Kalte Spuren (German Edition)
es funktionierte. Jetzt musste sie so schnell wie möglich verschwinden.
Gwen legte Datenbrille und Headset ab, warf einen letzten Blick in die Runde und verließ die Kommunikationszentrale. Sie ging den Weg zurück bis zum Aufzug, wo noch immer die beiden Bodyguards warteten. Die wurde sie wohl nicht los. Aber gut, damit hatte sie gerechnet.
Sie sah auf die Uhr. Hannigan konnte in frühestens zwei Stunden in Lynchburg sein.
»Ma’am?«, fragte einer der Wächter.
»Ich muss kurz hoch«, sagte sie.
Der Mann nickte und gab die Kabine frei. Beide Wächter stiegen zu und wieder wurde die Plastikkarte durch einen Schlitz am Paneel gezogen. Gwen streckte den Arm aus und drückte den Knopf für das Erdgeschoss.
Die Türen schlossen sich und die Kabine fuhr nach oben. Gwen schob die Hände in ihre Manteltaschen und umfasste das kleine Injektionsgerät, das Hannigan bereits bei Gabrielle verwendet hatte. Nur, dass es diesmal nicht mit einem Wahrheitsserum bestückt war.
Das Kellergeschoss leuchtete auf. Gwen zog die Hand aus dem Mantel, setzte den Injektor an den Hals des Mannes neben ihr und drückte ab. Der zweite Wächter hörte das Zischen der Hochdruckpistole. Sein Kopf fuhr herum, doch da hatte Gwen ihm bereits eine Injektion versetzt.
Der Paralyzer unterbrach die Kommunikation der Synapsen zu den Muskeln und würde die beiden Männer für die nächste halbe Stunde vollkommen bewegungsunfähig zurücklassen. Sie konnten atmen, ihr Herz schlug, ja sie hielten sich sogar auf den Beinen – aber sie waren nicht in der Lage, einen Schritt zu tun. Und sie würden sich an nichts erinnern, sobald die Wirkung des Paralyzers nachließ.
Die Kabinentüren schoben sich beiseite. Gwen verließ den Fahrstuhl und durchmaß die mit Fliesen belegte Eingangshalle des Bürogebäudes. Während sich hinter ihr die Aufzugtüren schlossen, winkte ihr der Pförtner zu.
»Mrs Stylez, ich dachte, Sie wären außer Haus.«
»Ich bin vor einer halben Stunde zurückgekehrt.« Sie lächelte ihn an und hoffte, er würde nicht nach irgendwelchen Details fragen. Sicherlich wusste er über Gabrielle Stylez nur, dass sie Sekretärin für irgendeine in dem Gebäude ansässige Firma war. Von den Büroräumen der Organisation tief unterhalb des Kellergeschosses ahnte er nichts. So war es auf der ganzen Welt. Die Organisation betrieb Scheinfirmen, um ihre wahre Existenz zu verschleiern. »Und schon bin ich wieder weg.«
»Einen schönen Tag, Mrs Stylez.«
»Ihnen auch.« Im Vorbeigehen sah sie sein Namensschild. »Harry.«
Der Mann strahlte über beide Backen.
17:15 Uhr
Eileen gabelte Gwen nach einem kurzen Telefonat etwa drei Meilen nordöstlich von Lynchburg an einer Raststätte an der US-29 auf. Sie fuhren weiter nach Norden Richtung Charlottesville und hielten in einem kleinen Nest namens Covesville bei einem Diner. Während der Fahrt sprachen sie nicht, sondern beobachteten nur aufmerksam die ländliche Umgebung und behielten den Rückspiegel im Auge. Soweit sie sehen konnten, gab es keine Verfolger. Das bedeutete aber nicht, dass man sie möglicherweise nicht aus der Luft überwachte. Soweit Eileen verstanden hatte, verfügte die Organisation über Möglichkeiten, die manchen Geheimdienst vor Neid erblassen ließen. Satellitenortung gehörte ebenso dazu, wie Gwendolyn ihr verriet.
Das Ländliche wich einer Waldgegend, durch die die US-29 ihren Weg weiter nach Norden suchte.
Eileen fuhr einen Porsche Cayenne, den sie in Atlanta einem Autohändler gegen den Lexus abgeschwatzt hatte. Sie musste noch einiges draufzahlen, was mit Hilfe der Ghost Card aber das kleinste Problem war.
Der Wagen stand draußen in Sichtweite. Es war merklich kälter geworden und der Wetterbericht hatte für morgen Schnee angesagt. Covesville war nur eine kleine Gemeinde in Albermale County, knapp zwanzig Meilen von Charlottesville entfernt. Es bestand weitgehend aus einer Hauptstraße, der US-29, und einigen abzweigenden Nebenstraßen – von Wald, Feldern und Gebirge umgeben.
Eine Bedienung schenkte Kaffee aus einer Kanne ein und nahm die Bestellung auf. Eileen orderte eine Portion Chili, während sich Mrs Stylez mit einem Chicken-Sandwich begnügte. Die beiden saßen in der hintersten Ecke des Diners. Nur zwei weitere Gäste waren um diese Zeit anwesend. Ein Waldarbeiter in kariertem Hemd und Steppweste saß am Tresen und schlürfte einen Kaffee, während er sich in eine Zeitung vertiefte. Und am anderen Ende des Lokals hockte ein Mann, der sich über
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