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Kaltduscher

Kaltduscher

Titel: Kaltduscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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anzusehen.
    »Schalke 07?…Au!«
    Warum haut sie mir jetzt schon wieder das blöde Taschenbuch ins Gesicht?
    »Hör doch mal auf damit!«
    »Ha, so was lest ihr also!«
    Klatsch.
    »Was denn?«
    »Stecherakademie – In jedem Mann steckt ein Verführer.«
    »Was? Keine Ahnung, wo das herkommt.«
    »Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, landen Sie mit jeder Frau nach nur einer Stunde im Bett. Wenn Sie es wollen.«
    »Ich schwöre, ich sehe das zum ersten Mal.«
    Julia schlägt das Buch irgendwo auf und beginnt vorzulesen.
    »Alle Frauen sind unsicher. Sie können davon ausgehen, dass keine von ihnen, auch nicht die Begehrenswerteste, auch nur andeutungsweise weiß, was sie eigentlich will.«
    »Hm.«
    » Umso wichtiger ist es, dass Sie die Frauen, die Sie treffen, von Anfang an steuern. Und Sie werden merken, es ist ganz leicht.«
    »Wow.«
    »Sagen Sie sich jedes Mal, bevor Sie eine Frau ansprechen, drei Mal laut in Gedanken, dass das größte Glück, das einer Frau widerfahren kann, ist, Sie zu treffen. Ich glaube, ich muss gleich kotzen!«
    Klatsch.
    »Au. He, das hab schließlich nicht ich geschrieben.«
    »Aber du liest es.«
    »Nein, verflixt noch mal, ich weiß nicht, wem das gehört, ich sehe es zum ersten Mal.«
    Julia steht mit einem Ruck auf, steckt das Buch ins Klo und zieht ab.
    »He, nicht! Die Abwasserhebeanlage…«
    Julia schnaubt und schlüpft so ruppig in ihre Kleider, dass die Nähte krachen.
    »Jetzt beruhige dich doch bitte wieder.«
    Nichts zu machen. Sie verschwindet und knallt zum Abschied die Klotür so heftig zu, dass Retos Brazil-Röhrenkonstruktion nach einer Minute immer noch wackelt. Die Abwasserhebeanlage macht Geräusche, als hätte sie erhebliche Schwierigkeiten, das Buch zu verdauen. Ich stecke meinen Arm bis zum Anschlag ins Klo. Wenn man Zivildienst in einem Altenheim gemacht hat, kennt man bei so was keine Hemmungen. Während ich mit der einen Hand vergeblich versuche, das Buch zu ertasten, ziehe ich mit der anderen Hand den Stecker der Abwasserhebeanlage aus der Steckdose. Das hätte ich wohl besser nicht tun sollen. Es dröhnt, und die ganze Anlage zittert und bebt schlimmer denn je. Ich will den Stecker sofort wieder reinstecken, aber da bekomme ich auf einmal doch ein paar Stecherakademie-Seiten zu fassen. Ich ziehe vorsichtig daran und spüre, dass ein nicht unerheblicher Teil des Buchs noch dranhängt. Ganz vorsichtig hole ich es heraus. Immerhin Seite 102 bis zum Schluss. Das ist etwa das hintere Drittel des Buchs. Die Ecke, an der der Kackzerkleinerer sich gerade die Zähne ausgebissen hat, ist etwas ausgefranst. Sonst ist es noch ziemlich heil. Ich lege die triefende Schwarte vorsichtig auf den Boden und stecke den Stecker wieder rein. Während die Röhren langsam aufhören zu beben, tupfe ich gedankenverloren die Seiten mit Toilettenpapier trocken.

Superpuper
     
    Was man so träumt und warum wird ja viel diskutiert. Oft heißt es, dass man das, was man tagsüber noch nicht so richtig verarbeitet hat, einfach noch mal durchgeht, quasi so wie Nachsitzen im Schlaf. Aber irgendwie träume ich viel zu oft Dinge, die überhaupt nichts mit meinem Tag zu tun haben, als dass das stimmen könnte. In der Nacht, nachdem mir Piotr den Ball an den Kopf geschossen hat, habe ich zum Beispiel nicht von Kanonenkugeln geträumt, sondern von einem wunderbaren Abend am Strand, und in der Nacht, nachdem ich Tobi kennengelernt habe, auch nicht von einem alles verschlingenden Monster, sondern von drei Balletttänzerinnen.
    Dass ich heute Nacht tatsächlich von Julia träume, wie sie mir das nasse Stecherakademie-Buch um die Ohren klatscht, liegt bestimmt nur daran, dass es gerade unter meiner Matratze liegt. Ich sollte es vielleicht mehr Richtung Fußende verschieben.
    Natürlich ist in einem Traum immer alles ein wenig verfremdet. Die Frequenz, in der ich ihre Buchhiebe einstecke, ist zum Beispiel fern aller Realität. Mindestens 125 BPM. Noch seltsamer ist aber das Geräusch. Es macht nicht Klatsch-Klatsch-Klatsch, sondern UMZZ-UMZZ-UMZZ. Und das in einer Lautstärke, als wäre mein Kopf ein an eine 4000-Watt-Verstärkeranlage angeschlossenes Drumpad.
    Natürlich wache ich irgendwann davon auf. Zum Glück weiß ich seit dem Presslufthammerangriff vor ein paar Tagen, dass sich mit dem Ende des Traums nicht immer unbedingt alles in Wohlgefallen auflöst, was einen gepeinigt hat. Deshalb nehme ich es halbwegs gelassen, dass ich, nachdem ich die Augen geöffnet und mich aufgesetzt habe, weiter

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