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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Hmm. Verflixte Zwangsemotionen.
    »Und, hast du das Klo schon getestet?«
    »Iwo. Das müssen wirch schon feierlirch einweihen, odrch?«
    »Warum hängen die Schweizer eigentlich immer odrch an jeden zweiten Satz?«
    »Weiß irch nircht, odrch.«
    »Ou! Da kommt Francesco.«
    »Dreck.«
    »Äh, er weiß Bescheid, dass sein Zimmrch derangiert ist, odrch?«
    »Pscht!«
    Francesco hat die Ärmel hochgekrempelt und trägt sein Jackett über der Schulter. Sein bis zum Anschlag gelockerter Schlips baumelt wie ein Uhrenpendel vor seinem bis zum Bauchnabel aufgeknöpften Hemd hin und her. Er mustert uns stumm und nimmt jede Einzelheit unserer Versammlung mit einem wohlwollenden Nicken zur Kenntnis. Die kaputte Bank, auf deren Trümmern wir kauern, die Biere, den Joint. Selbst Arnes Quadrokopter, der immer noch vor unseren Nasen in der Luft schwebt, scheint für ihn ganz selbstverständlich zur Szene dazuzugehören. Keine Fragen, keine verstörten Blicke. Er macht nur im Vorbeigehen eine stumme Geste, die ausdrücken soll, dass er in der folgenden Zehntelsekunde seine Aktentasche mit einem Bier vertauschen und sich dann zu uns gesellen will.
    »Heh, bleib ruhig hier, Francesco. Ich hol dir dein Bier.«
    »Ich will aber auch noch mein Täschlein deponieren.«
    »Nehm ich auch mit.«
    »Und ein wenig Erleichterung täte auch not.«
    »Du könntest in den Hof…«
    Keine Chance, er winkt ab und verschwindet im Haus. Wir stürzen hinter ihm her.
    »Francesco, wir… wir müssen dir noch was erzählen.«
    »Dass Krach und Amelie im PlumPlumStudio eine modische Hose für Herrn Wohlgemuth haben zurücklegen lassen? Weiß ich doch schon längst. Ich kenn Gerald.«
    »Nein…«
    »Dass Gerald hetero ist? Na, hört mal, das weiß doch jeder.«
    Mist, er ist schon durch die Tür »Nein…«
    »Dass wir nun ein neues Zimmerchen unter dem Gästehochbett haben? Stimmt, das ist wirklich eine Überraschung.«
    »Äh stimmt, Reto hat uns ein zweites Klo gebaut.«
    »Super, oder?«
    »Hat noch keiner benutzt.«
    »Schau es dir ruhig mal an.«
    »Oh, darf ich es vielleicht auch gleich einweihen? Wie gesagt, ich müsste…«
    »Natürlich, natürlich.«
    »Du bist ja immerhin WG-Ältester.«
    »Einen Eimrch Wasser zum Spülen brauchst du noch, abrch abziehen chrannst du dann chranz normal. Die Abwassrchhebeanlage springt automatisch an.«
    »Nicht zu fassen, Herr Zimmerli.«
    Francesco würdigt ausführlich alle Klodetails. Wir schwitzen. Endlich macht er die Tür hinter sich zu.
    »Schnell, Reto! Wir schließen das Klo von außen zu und sagen Francesco, dass die Tür klemmt. Dann können wir noch schnell das Gröbste wegräumen.«
    »Das geht leidrch nircht. Keine Außenverriegelung.«
    Wir hören schon, wie das Wasser aus dem Eimer rauscht. Danach summt und pumpt es.
    »Hört irch? Das ist die Abwassrchhebeanlage.«
    Wir sehen alle zur Decke und verfolgen die akustische Spur von Francescos Geschäft.
    »Warum hast du eigentlich die ganzen Windungen und Schleifen eingebaut?«
    »Das ist wie in Brazil. Gefällt es dirch nircht, Gonzo?«
    »Doch, doch, sieht schick aus.«
    »Aber da vorne in der Mitte wackelt es, wenn was durchfließt.«
    »Da auch.«
    »Oh, da muss irch wohl morgen noch ein paar Halteschellen anbringen, odrch.«
    »Nein, lass mal. Das mach ich mit Tobi. Du hast jetzt wirklich schon genug geschafft.«
    Francesco tritt durch die Tür und schaut feierlich in die Runde.
    »Nun, Freunde, ich denke, eine neue Ära der WG-Fäkalentsorgung hat begonnen.«
    »Yep. Ein Hoch auf Reto. Und jetzt gehen wir am besten ganz schnell wieder runter, um zu feiern. Komm, Francesco.«
    »Momentchen. Nur noch schnell mein Aktenbehältnis in mein Kämmerchen… und zieht doch nicht dauernd so an mir, Kinder. Man könnte ja meinen, ihr wollt was vor mir verstecken.«
    »Nein! Nicht aufmachen!«
    »Oh… heiliger Freddie Mercury, was für eine Bescherung!«
    »Weißt du, die ukrainischen Bauarbeiter…«
    »Die waren da doch recht grobmotorisch unterwegs und…«
    »Wir wollten es dir schon die ganze Zeit sagen, aber…«
    Komisch. Nach dem ersten Schreck scheint Francesco das ganze Desaster eher zu amüsieren. Er holt sein Handy raus, macht ein Foto und setzt dann sein Knuddelbärgesicht auf. Das macht er immer, wenn er seinen Freund anruft.
    »Ja, hallochen, Stefan… Stell dir vor, ein Haufen wilder ukrainischer Bauarbeiter hat mein Zimmer verwüstet… Ja, klar habe ich mit ihnen gekämpft. Ich bin von Kopf bis Fuß mit ihrem schmutzigen Schweiß

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