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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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klemmte sich die Tüte unter den Arm. »Und meine Frau …«, sagte er schließlich. »Wissen Sie vielleicht, wohin sie ist?«
    Doch keine der beiden hatte eine Ahnung. Henrik stand schon in der Tür, als die junge Frau ihm hinterherrief: »Herr Eusterbeck! Mir ist gerade noch etwas eingefallen!«
    »Ja?«
    »Sie war hier auf der Toilette.« Sie nickte zum rückwärtigen Bereich hin. »Da habe ich etwas gefunden. Vielleicht hat sie es dort verloren?« Sie griff in ihre Schürzentasche, holte ein Handy hervor und hielt es Henrik hin. Es war aus. Er nahm es, machte es an und gab die PIN ein, wartete. »Code angenommen«, signalisierte ihm das Gerät. »Ja«, sagte er. »Das ist meines. Danke, dass Sie so aufmerksam waren.« Und fuhr über den Touchscreen: eine neue Nachricht.
    *
    Seine Augen waren erloschen. Er nahm sie nicht wahr, als sie das Zimmer betrat. Auch sonst schien er abwesend. Da war keine Anteilnahme an dem, was um ihn herum geschah. »Ist er …« Natascha suchte die passenden Worte. »… ich meine, geistig …«
    »Natascha?« Ein Ruck ging durch den ausgezehrten Körper des alten Mannes. Er starrte in ihre Richtung.
    »Ach Papa!« Sie flog zu ihm hin, packte ihn mit beiden Armen und presste ihn fest an sich. »Ach Papa!«
    »Meine Prinzessin«, sagte Wolfhardt Lippold und erwiderte mit seinen dürren Armen ihre Zuneigung. »Meine Prinzessin. Du bist doch hoffentlich nicht meinetwegen extra den Weg aus Berlin gekommen!« Er legte seine Hände auf ihre Schultern und schob sie eine Armeslänge von sich, um sie streng anzusehen, was seltsam wirkte mit seinem in unbestimmte Ferne gerichteten Blick.
    »Viel zu spät«, seufzte Natascha und ließ sich auf den Rand des Bettes sinken. »Was ist denn nur geschehen?«
    Wolfhardt Lippold schwieg einen Moment. Dann fragte er leise: »Sind wir allein?«
    Natascha sah sich um. Die Schwester war verschwunden. »Ja«, sagte sie. »Wir sind allein.«
    »Gut. Denn für andere könnte es seltsam klingen. So als ob …« Er suchte nach den richtigen Worten. »Als ob ich vielleicht etwas verrückt wäre.« Seine Stimme war leise und brüchig. Er atmete schwer, vielleicht ja, weil ihn der Besuch aufregte. Natascha legte ihm ihre Hand auf die Brust. »Niemand würde dich für verrückt halten, Papa.«
    Er keuchte mühsam. Ein Lachen, wie Natascha erschrocken feststellte. »Es tut mir so leid, dass ich mich über die Weihnachtstage nicht bei dir gemeldet habe. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, Papa.«
    »Du hättest mich ja sowieso nicht erreicht. Ich bin schon am Tag vor Heiligabend hierhergekommen.« Er strich ihr über den Kopf. Dann beugte er sich mühsam etwas weiter vor. »Ich muss dir etwas Wichtiges sagen«, flüsterte er.
    »Ich möchte vor allem wissen, was genau passiert ist.« Sie versuchte, seinen Blick aufzufangen, doch er wich ihr aus. Nein, er wich ihr nicht aus: Er konnte sie nicht sehen!
    »Ich bin gestürzt. Auf dem Weg zur Garage. Da war es spiegelglatt.«
    »Ach Papa, musstest du denn bei dem Wetter unbedingt in die Garage gehen? Warum hast du nicht gestreut?«
    »Ich habe gestreut. Ich hatte auch die richtigen Schuhe an. Und ich bin sicher, dass meine Verletzung am Kopf nicht von dem Sturz kommt.«
    »Wie meinst du das?«
    Die Tür ging auf, und Wolfhardt Lippold schwieg augenblicklich. Ein Arzt kam herein und fragte: »Wie geht’s uns denn heute, Herr Lippold?«
    »Ach ja, was soll ich sagen, Herr Doktor. Ich bin noch nicht ganz in der Form für einen olympischen Wettkampf. Aber ich arbeite daran.«
    »Und Sie müssen Herrn Lippolds Tochter sein, nehme ich an?«, wandte sich der Arzt an Natascha. Er hatte graues Haar und die typische hagere Figur desjenigen, der den Spaß am Essen verloren hatte. Ärztesyndrom. »Das ist richtig. Natascha Eusterbeck.« Sie stand auf und reichte ihm die Hand.
    »Traub. Angenehm. Ihrem Vater geht es gottlob schon um einiges besser. Er ist stärker, als man denkt. Er müsste sich nur schonen.«
    »Ich schone mich, Herr Doktor«, stellte Wolfhardt Lippold fest. »Seit ich hier bin, habe ich nicht geraucht, nicht getrunken und keine Frauenbesuche empfangen.«
    »Papa, das kann man sich ja kaum vorstellen, dass du so brav warst«, scherzte Natascha, obwohl ihr ganz und gar nicht danach zumute war. Der Blick des Arztes sagte alles: Das hier war kein Ferienaufenthalt.
    »Vielleicht möchten Sie ja nachher noch kurz bei mir vorbeikommen, Frau Eusterbeck. Die Schwester zeigt Ihnen dann den Weg.«
    »Gerne, Dr. Traub.«

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