Kalte Herzen
in die Lungen zu pumpen, wenn die Herz-Lungen-Maschine ihre Arbeit erledigte.
Jetzt konnte die eigentliche Transplantation beginnen.
Archer durchtrennte die Aorta und die Lungenarterien. Blut ergoß sich in den Brustraum und spritzte auf den Fußboden.
Sofort warf eine Schwester ein Handtuch darüber, damit niemand darauf ausrutschte. Archer arbeitete weiter, ohne sich durch die Schweißtropfen auf seiner Stirn oder das gleißende Licht stören zu lassen. Als nächstes durchtrennte er die Vorhöfe.
Mehr und dunkleres Blut spritzte auf seinen Kittel. Er griff bis zum Ellenbogen in die Brusthöhle, hob Nina Voss’ krankes, schlaffes Herz heraus und legte es in eine Schüssel. In Ninas Brust blieb ein klaffender Hohlraum zurück.
Abby sah zum Monitor und war beim Anblick der glatten EKG-Linie instinktiv alarmiert. Aber natürlich gab es keine Ausschläge. Es gab in diesem Körper augenblicklich kein Herz.
Genaugenommen waren alle klassischen Lebensfunktionen zum Stillstand gekommen. Die Lungen atmeten nicht, Nina hatte kein Herz, doch die Patientin lebte.
Mark nahm das Spenderherz aus der Schüssel und legte es in die Brust. »Es gibt Leute, die sagen, das hier wäre nichts weiter als glorifizierte Klempnerarbeit«, bemerkte er, während er das Herz drehte, um die linke Herzkammer einzupassen. »Sie glauben, es wäre so, als würde man ein ausgestopftes Tier oder so was zusammennähen. Aber wenn man nur eine Sekunde nicht aufpaßt, näht man das Herz, ehe man sich versieht, verkehrt herum ein.«
Der Assistenzarzt lachte.
»Das ist nicht komisch. Ist alles schon passiert.«
»Salzlösung«, forderte Archer, und eine Schwester goß aus einer Schüssel gekühlte Salzlösung über das Herz, um es unter dem sengenden Licht kalt zu halten.
»Es gibt hundert Kleinigkeiten, die schiefgehen können«, fuhr Mark fort, während er die Nadel tief, fast grimmig, in den linken Vorhof trieb. »Medikamentenreaktionen. Komplikationen bei der Anästhesie. Aber am Ende ist es immer die Schuld des Chirurgen gewesen.«
»Hier steht noch eine Menge Blut«, bemerkte Archer.
»Sauger, Abby.«
Das Zischen des Saugers wich angespanntem Schweigen, während die beiden Chirurgen schnell und hochkonzentriert arbeiteten. Man hörte nur das Brummen der Herz-Lungen-Maschine und das Klicken vor jedem Einstich, wenn die gezahnten Branchen des Nadelhalters einrasteten, um die Position der Nadel zu fixieren. Obwohl Abby wiederholt absaugte, sickerte weiterhin Blut durch die Tücher. Die Handtücher am Boden waren klatschnaß. Die Chirurgen traten beiseite, und neue Handtücher wurden gereicht.
Archer zog die Nadel nach oben. »Anastomosierung des rechten Vorhofs abgeschlossen.«
»Perfusionskatheter«, verlangte Mark.
Eine Schwester reichte ihm den Katheter. Er führte ihn in den linken Vorhof ein und füllte ihn mit vier Grad kalter Kochsalzlösung. Der Strom der eisigen Flüssigkeit kühlte die Herzkammer und spülte die letzten Luftpolster aus dem Innern heraus.
»Alles klar«, sagte Archer und korrigierte noch einmal die Lage des Herzens, bevor er damit begann, die Querverbindungen der Aorta zu nähen. »Dann wollen wir mal die Rohre anschließen.«
Mark blickte zur Wanduhr. »Seht mal, Leute. Wir sind schneller als geplant. Was für ein Team!«
Die Gegensprechanlage summte. Es war erneut die Empfangsschwester der Chirurgie. »Mr. Voss möchte wissen, wie es seiner Frau geht.«
»Bestens«, rief Archer. »Keine Probleme.«
»Wie lange werden Sie noch brauchen?«
»Eine Stunde. Sagen Sie ihm, er soll sich gedulden.«
Die Gegensprechanlage verstummte. Archer blickte über den OP-Tisch zu Mark. »Er geht mir auf die Nerven.«
»Voss?«
»Er will immer alles kontrollieren.«
»Ach nein.«
Archers Nadel stach in die glänzende Wand der Aorta.
»Andererseits würde ich, wenn ich so viel Geld hätte wie er, auch bestimmen wollen, wo’s langgeht.«
»Woher kommt denn sein Geld?« fragte der Assistenzarzt.
Archer blickte überrascht zu ihm auf. »Sie wissen nicht, wer Victor Voss ist? VMI International? Alles von Chemie bis zu Robotern.«
»Und das V in VMI steht für Victor Voss?«
»So ist es.« Archer knotete und schnitt den letzten Faden. »Die Aorta ist fertig. Klammer öffnen.«
»Perfusionskatheter entfernt«, sagte Mark und wandte sich an Abby. »Halte die beiden Schrittmacherkabel einsatzbereit.«
Archer nahm eine saubere Nadel vom Instrumentiertisch und begann mit der Vernähung der Lungenarterien. Er wollte gerade
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