor sich hin starrte, bewegte Kali Darad ihre Beine und lenkte ihn so – unbewusst, aber nicht minder willkommen – ein wenig von seinen Selbstvorwürfen ab. Dankbar atmete er tief durch und legte ihr eine Hand auf ihr gefiedertes Knie; als er langsam den Daumen streichelnd hin und her bewegte, war er bereits wieder in Gedanken versunken.
Als er ihr irgendwann fast reumütig den Blick zuwandte, bemerkte er, dass sie ihn wohl die ganze Zeit schon fragend angesehen hatte, und warf ihr ein entschuldigendes Lächeln zu, dass sie mit einer sanften Hand auf seiner, und einem wohlwollenden Lächeln auf den Lippen beantwortete. Fast schon, als wollte sie sagen: »Vergebung. Trost. Schon gut. Keine Sorgen.« Bei dem Gedanken musste er schmunzeln. Du meine Güte, jetzt denke ich schon genauso wie sie.
Langsam drehte Taros Goll seine Hand und nahm die ihre in seine. Und wieder trafen sich ihre Blicke, die so viel mehr sagten, als ihre Münder bereit waren preiszugeben. Jeder von ihnen, der Barde, wie auch die Harpyie, verspürten den unbändigen Drang etwas zu sagen, den sehnlichen Wunsch, endlich das auszusprechen, was in ihm oder ihr so unnachgiebig, so verzweifelt darum rang, endlich laut und klar beim Namen genannt zu werden. Und beide hatten dieselbe Angst vor dem, was nach diesen drei so kurzen und doch so unendlich schwer auszusprechenden Worten kommen mochte.
Und wenn sie mich bei der nächsten Rast umbringen? Wenn das heute mein letzter Sonnenaufgang gewesen sein sollte? Schließlich haben diese Kerle mehr als ein Mal betont, dass mein Leben keinen Pfifferling wert ist. Dann würden sich unsere Wege für immer trennen, ohne dass ich es ihr je gesagt habe. Ich muss es ihr einfach sagen . »Kali«, sagte er mit gedämpfter Stimme und kratzte sich verlegen im Nacken. Sie legte fragend den Kopf schief. Sein Mund war Staubtrocken und er leckte sich über die ausgedörrten Lippen. Mit einem verkniffenen Lächeln drückte er ihre Hand und fuhr fort. »Kali, ich...«
» Bei allen guten Geistern«,
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