Kalle Blomquist
Augen.
»Beeilt euch!« schrie er. »Vielleicht hilft euch dies hier, ein wenig Tempo in die Beine zu legen!«
Und er trieb sie vor sich her aus dem Zimmer.
»Gog e hoh tot lol a non gog sos a mom«, sagte Kalle leise.
»Pop o lol i zoz ei kok o mom mom tot bob a lol dod!«
Anders und Eva-Lotte sahen ihn verwundert an. Wie sollte die Polizei bald kommen? Glaubte er, sie durch Gedankenüber-tragung hierher zu lenken? Aber sie gehorchten und gingen langsam. Sie zogen die Beine nach, stolperten über Türschwel-len, und Anders rutschte aus und sauste rückwärts die Treppe hinunter wie vor tausend Jahren, als sie gerade an derselben Stelle mit den Roten gekämpft hatten.
Ihre Langsamkeit brachte den großen Klaus außer Rand und Band. Er war so nahe an der Grenze, die Nerven zu verlieren, daß er fürchtete, es jetzt schon zu tun – das, was er tun wollte. Aber er
mußte
zuerst den Schuldschein haben. Oh, wie er diese Kinder haßte! Die wußten anscheinend nicht einmal mehr, in welcher Ek-ke sie das Papier versteckt hatten. Langsam, ganz langsam trödel-ten sie sich von dem einen Zimmer in das andere und sahen sich um und sagten dann nachdenklich: »Nein, hier war es nicht.«
Eine verwilderte Viehherde wäre leichter vor sich her zu treiben gewesen. Die verdammten Satanskinder blieben stehen, um sich die Nasen zu putzen oder um sich zu kratzen oder um zu weinen – ja, es war natürlich das Mädchen, das weinte.
Dann kamen sie in ein kleines Zimmer mit herunterhängen-der Tapete. Und Eva-Lotte schluchzte auf, als ihr einfiel, wie sie und Kalle hier eingeschlossen gewesen waren vor langer Zeit, damals, als sie noch jung und glücklich waren.
Kalle sah prüfend an den Wänden entlang.
»Nee, hier war es doch wohl nicht«, sagte er.
»Nee, hier war es sicher nicht«, sagte Anders.
Dieses Zimmer war aber das letzte im ganzen oberen Stockwerk, und der große Klaus stieß einen unartikulierten Schrei aus.
»Glaubt ihr, ihr könnt mich zum Narren halten?« schrie er los. »Glaubt ihr, daß ich nicht merke, wie ihr mich an der Nase herumführt? Aber jetzt sollt ihr mal auf mich hören, sage ich euch! Ihr holt sofort das Papier raus. Jetzt sofort. Und wenn ihr vergessen habt, wo es ist, wird es für euch am schlimmsten. Bekomme ich es nicht in genau fünf Sekunden, schieße ich euch alle drei nieder.«
Er stand mit dem Rücken zum Fenster und zielte auf sie. Kalle verstand, daß er es ernst meinte und daß seine Taktik nun nicht mehr taugte. Er nickte Anders zu. Anders ging hinüber zu der Wand, an der die Tapete in Fetzen herunterhing. Die Hand, die er in der Tasche hielt, zog er heraus und steckte sie hinter die Tapete. Als er sie nach einem Augenblick wieder hervornahm, hatte er ein Papier zwischen den Fingern.
»Hier ist es ja«, sagte er.
»Das ist gut«, sagte der große Klaus. »Bleibt dort dicht beieinander stehen. Und du streckst deine Hand aus und gibst mir das Papier.«
»Wow e ror fof tot eu choch zoz u Bob o dod e non, wow e non non i choch non ie sos e«, sagte Kalle zungenzerbrechend.
Anders und Eva-Lotte faßten sich an die Ohrläppchen zum Zeichen, daß sie verstanden hatten.
Der große Klaus hörte zwar, daß eines der Kinder eine Art Kauderwelsch redete; was es aber war, interessierte ihn nicht. Er wußte, daß er nun bald damit fertig war. Wenn er erst das Papier hatte, sollte es geschehen. Er streckte seine Hand nach dem Papier aus, das Anders ihm entgegenhielt, und hatte die ganze Zeit seinen Revolver in Bereitschaft. Aber seine Finger zitterten, als er mit nur einer Hand versuchte, den zusammengeknüllten Schuldschein zu glätten.
Schuldschein? Welcher Schuldschein? »Grabt hier« – das ist ja wohl nicht gerade das, was man auf einem Revers zu finden glaubt. Sein Verstand setzte eine halbe Sekunde aus, und genau da hörte man Kalle kräftig niesen. Im selben Augenblick warfen sich die drei auf den Boden. Kalle und Anders schmissen sich nach vorn und bekamen die Beine vom großen Klaus zu fassen.
Er plumpste zu Boden und schrie, als er fiel. Der Revolver rollte ihm aus der Hand, und Kalle hatte ihn im Bruchteil einer Se-
kunde, bevor der Gegner sich recht besinnen konnte, an sich gerissen und war aufgesprungen.
Das war also so eine Gelegenheit, wo der Meisterdetektiv Blomquist einen Mörder entwaffnete. So etwas tat er ja oft –und stets mit der gleichen Eleganz. Und dann pflegte er lässig den Revolver auf den Verbrecher zu richten und zu sagen:
»Vorsicht in der Kurve, mein
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