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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht einmal, seine Verachtung zu verbergen. »Was ist Ihrer Meinung nach also geschehen?«
    Joe drehte sich wieder zu den beiden um. »Ich denke, der Hilfssheriff hat recht. Tuff wurde hier abgeworfen. Vermutlich
hat er sich irgendwie aufgerappelt und ist in Richtung der Ranchlichter da unten gegangen, bis er von etwas aufgehalten wurde.«
    »Vom Bär?«, fragte Reed.
    »Von etwas«, erwiderte Joe. »Ich glaube, der Bär kam viel später vorbei. Vielleicht erst wenige Minuten vor Bud Longbrake heute Morgen.«
    Der Hilfssheriff nickte, ließ sich die Sache durch den Kopf gehen und sah Barnum Bestätigung heischend an.
    »Das ist eine Schwachsinnstheorie«, spottete der Sheriff kopfschüttelnd. »Das war der Bär.«
    Er wandte sich ab und trottete den Hang hinab.
    »Hat ein Bär meinen Elch getötet und verstümmelt? Hat ein Bär ein Dutzend Kühe gerissen und derart zugerichtet?«, rief Joe ihm nach.
    Barnum winkte mit erhobener Hand ab.
    Diesmal folgte Joe ihm nicht.
    »Der Sheriff will unbedingt, dass ein böser Bär der Schuldige ist«, flüsterte Reed.
    Joe ächzte. »Denn was, wenn es kein Bär war?«

    Als Joe zu seinem Pick-up zurückkam, fuhr der Rettungswagen gerade mit der Leiche davon. Die Hilfssheriffs blieben und suchten den Tatort ab. In den Pausen tranken sie Kaffee und spekulierten darüber, was geschehen war. Joe schnappte auf, dass McLanahan von Aliens redete. Ein anderer Hilfssheriff vermutete, es könnte sich um einen Satanskult handeln. Ein Dritter brachte eine Theorie vor, wonach die Regierung in die Sache verwickelt war.
    Joe sah sich nach Barnum um und entdeckte den Sheriff schließlich bei geschlossener Tür und hochgefahrenen Scheiben
im Streifenwagen. Er schien jemanden über Funk anzubrüllen.
    »Wissen Sie es schon?«, fragte Bud Longbrake, als Joe an ihm vorbeiging.
    »Was?«
    Longbrake wies mit der Hutkrempe auf Barnums Auto.
    »Ein weiterer Leichenfund. In Park County, ungefähr achtzig Kilometer von hier.«
    Joe erstarrte. »Um wen geht’s?«
    Der Rancher hob die offenen Hände. »Hab keinen Namen gehört. Ein älterer Mann. Er wurde bei seiner Hütte gefunden.«
    »Verstümmelt?«, fragte Joe.
    »Wohl ja.«

Zweiter Teil

Elftes Kapitel
    »Meine Herren«, begann Bezirksstaatsanwalt Robey Hersig, »ich eröffne das erste Strategietreffen der neu gebildeten Arbeitsgruppe ›Mord und Verstümmelungen in Nordwyoming‹.«
    »Wie ich den Namen hasse!«, seufzte Sheriff Barnum.
    Es war Mittwochmorgen, zehn Uhr, vier Tage nach Entdeckung der Leichen von Tuff Montegue und Stuart Tanner. Sieben Männer waren in einem Zimmer des Verwaltungsgebäudes von Twelve Sleep County um einen ovalen Tisch versammelt. Für gewöhnlich fanden hier Ausschusssitzungen statt. Die Tür war geschlossen und die Jalousien heruntergelassen.
    Joe und Robey Hersig saßen sich an den Enden des Tisches gegenüber und tauschten einen kurzen Blick. Der Bezirksstaatsanwalt wirkte bereits frustriert, noch bevor das Treffen überhaupt richtig begonnen hatte. Die beiden waren befreundet und gingen gern zusammen Fliegenfischen. Da der Gouverneur jemanden von der Jagd- und Fischereibehörde in der Arbeitsgruppe hatte sehen wollen, hatte Hersig für Joe plädiert, sehr gegen den Widerstand seines Freundes Barnum, der jeden lieber gesehen hätte als Joe, und sogar des Gouverneurs, der kriminaltechnischer und naturwissenschaftlicher Fachkenntnisse wegen einen Biologen bevorzugte. Joe wollte lieber selbstständig arbeiten, doch Trey Crump, sein direkter Vorgesetzter, hatte ihm per Telefon eindeutig zu verstehen gegeben, dass er die Jagd- und Fischereibehörde zu vertreten habe.

    Die Arbeitsgruppe selbst war Gouverneur Budds Antwort auf die vielen Anrufe von Nachrichtensendern und Zeitungen aus Wyoming sowie von Geschäftsleuten aus den von den Morden betroffenen Countys Twelve Sleep und Park. Brian Scott, Moderator einer in ganz Wyoming ausgestrahlten Radiosendung, hatte begonnen, jeden Morgen ironisch die Frage nach dem »Stand der Verstümmelungen« zu stellen. Er rasselte die Zahl der toten Wildtiere, Rinder und Menschen herunter und stellte diese Opfer der ausbleibenden Reaktion aus dem Büro des Gouverneurs gegenüber. Da die Kampagne zu seiner Wiederwahl schon in knapp einem Jahr anstand, gab Budd dem Druck rasch nach und verkündete die Bildung der Arbeitsgruppe. Zuvor aber hatte sein Stabschef Robey Hersig angerufen, welcher zugegeben hatte, das Sheriffbüro komme mit den Ermittlungen nicht voran. Da er Barnum kannte,

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