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Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Kalte Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Kalte Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Faber
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Haussmann.«
    Die Lampe erlosch. Das Licht in dem kleinen Kabuff ging an. Nataschas Rücken war schweißnass. Sie holte Luft. Der Studiomitarbeiter kam rein und nahm ihr den Sender aus dem Hosenbund, eine andere Mitarbeiterin klippste das Mikrofon von ihrer Schulter. Das alles ging so routiniert vor sich, als wäre sie irgendein Transportgut, das es auf der Reise von A nach B umzuverpacken gilt.
    Draußen wartete Bleicher. Er nickte anerkennend. Natascha schenkte ihm ein Lächeln. Sie wusste, dass sie sich gut geschlagen hatte. Sie wusste aber auch, dass es beinahe schiefgegangen wäre. Im Vorbeigehen hörte sie noch jemanden sagen: »Kam ziemlich gut in dem Top.«
    »Jep, mal was anderes.«
    Sie flüchtete aus dem Studio und machte sich auf den Weg nach Hause.
    *
    David Berg machte den Ton wieder weg und blieb mit einem amüsierten Lächeln sitzen. Sie hatte sich wacker geschlagen. Er wäre ja selbst ins Studio gegangen. Aber es war ein ebenso ehernes wie ungeschriebenes Gesetz, dass die Presse den Regierungssprecher ignorierte, wo sie nur konnte. Egal, wie gut er informiert war und informieren konnte, egal, wie telegen er war und wie pointiert er formulierte. Man nahm ihn nur – und das notgedrungen – zur Kenntnis, wenn er zur Pressekonferenz einlud. Und dann suchten die Kollegen von den Medien auch bloß die Passagen aus, in denen er sich doch mal einen Versprecher leistete, schnäuzen musste oder vom Podium stolperte. Am liebsten hätten sie in ihm ein Maskottchen gesehen, das nur zur Unterhaltung im Politikbetrieb existierte. Dass er mit seinen Anregungen und Einwänden mehr Einfluss auf die Politik nahm als die meisten altgedienten Abgeordneten, mächtiger war als mancher Ausschussvorsitzende und machtpolitisch wichtiger als die Hälfte der Ressortminister, sahen sie nicht. Obwohl sie es wussten. Oder hätten wissen müssen.
    David Berg war damit an sich ganz zufrieden. Sein Ego hielt es aus, die Schießbudenfigur zu geben, solange sein System funktionierte. Ob es allerdings funktionierte, das ließ sich leider immer erst im Nachhinein an den Entwicklungen ablesen.
    Sein Handy klingelte. »Silvie.«
    »Hallo, mein Lieber. Du bist immer noch im Büro, was?«
    »Woher weißt du das denn schon wieder? Muss ich mir Sorgen machen wegen illegaler Abhöraktionen?«
    »Ach David, das sind keine guten Scherze. Wir vermissen dich hier, und du machst dich in Berlin kaputt.«
    »Bald seid ihr ja auch hier.«
    »Davor graut mir.«
    »Ich weiß, Silvie.« Er schloss die Augen und suchte nach seiner unbekümmerten Stimme. »Aber Berlin wird euch gefallen! Es ist einfach aufregend und lebhaft und …«
    »Weiß ich, Lieber. Hast du uns alles schon so oft erklärt. Aber wenn wir dann da sind, dann ist es nicht aufregend, sondern Alltag. Du wirst da in deinem Politzirkus rotieren und jeden Tag ein Abenteuer erleben. Und ich werde die Kinder zur Schule bringen und ein Jahr lang Kisten ausräumen. Und wenn ihr nicht mehr wiedergewählt werdet? Ziehen wir dann nach zwei Jahren wieder nach Düsseldorf zurück?«
    »Ach Silvie. Du musst dir doch keine Sorgen machen. Erstens verlieren wir diese Wahlen nicht. Gegen wen denn? Und selbst wenn wir sie verlieren würden, als Regierungssprecher a. D. bekomme ich immer einen Job. Und besser bezahlt als den hier.«
    »Ich weiß, David. Aber es fällt mir trotzdem so schwer. Ich bin ja hier schon vollkommen überfordert. Ohne dich. Und in Berlin werden wir dich auch nicht viel mehr sehen als hier – aber ich muss unser ganzes Leben neu organisieren.«
    »Ich helfe dir doch, Silvie. Schau, ich könnte ja jetzt auch nach Hause gehen. Aber ihr seid nicht da. Und eigentlich habe ich ja gar kein Zuhause hier. Noch nicht.« Jetzt, endlich hatte er die Wärme in seiner Stimme wiedergefunden. Jetzt würde er seiner Frau wieder Sicherheit geben können. »Aber wenn ihr erst mal da seid …«
    Sie überhörte, wie er optimistisch den Ton zum Ende hin anhob. Stattdessen hörte er sie schniefen. Dann sagte sie: »Weißt du, was Belli vorhin gesagt hat?« Isabell, seine wunderschöne elfjährige Tochter, die nur Einsen in der Schule schrieb und eines Tages Bundeskanzlerin werden wollte. »Was hat sie denn gesagt?«
    »Sie hat mich gefragt: Wann kommt Papi denn mal wieder?«
    »Hast du ihr gesagt, dass ich am Wochenende nach Düsseldorf komme?« Er warf einen Blick auf seinen Kalender. Am Samstag Kleine Lage zur ewigen Euro-Krise. Die Kanzlerin hatte ihn dazugebeten. »Am Samstagnachmittag bin ich da.

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