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Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Kali Darad - Königin der Arena (German Edition)

Titel: Kali Darad - Königin der Arena (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Martin
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doch eigentlich nur geblinzelt, waren die Menschen schon deutlich näher heran und sie konnte über den Köpfen der Reisenden wehende Fahnen erkennen. Und während sie sich über die vielen, im Sonnenlicht blitzenden Waffen wunderte, stieg eine rot leuchtende, in Flammen gehüllte Kugel brüllend in den Himmel auf – die erste von vielen.
    Da riss Kali Darad die Augen auf. Fort waren die anderen Harpyien - die Erwachsenen, wie auch die Kinder – fort waren die Reisenden mit ihren brennenden Kugeln, und aus dem hohen Turm war ein Baum geworden, an dem sie mit einem Mann zwischen ihren Knien kauerte. Auch ihre Unversehrtheit war nicht mehr, wie ihr der geschiente Flügel und die unangenehm schmerzende Flanke verrieten.
    Sie hatte nur geträumt, stellte sie verwirrt fest. Das alles war wieder nur ein Traum. Aber es schien so real, so echt. Aber sie war ja nicht wirklich dort gewesen. Sie war die ganze Zeit hier auf diesem Baum gewesen. Zusammen mit ihrem Liebsten. Aber woher kamen dann diese Bilder, die ihr nun vorkamen, wie echte Erinnerungen? An die Tote Stadt, die Flüchtenden und die bewaffneten Reisenden. Und die Burg... Warum kam ihr dieser Ort so vertraut vor? War das wirklich einst ihre Behausung gewesen? Ihr Zuhause? Waren diese Harpyien, deren Gesichter sie leider nicht hatte erkennen können, ihre Freunde gewesen? Oder ihre Familie?
    Während sie so vor sich hin grübelte, stieg ihr Taros Golls vertrauter Geruch in die Nase und riss sie aus ihren Gedanken. Und aus der schlaftrunkenen Verwirrung in ihrem Gesicht wurde wieder der beseelte Ausdruck einer Verliebten. Sie warf einen kurzen Blick hinauf zum Blätterdach, durch das sie den bleigrauen Morgenhimmel schimmern sehen konnte. Liebevoll küsste sie den schlafenden Mann auf den Hals, schmeckte den vertrauten Geschmack seiner Küsse und das köstliche Aroma seiner Haut, seines Fleisches, in dem das Leben in roten Wogen pulsierte... Völlig starr vor Schreck von den schändlichen, blutrünstigen Begierden, die da in ihr erwacht waren, löste sie ihre Lippen ganz langsam wieder von seinem Hals und presste sie hart aufeinander, als sich der völlig ahnungslose Taros Goll mit einem wohligen Seufzen in ihren Armen regte.
    Schande. Scham. Monster. Davon durfte er nie etwas erfahren. Niemals!
    »Guten Morgen«, gähnte er und blinzelte sie aus verschlafenen Augen an.
    Rasch versuchte sie sich an einem entspannten Lächeln. »Hallo. Guten Morgen.«
    Doch ihre Maskerade war nicht so perfekt wie erhofft. Tatsächlich wirkte ihre Mimik eher wie das irre Grinsen eines wahnsinnigen Schlächters.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Taros Goll und legte eine Hand an ihren Oberschenkel. »Du siehst aus, als hättest du etwas ausgefressen.«
    Ja. Fast. Dich. »Alles in Ordnung, Liebster. Nur schlecht geträumt.«
    »Wieder von ihm?«
    Durch den Themenwechsel konnten sich ihre verkrampften Züge endlich wieder entspannen. »Ja. Komm, wir müssen weiter.«
    Viele Tiere des Waldes schliefen noch, als die Harpyie und der Barde wieder von ihrem Baum herab kletterten und ihre Reise fortsetzten; ihr Frühstück nahmen sie unterwegs ein.
    »Kaum zu glauben«, meinte der Barde, nachdem sie wieder einen halben Glockenschlag unterwegs waren; von ihrem tatsächlichen Traum und – vor allem – dem, was danach geschehen war, hatte Kali Darad ihm nichts erzählt, »wie friedlich der Wald bei Tag sein kann, wenn man ihn mal bei Nacht erlebt hat. Immerhin kann ich jetzt wieder wenigstens ein paar Schritt weit sehen.«
    Trotzdem hielt er ihre Hand fest und sie die seine.
    »Ja«, bestätigte sie und duckte sich unter einem Ast durch. »Gefährlicher Wald. Wilde Tiere. Gefährliche Tiere. Müssen auf der Hut sein.«
    Er nickte zustimmend und schaute wieder zurück, den Weg entlang, den sie gekommen waren. Zu seiner Beruhigung bot sich ihm dasselbe Bild, welches sich ihm bei jedem Mal geboten hatte, als er sich besorgt umgedreht hatte: Bäume und Sträucher auf dem mittlerweile verhasst heimtückischen Waldboden. Nichts rührte sich, nichts regte sich. Nur Vogelgezwitscher und das sanfte Rauschen des Windes in den Blättern war zu hören.
    Alles in allem wirkte der Wald – im Gegensatz zu letzter Nacht – ausgesprochen friedlich und beruhigend. Ein wahrlich gemütlicher Wald, der zum Lustwandeln einlud, doch in Wahrheit nicht mehr als eine schön anzuschauende Maske, hinter der sich die Fratze einer tödlichen, feindseligen Bestie verbarg.
    Er schauderte. Wie viele Sonnen mussten sie noch

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