Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
Vom Netzwerk:
stand drin. Vaters alter Mercedes Benz, bald schon ein Oldtimer. Er war also vermutlich geflogen und hatte ein Taxi zum Flughafen genommen. Der Hausschlüssel lag in einer Kiste mit Schraubenziehern, die in einem Regal an der Wand stand.
    Im Haus war es eisig. Wie lange mochte er weg sein? Und warum hatte er ihr nicht Bescheid gegeben? Natascha setzte sich an den Küchentisch und stützte den Kopf in die Hände. Die Antwort war einfach: weil sie sich nicht gemeldet hatte. Nicht mal zu Weihnachten hatte sie ihn angerufen. »Scheiße«, flüsterte sie. Sie spürte ihr Herz. Es zwickte sie. Seltsam, ein so körperliches Empfinden von schlechtem Gewissen. Sie seufzte, stand auf, sah sich in dem dämmerigen Haus um. Auf der Anrichte lag zu ihrem Befremden eine Spritze mit aufgesteckter Kanüle. Neben der Tür auf dem Boden fand sie eine Plastikverpackung für etwas, das sich »Medicure Opt« nannte. Mit der Schuhspitze schob sie das Ding ein wenig hin und her, wagte aber nicht, es anzufassen. Aus den Augenwinkeln meinte sie, vor dem Fenster einen Schatten vorbeihuschen zu sehen. Sie ging hin und schaute durch die leicht vereiste Scheibe nach draußen. Doch es war nichts zu erkennen. Sie glaubte schon, sich getäuscht zu haben, als plötzlich jemand hinter ihr sagte: »Wer sind Sie?«
    Natascha fuhr herum. Beinahe hätte sie ihr Gleichgewicht verloren. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass auf einmal jemand im Haus stehen könnte. »Wer sind Sie ?«, fragte sie ihrerseits.
    »Natascha?«
    »Oh! Frau Weiß? Entschuldigen Sie, ich habe Sie nicht erkannt.« Vor ihr stand eine kleine Frau mit einer grauenhaften Dauerwelle und einem Kittelkleid, das sie wohl erst ablegen würde, wenn sie einst in die Grube sank: die Nachbarin, mit deren Nichte Natascha in allen Ferien ihrer Kindheit gespielt hatte, die sie in diesem Haus verbracht hatte. »Und ich habe mich erschreckt.«
    »Das habe ich auch, Kindchen. Meine Güte, warum haben Sie denn nicht bei mir geläutet?«
    »Wo ist mein Vater? Ich meine, wissen Sie zufällig, wo er ist?«
    »Aber wissen Sie das denn gar nicht, Kindchen?«
    »Weiß ich was nicht?«
    »Ach Gott, es tut mir ja so leid!«
    *
    Weg. Sie war weg. Henrik hatte versucht, sie anzurufen, als sie gegen Mittag immer noch nicht wieder aufgetaucht war. Dann hatte er entdeckt, dass ihr Handy auf dem Schreibtisch lag. Sie hatte seines mitgenommen. Aber auf dem hatte er sie auch nicht erreicht. Schließlich war er in die Ortschaft gegangen. Zu Fuß. Es hatte wieder zu schneien begonnen, man konnte die Straße kaum sehen. Einmal wäre er beinahe im Graben gelandet.
    Als er nach einer halben Stunde durchgefroren und verschneit wie ein Yeti endlich auf dem Marktplatz stand, konnte er den Wagen nirgends entdecken. Es war kaum jemand im Freien. Die Lichter der Läden schimmerten durch das Schneegestöber. Henrik entschied sich, in der Bäckerei anzufangen, schließlich hatte Natascha dort Brötchen kaufen wollen.
    »Also ich habe sie nicht gesehen«, erklärte eine hagere Mittfünfzigerin hinter der Ladentheke.
    »Vielleicht dass sonst jemand …?«
    »Irmi, hast du die Frau Eusterbeck heute bei uns gesehen?«, rief die Verkäuferin in den rückwärtigen Teil der Bäckerei. Eine junge Frau kam zum Vorschein und nickte Henrik freundlich zu. »Ja, die war da. Sie hat aber, ähm, wie soll ich sagen …« Henrik warf ihr einen fragenden Blick zu. »Sie hat verschiedene Sachen bestellt und auch einen Kaffee, hier drüben in unserer kleinen Stube.« Sie deutete hinüber ins Café. »Aber dann hat sie ihn nicht getrunken und die Sachen auch nicht mitgenommen.« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Ich glaube, die Tüte müsste noch irgendwo hier stehen! Wollen Sie sie vielleicht mitnehmen?« Sie beugte sich unter die Theke und holte tatsächlich eine Papiertüte hervor. »Hier. Verschiedene Brötchen. Und ein paar Hörnchen, die sind in einer Extratüte drinnen.« Sie reichte Henrik das Päckchen. »Danke. Ähm, hat sie schon bezahlt?«
    »Nein.« Die junge Frau strich sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. »Den Kaffee auch nicht.«
    Henrik Eusterbeck griff nach seinem Portemonnaie, nur um festzustellen, dass er es zu Hause hatte liegen lassen. »Oh Gott«, sagte er. »Das ist mir wahnsinnig peinlich. Ich habe meine Geldbörse vergessen.«
    »Kein Problem«, erwiderte die hagere Mittfünfzigerin. »Nehmen Sie es mit. Sie können ja beim nächsten Mal bezahlen. Wir schreiben es auf, ja?«
    »Ach, das ist wirklich sehr nett.« Er

Weitere Kostenlose Bücher