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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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das Leben im New Yorker Staatsgefängnis«, sagte sie.
    Florinda war immer gut aufgelegt. Nie klagte sie darüber, daß sie ihre glänzende Bühnenlaufbahn aufgeben mußte. Als Garnet sie fragte, was sie nach Ablauf des Sommers zu unternehmen gedächte, antwortete sie gleichmütig: »Wie soll ich das wissen, Darling? Irgendwie wird es schon weitergehen. Ich bin noch immer fertig geworden.«
    Garnet lächelte sie bewundernd an. Sie zweifelte innerlich selbst nicht mehr im geringsten daran, daß Florinda auf irgendeine Weise immer durchkommen würde.
    In der Regel hatte Florinda, wenn sie kam, einen Korb mit Nähzeug am Arm. Sie hatte sich in St. Louis selbst ein paar Kleidungsstücke genäht, aber es war nicht sehr viel Zeit dafür gewesen. Sie konnte außerdem alles, was sie brauchte, aus Mr. Bartletts Warenlager entnehmen; Bartlett hatte seinem Geschäftspartner eine entsprechende Anweisung gegeben. Sie hatte davon Gebrauch gemacht und besaß deshalb genügend Stoff, den sie zu Kleidern verarbeiten konnte. Sie entfaltete bei dieser Tätigkeit eine recht große Geschicklichkeit. Als Garnet einmal eine dahin zielende Bemerkung machte, sagte sie, daß sie in den ersten Jahren ihrer Bühnenlaufbahn ihre meisten Kostüme selbst genäht habe. »Als Chormädel kann man sich keinen Schneider leisten«, sagte sie.
    Mit den Stichen nahm sie es allerdings nicht sehr genau; sie waren in der Regel zu groß und nicht sehr korrekt Sie tat zweifellos ihr Bestes, aber ihre Finger waren nicht biegsam genug, um feine Näharbeit zu verrichten. Garnet tat, als bemerke sie das nicht; sie sagte nur eines Tages, gleichsam beiläufig:
    »Soll ich Ihnen nicht ein bißchen beim Nähen helfen? Ich habe ja ohnehin nichts zu tun.«
    »Können Sie denn nähen?« fragte Florinda überrascht. »Ich hatte keine Ahnung, daß vornehme junge Damen Ihres Standes irgend etwas Nützliches gelernt haben könnten.«
    »Aber wie kommen Sie nur darauf?« sagte Garnet. »Mädchenschulen haben doch immer Handarbeitsklassen. Geben Sie her, lassen Sie mich den Kragen säumen, während Sie mit dem Rocksaum beschäftigt sind.«
    »Sie sind ein süßes Kind, Garnet«, sagte Florinda. Ein paar Minuten später rief sie begeistert aus: »Aber, Darling, Sie machen das ja großartig!«
    »Ich hoffe, daß ich es einigermaßen kann«, sagte Garnet. »Ich schätze, daß ich einige tausend Stunden damit zugebracht habe, etwas zu nähen, das Genähte wieder aufzutrennen und es noch einmal zu nähen.«
    Von diesem Tage an arbeiteten Florinda und Garnet immer zusammen. Garnet suchte sich dabei die Teile heraus, die ins Auge fielen, etwa Kragen und Knopflöcher, so daß Florindas flüchtige Stichelei nicht weiter auffiel. Sie fragte sich manchmal, ob Florinda das wohl heimlich bemerkte. Wenn dies wirklich der Fall war, so erwähnte sie es jedenfalls nie. Sie dankte Garnet herzlich und überschwenglich für ihre Hilfe, aber keine von beiden sprach jemals ein Wort, das auf Florindas entstellte Arme und Hände hindeutete.
    Oft kam, während sie so gemeinsam arbeiteten, Señora Silva ins Zimmer und brachte ihnen einen Teller mit Früchten oder eine Flasche Wein. Señora Silva schien als selbstverständlich vorauszusetzen, daß Florinda mit Mr. Bartlett verheiratet sei, und Garnet dachte natürlich nicht daran, ihr diesen Glauben zu nehmen. Florinda aß gern von den Äpfeln und Weintrauben, aber sie trank nie einen Schluck Wein. Sie nahm ihn zwar entgegen, um die Gefühle der Señora nicht zu verletzen; aber kaum hatte die Spenderin das Zimmer verlassen, da leerte sie ihr Glas durch das Fenster aus. Garnet dachte, die ständige Trunkenheit Bartletts habe in Florinda diesen Widerwillen gegen alkoholische Getränke erzeugt. »Sie können den Wein wirklich trinken, ohne Schaden zu nehmen«, sagte sie, »er ist sehr leicht; ein Gläschen davon schadet nicht mehr als eine Tasse Tee.«
    Aber Florinda schüttelte den Kopf. »Das mag für jedermann zutreffen, aber nicht für mich«, sagte sie. »Sehen Sie, manche Leute können keine Stachelbeeren essen, ohne sich übergeben zu müssen. Ähnlich geht es mir mit dem Alkohol.«
    Sie gab weiter keine Erklärungen zu diesem Thema ab, und Garnet stellte auch keine weiteren Fragen. Sie fand nur, strenge Abstinenz stehe in keinem rechten Verhältnis zu Florindas sonstigem Benehmen. Doch wie dem auch sein mochte, es war jedenfalls Florindas eigene Angelegenheit.
    Garnet war sehr froh, Florinda hier zu haben. Auf dem Treck hatte sie sich so einsam

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