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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ziemlich aufgedunsen. An dem Tag, an dem er erhängt wurde, hatte er eine herrliche purpurne Tunika getragen - ich weiß es, denn ich habe in der Menge gestanden. Diese Tunika war nun verrottet und mit einem grünlich-schwarzen Schleim überzogen, und das Gesicht und die Hände waren so weiß wie ein Fischbauch. Der Mund stand offen, und seine dick angeschwollene Zunge hing heraus. Ein Auge war geschlossen, das andere geöffnet und mit einem grauen Film bedeckt. Dieses Auge schien mich direkt anzuschauen. Ich hatte das Gefühl, als flehe er aus dem Grab heraus um Hilfe.
    Ich habe damals für seine Seele gebetet, obwohl alle Welt Angst hatte, ein freundliches Wort über die Pazzi verlauten zu lassen. Die Rüpel spielten noch ein paar Tage mit seiner Leiche, dann wurden sie es leid und warfen sie in den Arno. Bis Pisa sah man sie auf das Meer zutreiben.« Nach einer kurzen Pause schaute sie mich direkt an. »Eines solltet Ihr wissen: Lorenzo hat viel Gutes für die Stadt getan. Doch er hat auch den Hass der Menschen auf die Pazzi immer wieder aufs Neue geschürt. Für mich steht ohne Zweifel fest, dass mindestens einer der Rüpel einen Florin oder zwei von Lorenzo persönlich in die Hand gedrückt bekommen hat. Seine Rache kannte wirklich keine Grenzen, und dafür wird Gott ihn eines Tages zur Rechenschaft ziehen.«
    Am nächsten Tag nahm mich mein Vater, gewissermaßen als Entschuldigung, in seiner Kutsche mit, um seine besten Wollstoffe im Palazzo der Medici in der Via Larga abzuliefern. Wir fuhren durch die großen Eisentore. Ich blieb wie gewohnt in der Kutsche, während sich Knechte um die Pferde kümmerten und mein Vater zum Seiteneingang ging, begleitet von Dienern der Medici, die mit seinen Waren voll beladen waren.
    Er blieb länger als sonst im Palazzo - beinahe eine Dreiviertelstunde. Ich wurde allmählich unruhig, nachdem ich mir die Fassade des Gebäudes eingeprägt und meine Vorstellungskraft erschöpft hatte bei der Frage, was wohl dahinter liegen mochte.
    Schließlich traten die Wachen am Seiteneingang auseinander, und mein Vater tauchte auf. Doch statt zu unserer Kutsche zurückzukommen, trat er beiseite und wartete. Ein Wachtrupp mit langen Schwertern folgte ihm nach draußen. Kurz darauf kam ein Mann heraus, der sich schwer auf den muskulösen Arm eines anderen stützte; ein Fuß war ohne Schuh und bis knapp über dem Fußgelenk in sehr weiche Wolle gehüllt, wie man sie als Decke für Neugeborene verwendete.
    Er war blässlich und leicht gekrümmt und blinzelte in der hellen Sonne. Er schaute zu meinem Vater hinüber, der seine Aufmerksamkeit auf unsere Kutsche lenkte.
    Wie gebannt beugte ich mich auf meinem Sitz vor. Der Mann - reizlos, mit großer Hakennase und schlecht ausgerichtetem Unterkiefer - schaute mit zusammengekniffenen Augen in meine Richtung. Nach einem Wort zu seinem Begleiter trat er näher heran, wobei er bei jedem Schritt gequält zusammenfuhr, kaum in der Lage, Gewicht auf den verwundeten Fuß zu verlagern. Dennoch hielt er durch, bis er nur noch wenige Schritte von mir entfernt stand. Und selbst dann musste er den Hals recken, um mich zu sehen.
    Unerschrocken musterten wir uns eine ganze Weile. Er nahm mich genau in Augenschein, und in seinem Blick spiegelte sich dabei mehr und mehr eine Empfindung wider, die ich nicht zu deuten vermochte. Die Luft zwischen uns schien zu vibrieren, als hätte gerade ein Blitz eingeschlagen: Er kannte mich, obwohl wir uns nie begegnet waren.
    Dann nickte der Mann meinem Vater zu und zog sich wieder in seine Festung zurück. Mein Vater stieg in die Kutsche und nahm wortlos neben mir Platz, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen. Was mich betrifft, ich brachte kein Wort heraus; ich war schlichtweg sprachlos.
    Das war meine erste Begegnung mit Lorenzo de' Medici.
15
    Das neue Jahr brachte vereiste Straßen und bittere Kälte mit. Ungeachtet des Wetters verließ mein Vater unsere Gemeinde Santo Spirito und überquerte nun jeden Tag den Arno, um die Messe in der Kathedrale San Marco zu besuchen, die als Kirche der Medici bekannt war. Der alte Co-simo hatte Unsummen Geld für ihren Wiederaufbau ausgegeben und dort eine persönliche Zelle unterhalten, die er kurz vor seinem Tod immer häufiger aufgesucht hatte.
    Der neue Prior des Klosters, ein gewisser Fra Girolamo Savonarola, hatte sich zur Gewohnheit werden lassen, dort zu predigen. Fra Girolamo, wie das Volk ihn nannte, war knapp zwei Jahre zuvor aus Ferrara nach Florenz gekommen. Ein enger

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