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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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oft aus dem Getümmel heraus angelächelt wie im ganzen vergangenen Monat nicht. Unglaublich, wie tiervernarrt die alle sind.
    Ich denke über die doppelte Pleite von eben nach. Das mit der Hose, gut, das dauert halt, ich finde schon noch eine. Aber Amelie. Ich muss das geregelt kriegen. Also, nüchterner Blick: Ich bin, wie mir eben endlich klar wurde, ein Opfer von Zwangsemotionen.
    So.
    Und ich weiß, dass man von Amelie Aufmerksamkeit kriegt, wenn man Hilfe braucht.
    So.
    Und das Ergebnis aus beidem ist, dass ich mich, seit sie sich von Tobi getrennt hat, kläglich von einem Amelie-Hilf-Anlass zum nächsten hangle, ohne dass wir uns dabei auch nur ein Stück nähergekommen sind.
    So.
    Ich spiele ein dummes, endloses Spiel, nichts weiter. Stillstand ohne Hoffnung. Schluss damit. Zwangsemotionen muss man ignorieren.
    So.
    Und Julia mit ihrer arschloch-SMS, also die kriegt auch noch ihre Antwort. Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.
    Inzwischen sind wir zu Hause angekommen. Mir klebt die Zunge am Gaumen. Jetzt Augustiner. Lambert kommt mit mir die Treppe hoch und ist immer noch völlig entspannt. Mit dem Hundevieh und mir klappt irgendwie alles viel unkomplizierter.
    Durch die Wohnungstür höre ich verdächtige Groooh-Laute. Hoffentlich nicht die Ukrainer, die schnell mal meine Abwesenheit ausgenutzt haben, um auch noch den Rest meiner Wand abzureißen. Vor lauter Panik brauche ich ewig, bis ich den Wohnungsschlüssel ins Schloss gekriegt habe.
    Nanu? Unter unserem Gästehochbett ist jetzt eine Wand mit einer Tür. Und die Quelle der Groooh-Laute ist irgendwo dahinter. Ich nähere mich vorsichtig und sehe Reto durch die Türöffnung. Er metzelt mit einer Schlagbohrmaschine im Mauerwerk herum. Um ihn liegen ein paar Rigipsplattenreste, PVC-Röhren und eine noch verpackte Kloschüssel verstreut. Er bemerkt uns nicht.
    »Jauuuuuuul!«
    »Ruhig, Lambert, das ist nur ein Bohrer.«
    Reto hört auf und prüft das Loch.
    »Huhu.«
    »Oh, chrallo, Krach.«
    »Du baust jetzt wirklich ein zweites Klo ein?«
    »Nun, irch hatte heute sowieso nirchts anderes zu tun. Und im Moment ist das Wassrch ja abgestellt. Das ist eine gute Chrelegenheit, eine neue Abzweigung an die Wassrchleitung anzubringen, odrch?«
    Erst jetzt sehe ich das neue glänzende Kupferrohr und das graue Abwasserrohr, die beide aus unserer Badezimmerwand herauskommen und über ein paar abenteuerliche Schleifen und Loopings an der Flurdecke zur neuen Klo-Kabine führen.
    »Wow, so was kannst du?«
    »Nun, es ist nircht weitrch schwer. Bechrommt man alles im Baumachrkt, odrch.«
    »Und warum machen die Rohre diese ganzen Windungen an der Decke?«
    »Oh, das habe irch mirch von Brazil abgeschaut. Gefällt es dir nircht?«
    »Doch, doch, sieht schick aus. Musst du eigentlich noch mehr bohren?«
    »Ein wenig schon noch.«
    »Na, dann setz ich mich mit Lambert lieber noch ein bisschen raus.«
    Schnell ein Bier gezapft. Bevor wir aus der Tür sind, drehe ich mich noch mal um.
    »Sag mal, nur eine kleine Frage, wie soll denn bei dem neuen Klo der ganze äh-du-weißt-schon eigentlich von der Schüssel zum Abwasserrohr kommen? Das wird doch nicht einfach so vier Meter im Rohr nach oben gespült, oder?«
    »Eigentlich nircht.«
    »Aha.«
    »Ein Abwassrchrohrch muss Gefälle haben, odrch.«
    »So.«
    »Abrch irch habe eine Abwassrchhebeanlage besorgt.«
    Er deutet auf einen unscheinbaren weißen Plastikkasten an der Wand.
    »Da drin wird der äh-du-weißt-schon, zerchrleinert und anschließend hochgepumpt, odrch.«
    »Echt?«
    »Es ist auch chranz leise.«
    »Nicht schlecht.«
    Wir gehen runter. Unser Hof war schon immer ziemlich schäbig, und jetzt ist er außerdem auch noch voll mit dem Schutt, den die verschiedenen Bautrupps in den letzten Wochen reingekippt haben. Zum Draußen-rumhängen geht man da besser nach vorne auf die Straße. Netterweise haben die Galeriekokser eine wackelige Bank unter ihrem Schaufenster angedübelt. Da sitzt man zwar in der prallen Sonne, aber mit Basecap und gut ausgerichtetem Mützenschirm lässt es sich aushalten. Für Lambert hab ich noch ein Schälchen Wasser mitgenommen. Nachdem er ein bisschen geschlabbert hat, will er wieder auf meinen Schoß klettern.
    »Na gut, alte Schmusekatze, komm her. Aber stör mich nicht beim Nachdenken.«
    Ich halte meinen Kopf so, dass ihm mein Mützenschirm auch ein wenig Schatten spendet.
    arschloch
    Ja, das hat sie wirklich geschrieben. Sieht schon so aus, als ob du recht gehabt hast, Lambert.

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