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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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diese Überlegung tritt angesichts des Glücksgefühls, das sie durchströmt, rasch wieder in den Hintergrund. Eelco ist extra ihretwegen aus Amsterdam gekommen, also muss ihm etwas an ihr liegen!
    Als Sigrid vor Nadines Haus hält, packt diese ihre Sachen, und sie steigen aus.
    »Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen«, meint Sigrid. »So begeistert warst du schon lange nicht mehr von einem Mann.«
    »Womöglich ist er schon wieder gegangen«, unkt Nadine.
    Aber Eelco sitzt nach wie vor auf der Terrasse. Marielle hat Knabbereien hingestellt und gibt in der Küche gerade Eiswürfel in die Gläser.
    »Ich dachte, Eelco würde vorher anrufen, statt unangemeldet vorbeizukommen«, sagt Nadine.

    »Ist doch nett, oder? Wir haben uns jedenfalls gut unterhalten. Geh schon mal raus, er wartet schon eine Ewigkeit. Hi Sigrid, willst du auch eine Cola?«
    »Gern. Mit viel Eis, bitte.« Neugierig reckt Sigrid den Hals, um einen Blick auf Eelco zu erhaschen.
    Nadine geht ein wenig nervös an Marielle vorbei zur Terrasse.
    »So eine Überraschung!«, sagt sie.
    Eelco steht auf, als er sie sieht.
    »Ich hatte in Leiden zu tun«, sagt er, »und habe angerufen, dich aber nicht erreicht. Als ich dann in deiner Nähe war, dachte ich, ich schau auf gut Glück mal vorbei.«
    Er grinst verlegen, als erwartete er eine reservierte Reaktion oder gar Vorwürfe, doch Nadine lächelt.
    »Wie ich sehe, hat Marielle sich als Gastgeberin bewährt.« Sie dreht sich zu ihrer Tochter und Sigrid um, die nun ebenfalls auf der Terrasse stehen. »Darf ich vorstellen: meine Freundin Sigrid … Eelco.«
    »Jetzt wirst du den Löwen zum Fraß vorgeworfen«, neckt Sigrid. »Ich habe rasch noch Nadines Eltern angerufen, sie können jeden Moment hier sein.«
    Nadine versetzt Sigrid einen Stoß zwischen die Rippen. »Glaub ihr kein Wort«, sagt sie zu Eelco. »Meine Eltern sind irgendwo in Bulgarien unterwegs.«
    Er lacht, nimmt wieder Platz, und bald unterhalten sie sich angeregt.
    Eelco mustert Nadine und Marielle, die nebeneinandersitzen, und meint unvermittelt: »Ihr beide seht euch unglaublich ähnlich. Wie Schwestern!«

    Nadine registriert Marielles Grimasse, sie weiß genau, was in ihr vorgeht. Für eine Mutter ist es ein hübsches Kompliment, mit der Tochter verglichen zu werden. Doch die Tochter mit ihrem starken Bedürfnis nach Abgrenzung hört so etwas weniger gern.
    »So sehr auch wieder nicht«, schwächt Nadine ab, doch Sigrid mischt sich ein und meint, Marielle sei in der Tat eine jüngere Ausgabe ihrer Mutter.
    »Im Gegensatz zu Marielle war ich eine Spätentwicklerin.« Nadine zwinkert ihrer Tochter zu. »Sie hat einen ausgeprägten eigenen Stil, was man von mir in dem Alter nicht behaupten konnte.«
    »Die Zeiten haben sich geändert«, sagt Eelco. »Heutzutage wird man rund um die Uhr mit Informationen versorgt und weiß, was gerade in ist und so weiter. Übers Internet lernt man Leute kennen, die am anderen Ende der Welt leben. Die heutige Jugend wird viel schneller erwachsen. Oft sehe ich Mädchen, die ich auf achtzehn schätze, in Wirklichkeit sind sie aber dreizehn.«
    »Das stimmt.« Sigrid nickt. »Und irgendwie ähneln sie sich alle: stark geschminkt, Nabelpiercing, Stöckelschuhe, cooles Gehabe …«
    »Das gilt längst nicht für alle!«, protestiert Marielle.
    »Für dich nicht, aber für viele andere schon. Ich bin jedenfalls froh, dass ich keine Töchter habe. Es muss ein hartes Stück Arbeit sein, sie vernünftig großzuziehen«, meint Sigrid. Dann wechselt sie das Thema: »Nadine hat erwähnt, dass du Verleger bist«, wendet sie sich an Eelco. »Da kriegst du bestimmt
stapelweise Manuskripte zugeschickt. Liest du die alle?«
    »Nur, wenn es der Mühe wert ist. Bei uns treffen die Lektoren eine Vorauswahl, und wenn ihnen ein Manuskript gefällt, sehe ich es mir an. Oft weiß man schon nach wenigen Seiten, woran man ist. Sicherheitshalber liest man noch ein Stück weiter, aber wenn es dann nicht besser wird, landet das Manuskript auf dem Ablehnungsstapel.«
    »Das heißt also, Absagen, in denen steht ›Ihr Roman passt leider nicht in unser Programm‹, bedeuten allesamt ›Sie können nicht schreiben, also belästigen Sie uns bitte nicht mit Ihren Ergüssen‹«, schlussfolgert Nadine.
    »Nicht immer. Manchmal ist die Geschichte durchaus gut, aber völlig anders als das, was der Verlag normalerweise publiziert. Aber im Grunde hast du nicht unrecht: Die Floskel ist in neunzig Prozent der Fälle eine höfliche Umschreibung dafür,

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