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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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erinnern, der sagte: Das Huhn ist das klügste Geschöpf im Tierreich – es gackert erst, nachdem das Ei gelegt ist.« Lacher. Applaus. Übergabe der Schlüssel. Dann noch ein halbes Glas Weißwein und ein unauffälliger Abgang durch die Hintertür, die es hoffentlich gab.
    Genauso kam es dann auch, und Natascha Eusterbeck stand etwas mehr als eine Stunde später wieder auf der Straße und sog dankbar die kühle Abendluft ein. Was für eine verlogene Veranstaltung! Im Grunde ging es nur darum, den Sponsoren dieses geheuchelten Projekts Honig ums Maul zu schmieren, was lächerlich war, da sie sich von EU -Geldern hoch subventionieren ließen. Doch die Träger des Bildungsforums, Milliardenkonzerne und schwerreiche Stiftungen, waren auch Sponsoren der Partei. Und gerade im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl galt es, sie nicht zu verprellen. Die das am besten wussten, waren die Umtänzelten selbst.
    Wenigstens war der Wein gut gewesen. Natascha Eusterbeck stieg in ihren Wagen und fütterte ihr Navi: Spiekengasse 8, Berlin. Sie musste ein wenig warten, bis das GPS -System zur Verfügung stand. Beobachtete solange im Rückspiegel ein Pärchen, das sich offenbar am liebsten gegenseitig aufgefressen hätte. Fahrtzeit: 23 Minuten. Berlin, dachte sie. Alles dauert endlos lange.
    Immerhin war auf der Strecke wenig Verkehr. Nach achtzehn Minuten war sie da. Frank Wilhelm wohnte in einem einfachen Mietshaus, das weder den Chic jüngerer Architektur hatte noch den Charme eines Altbaus, sondern bloß nach Westberlin in den sechziger Jahren aussah. Für einen leitenden Angestellten des Bundespresseamts ein denkbar einfaches Domizil. Natascha stieg aus und studierte das Klingelbrett. Schlüter, Özoglu, Heckert. Alles sehr durchschnittliche Namen. Wilhelm fand sie im zweiten Stockwerk. Sie trat ein paar Schritte zurück und blickte am Haus hoch: Die Fenster in der zweiten Etage waren alle dunkel. Auch bei Wilhelm war also wohl niemand zu Hause. Es wunderte sie nicht. Von Henrik hatte sie zwar erfahren, dass er verheiratet war, doch sie wusste aus einem Gespräch mit einem der Übersetzer, dass er unter der Trennung von seiner Frau litt. Wenn seine Frau nicht zu Hause war – er war es sicher nicht. Als Chef vom Dienst musste er zumindest noch die Abendzeitungen und die Übersetzungen der asiatischen Morgenzeitungen mit den Mitarbeitern durchgehen. Außerdem natürlich die Hauptnachrichtensendungen. Vermutlich würde er nach den Tagesthemen das Licht ausknipsen und seinen Schreibtisch bis morgen früh räumen.
    Sie setzte sich wieder ins Auto, machte Musik an und wartete. Gegen 23:15 Uhr hielt tatsächlich ein Auto ein Stück die Straße herunter, ein alter Audi. Eine träge Gestalt kämpfte sich daraus hervor und verschwand wenig später in dem Haus Nummer acht. Frank Wilhelm. Im zweiten Stock ging Licht an. Natascha Eusterbeck machte das Radio aus. Sie würde ihm noch zwei Minuten Zeit lassen, dann würde sie klingeln. Sie zog den Schlüssel ab und öffnete die Tür, da sah sie, dass das Licht wieder erlosch. Trotzdem stieg sie aus, sperrte den Wagen ab und ging auf das Haus zu. Als im Treppenhaus wieder Licht anging, hielt sie inne. Was, wenn er jetzt wieder herauskam? Sie machte ein paar Schritte auf ihr Auto zu, um gegebenenfalls schnell einsteigen und ihm folgen zu können, obwohl das Unsinn war. Wieso sollte sie ihm hinterherfahren, sie wollte ihn doch nur sprechen, nicht ihn stalken.
    Es war Wilhelm. Er trat aus der Tür und schlug mit seinen müden Schritten die entgegengesetzte Richtung ein. Natascha ging in einigem Abstand hinter ihm her. Einmal war ihr, als zögerte er. Hatte er sie bemerkt? Doch dann nahm er seinen Weg wieder auf, der ihn in ein nahe gelegenes Lokal führte, eine Kneipe, die der Weddinger Nacht selbstbewusst verkündete: »Pilsparadies«.
    Vielleicht war das eine viel bessere Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, als ihn zu Hause zu überfallen. Hier musste er sich nicht genötigt fühlen, hier musste ihm nichts peinlich sein – außer der Tatsache, dass er überhaupt in ein solches Lokal ging. Sie trat ein und stellte zu ihrer Überraschung fest, dass die Luft so dick war wie in einem Kohlebergwerk in der Inneren Mongolei. Das gesetzliche Rauchverbot schien sich bis hierher noch nicht durchgesprochen zu haben.
    Wilhelm saß an der Theke und nahm gerade selbst eine Zigarette aus einer Schachtel. Als sie sich neben ihn setzte, sah er nur kurz auf und seufzte. »Ich hab schon so was geahnt. Was erwarten

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