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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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durchgeknallter Rebell rüber. Besonders stolz bin ich darauf, dass ich vor dem Abschicken auch noch eine Kopie von meinem ausgefüllten Anmeldebogen gemacht habe. Sollte man immer machen bei wichtigen Sachen.
    DJ-Rainer mixt wild mit Plattenspielern und Laptop herum. Hört sich nicht schlecht an. Ich freu mich aber schon auf Tobi und Gonzo, die später die Beschallung übernehmen werden. Die Lichtanlage haben wir rund um das von Hendrik zusammengezimmerte DJ-Pult in der leeren Nachbarwohnung aufgebaut. Die Scheinwerfer leuchten durch das Riesenloch in meiner Wand, und ihre Strahlen stechen wie weiße Laserschwerter durch den Staubnebel. Irgendwie wirkt die Öffnung wie der Eingang in einen Zeittunnel.
    Natürlich macht der Staub auch Durst, und man kann sich darüber streiten, ob das gut oder schlecht für die Party ist. Einerseits die alkoholbedingten positiven Stimmungsimpulse, andererseits die Riesenschlange vor unserem einzigen Klo plus die Ferkel, die vom Ausklappbalkon in den Hof pinkeln. Egal. Ich muss mich auf jeden Fall schon wieder zur Zapfmaschine durcharbeiten. Vermutlich zum zehnten Mal in den vergangenen zwei Stunden. Zum Glück hat Hendrik einen Haufen Nachschub-Fässer rangeschafft. Dank Glasspülanlage sind immer frische Gläser am Start. Hat wahrscheinlich weniger damit zu tun, dass darin das Spülen so leicht geht, als damit, dass es ein nettes Männerspielzeug ist, aber da denke ich wahrscheinlich wieder viel zu sehr in Klischees.
    »He, Krach, wann spielt ihr denn jetzt endlich?«
    »Wie jetzt? Hat irgendjemand gesagt, dass wir spielen?«
    »Es gibt da zumindest ein Gerücht…«
    »Alles Lüge.«
    Immer das Gleiche. Sind alle Mitglieder einer Band auf einer Party versammelt, wird erwartet, dass man spielt. Dass wir dazu erst mal tonnenweise Equipment anschleppen, aufbauen und einstellen müssten, interessiert die Leute ebenso wenig wie die Tatsache, dass wir im aktuellen Stadium unserer künstlerischen Entwicklung lieber einen großen Bogen um alle Bühnen machen sollten.
    Die Küchentür ist heute wieder mal ganz klassisch der Party-Flaschenhals. Wenn man es geschafft hat, sich da durchzuquetschen, nimmt man die übrigen Engpässe ganz leicht, auch wenn das knutschende Pärchen mitten im Raum dermaßen im Weg steht, dass man sie besser, so wie sie gerade dastehen, auf einen Handkarren hieven und auf den Ausklappbalkon fahren sollte. Sie würden es eh nicht merken.
    So, jetzt aber. Glas her.
    »Im September muss es mal wieder Barcelona sein.«
    »Schon wieder Barcelona?«
    »Ach, weißt du, die Stadt geht mir einfach massiv gut rein. Dieser International Spirit, weißt du, was ich meine?«
    Was in drei Teufels Namen war das denn gerade? Ich starre in die Richtung, aus der die beiden unsäglichen Schleimstimmen kamen, und sehe zwei Jung-Erwachsene mit spitz zulaufenden Puma-Schuhen, Röhrenjeans, Comme des Garçons -T-Shirts, sorgfältig zurechtgezupften Zauselfrisuren und ekelhaftem Dauerlächeln an der Wand lehnen. Einer von ihnen hat eine Sonnenbrille im Haar. Ich fasse es nicht. Außerirdische. Auf unserer Party.
    »Aber Rodrigos neuer Club hat nicht so performt, wie er sich das vorgestellt hat, sagt man.«
    »Ach, weißt du, Rodrigo ist nicht so richtig Barcelona. Der war schon immer mehr so Marbella, das ist sein Problem.«
    Okay, ich hatte schon einen halben Joint, aber das kann doch unmöglich das Ergebnis sein. Da steht Hendrik zwischen ein paar angetrunkenen Althausbesetzern aus Mitte. Ich weise ihn mit einer Kopfbewegung auf die beiden Gestalten hin und verziehe das Gesicht zu einer Grimasse des geballten Unverständnisses. Er arbeitet sich zu mir durch und flüstert mir ins Ohr.
    »Die sind von der Werbeagentur nebenan. Gonzo hat die wohl eingeladen, weil er hofft, dass er nach seinem Praktikum da einen Job kriegt.«
    Nichts wie raus hier. Im Flur kippe ich das halbe Glas in einem Zug herunter. Während ich getanzt habe, hat sich die Gästeschar anscheinend verdoppelt. Ich versuche, mich ein wenig im Getümmel umzusehen. Francescos Zimmer ist abgeschlossen. Er hat als Einziger von uns eine Zimmertür, bei der das Türschloss funktioniert. Deswegen haben wir alles, was auf keinen Fall kaputtgehen darf, bei ihm reingeschafft. Zum Beispiel unsere Computer. Wir haben allerdings streng darauf geachtet, dass Gonzos Mac und Tobis PC in diagonal gegenüberliegenden Zimmerecken stehen und einander den Rücken zukehren. Ob mein Computer nach der Baustaub-Katastrophe noch geht, weiß ich immer

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