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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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verbarg.
    » Es tut mir Leid, Shep. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Nein. Nein, das stimmt nicht. Ich weiß genau, was in mich gefahren ist. Der Sensenmann, der Schwarze Mann, das Zittern steckt mir in den Knochen. Ich hatte Angst, Shep. Verdammt, ich hab immer noch Angst, so sehr, dass ich nicht klar denken kann. Und ich habe nicht gern Angst, ganz und gar nicht. An so was bin ich nicht gewöhnt, und deshalb hab ich es an dir ausgelassen. Das hätte ich nie tun dürfen. «
    Shepherd trat vom linken Fuß auf den rechten, vom rechten auf den linken. Der Ausdruck, mit dem er auf seine Schlappen starrte, war nicht schwer zu entziffern. Offenbar war er nicht mehr zu Tode erschrocken. Angst hatte er schon noch, aber er war nicht mehr regelrecht gelähmt davon. Stattdessen sah er verblüfft aus, so als staunte er darüber, dass es etwas gab, was seinem großen Bruder Angst machen konnte.
    Dylan blickte an Shepherd vorbei auf das magische runde Tor und sah das Badezimmer des Motels. Nie hätte er sich vorstellen können, eine solche Sehnsucht danach zu verspüren wie die, die ihm in diesem Augenblick im Herzen schwoll.
    Auch Jilly sah verängstigt aus. Sie hatte die Hand an die Stirn gelegt, um die Augen abzuschirmen, und spähte angestrengt herüber, weil sie Dylan bestimmt wesentlich weniger deutlich sah als er sie. Hoffentlich hatte sie auch weiterhin mehr Angst davor, in den Tunnel zu greifen, als davor, allein zurückgelassen zu werden. Ihr Eintreffen auf dem Hügel hätte die Sache nur zusätzlich kompliziert.
    Währenddessen sprudelten weitere Entschuldigungen aus Dylan heraus, bis ihm klar wurde, dass es womöglich schlimmer war, sich allzu ausgiebig an die Brust zu schlagen, als es ga r n icht zu tun. Durch seinen Wortschwall beschwichtigte er bloß sein schlechtes Gewissen und stocherte dabei in Sheps Panzer herum. Der Junge trat auch tatsächlich schon immer nervöser von einem Fuß auf den anderen.
    » Ist ja egal «, sagte Dylan. » Das Dumme ist, ich hab dich angebrüllt, weil du mir sagen solltest, wie du hierher gekommen bist – aber ich wusste schon, dass du es irgendwie selbst getan haben musst. Offenbar hast du eine neue, total irre Fähigkeit, und wie die funktioniert, kapiere ich einfach nicht. Mir ist ja auch nicht klar, wie ich den psychischen Abdruck irgendwelcher Leute lesen kann, wenn ich einen Türgriff anfasse. Aber was sonst passiert sein muss, hatte ich eigentlich schon verstanden. «
    Mit Mühe zwang Dylan sich, den Mund zu halten. Die sicherste Methode, Shepherd zu beruhigen, bestand darin, nicht mehr unablässig auf ihn einzureden, ihn nicht mehr mit Sinnesreizen zu überfrachten, sondern ihm ein wenig Ruhe zu lassen.
    In dem sanften, nach Ozean duftenden Windhauch bewegte sich das Gras so träge wie Seetang in einem tiefen Meeresgarten. Mücken schwirrten gemächlich in der Luft, kaum größer als Sonnenstäubchen.
    Hoch oben im Sommerhimmel glitt ein Habicht im Aufwind dahin und hielt Ausschau nach den Feldmäusen weit unter ihm.
    In der Ferne erzeugte der Verkehr auf der Küstenstraße ein so leises, flüsterndes Geräusch, dass selbst die schwache Brise es manchmal auslöschte. Als das Brummen eines einzelnen Motors hörbar wurde, wandte Dylan den Blick von dem kreisenden Habicht ab, schaute zur Zufahrt ihres Hauses hinüber und sah ein großes Motorrad nahen.
    Die Harley gehörte Vonetta Beesley, der Haushälterin, die einmal pro Woche kam, egal, ob Dylan und Shep gerade da waren oder nicht. Bei unfreundlichem Wetter fuhr sie einen aufgemotzten Ford-Pick-up, der auf gewaltigen Rädern einherrollte und wie ein purpurroter Drache lackiert war.
    Vonetta war in den Vierzigern und hatte die gewinnende Persönlichkeit und die Hobbys eines kalifornischen Naturburschen im selben Alter. Sie war eine großartige Haushälterin, eine erstklassige Köchin, und sie besaß genügend Kraft und Mumm, um im Ernstfall als Bodyguard dienen zu können. Wahrscheinlich hätte ihr das sogar Spaß gemacht.
    Der Hügel lag so weit hinter und über dem Haus, dass Vonetta die beiden auf diese Entfernung wohl nicht erkennen konnte. Wenn sie die zwei Gestalten jedoch bemerkte und für verdächtig hielt, funktionierte sie ihre Harley womöglich zur Motocrossmaschine um und kam herauf, um sich die Sache näher anzuschauen. Eventuelle Gefahren für Leib und Leben hätten sie dabei nicht bekümmert, weil sie bei so etwas nicht nur von Pflichtgefühl, sondern auch von einem Geschmack für Freiheit und

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