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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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Boden des Ziegenstalls und die Harpyie war über ihr. Stroh piekste in ihrem Nacken und sie roch den Gestank der Ziegen, durchdrungen vom unverwechselbaren Geruch der Harpyie. Und irgendwo hinter ihr lag der leblose Bulle in seinem eigenen Blut.
    Dann, völlig unvermittelt, wandte sich die Harpyie ab und sie war wieder in Toramer und stand an der Pritsche eines merkwürdig geschmückten Planwagens. Die albtraumhafte Kreatur vor ihr schaute scheinbar gedankenverloren zum Haus des Heilers herüber. Tiefe Sorge spiegelte sich in ihren Augen. »Ein Mann. Ein lieber Mann. Netter Mann. Kluger Mann. Er hat mit mir gesprochen. Oft und viel.« Ein Lächeln huschte über ihr Antlitz. »Sehr viel. Hat mich gefragt, ob ich außer töten nichts kann. Daran habe ich mich erinnert.«
    »Ja«, schnaubte Tannra bitter und widerstand dabei dem Drang, sie zu Ohrfeigen. »Nur zwei Leben zu spät.«
    Da wandte sich die Harpyie wieder der Frau zu. Das Lächeln war verschwunden, die Sorge aus ihren Augen gewichen. Und an ihrer Stelle blitzte ein Wissen, das Tannra die Haare zu Berge stehen ließ.
    »Und warum wart ihr dort?«, fragte sie mit kalter, schneidender Stimme. »Ihr seid um das Haus geschlichen. Wolltet mit der Frau und ihren Kindern Spaß haben.« Die geläuterte Räuberin stand da, wie vom Donner gerührt. Dieses Monster hatte sie die ganze Zeit über belauscht. Und was noch viel schlimmer war: Es hatte verstanden! Und es erinnerte sich! Und nun trug es die Schande ihrer Vergangenheit hierher in ihr neues unbeflecktes Leben.
    Sie wurde puterrot und wandte sich ab, als sie diesen gnadenlosen, bohrenden Augen nicht mehr standhalten konnte. Und damit nicht genug, spürte sie jetzt auch noch die Blicke der umstehenden Leute auf sich ruhen, die von dem Disput angelockt worden waren.
    »Ihr wolltet nichts Gutes«, setzte Kali Darad ohne Mitleid nach.
    »Sei still«, schleuderte Tannra ihr verzweifelt entgegen. Diese Kreatur war auf dem besten Weg, alles zu zerstören, was sie sich in der kurzen Zeit erschaffen hatte.
    »Ihr wolltet stehlen.«
    Die ersten Tränen rannen ihr über das Gesicht. »Hör auf!«
    »Wolltet euch mit der Frau paaren.«
    Ihre Stimme brach. »Du sollst aufhören!«
    »Wolltet sie und ihre Kinder töten.«
    Sie begann bitterlich zu schluchzen. »Hör bitte endlich auf!«
    »Auch du, Frau! Ja, ich habe mich erinnert. Aber nicht zwei Leben zu spät, sondern ein Leben zu früh!«
    Die letzten Worte hörte Tannra schon nicht mehr, während sie vor Scham Hals über Kopf durch die Menge davon stürzte. Scham vor den Blicken der Leute, die nun alle über ihre Vergangenheit Bescheid wussten, und Scham vor sich selbst. Sie war schon damals nie sonderlich stolz auf ihr Leben gewesen, doch jetzt, wo sie ein neues, besseres Leben führte, kam ihr die Frau namens Zulla wie ein Ungeheuer vor. Und die Gewissheit, dass die Bewohner dieses Dorfes – ihres neuen Zuhauses – nun alle über dieses Ungeheuer Bescheid wussten, war zu viel für sie. Mit tränenüberströmten Gesicht rannte sie so schnell sie ihre Füße trugen die Straße entlang, fort von den gaffenden Menschen, fort von der schrecklichen Harpyie, die ihr alles verdorben hatte, hin zum einzigen Ort, wo sie jemals in ihrem Leben Zuflucht und Schutz gefunden hatte.
    Die Menge war am Wagen zurück geblieben und schaute der davoneilenden Frau mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und anzüglicher Erheiterung nach; leises Gemurmel lag in der Luft.
    »Nicht schlecht«, bemerkte Mika und schob vor Anerkennung nickend die Unterlippe vor. Auch sein Blick war noch immer unverwandt auf die flüchtende Frau gerichtet.
    »Was meinst du?«, fragte Tarsik und sah argwöhnisch zu der Harpyie auf; das Monster lächelte gehässig hinter der Frau her, der sie gerade in aller Öffentlichkeit die Maske vom Gesicht gerissen hatte.
    »Mit Männern und mit Frauen«, erklärte der gelockte Wachmann beeindruckt. »Zarkus hat das Glück wirklich mit Löffeln gefressen.« Etwas lauter fügte er hinzu: »Wo sind solche Weiber, wenn ich auf Brautschau bin?«
    »Mika, wie er leibt und lebt«, seufzte Tarsik und schenkte seinem Kameraden ein kurzes Lächeln, während sich vor ihnen lautes Gelächter wie ein Lauffeuer unter den Umstehenden ausbreitete. Dann wandte er sich wieder der Harpyie zu. »Mich beeindruckt viel mehr...« - Er stockte für einen Augenblick, als sein Blick auf ihre üppige milchweiße Brust mit der grauen Brustwarze fiel - »...wie gut sie unsere Sprache spricht. He, du!

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