Kalte Wut
ankam, habe ich am gegenüberliegenden Ufer ein Cafe gesehen und dicht daneben ein Restaurant. Zuerst beschäftigen wir uns eine Weile mit Kaffeetrinken, womit wir aus der Kälte heraus und außer Sichtweite sind. Später gehen wir dann in das Restaurant und essen etwas.«
»Ausnahmsweise einmal eine gute Idee von Ihnen«, gab Marier zu. »Wir könnten genau gegenüber der Stelle sitzen, an der die Kähne festmachen, und haben damit eine gute Gelegenheit, unsere Gegner zu beobachten.«
»Und wir holen die Wagen – ich möchte nicht, daß sie weit weg von hier auf der Halbinsel stehen, wenn wir vielleicht um unser Leben rennen müssen.«
»Noch eine gute Idee. Ich möchte das, was in meinem Renault ist, in meiner Nähe haben. Er ist eine mobile Bombe
…«
Philip kehrte in Tweeds Suite im Österreichischen Hof zurück, wo er bereits besorgt erwartet wurde. Er warf seinen Lammfellmantel über die Rückenlehne eines Sessels und sank dann darauf nieder.
»Tut mir leid, daß ich so spät komme«, sagte er zu Paula und Tweed. »Es hat sich gelohnt, aber draußen herrscht eine Temperatur wie am Nordpol. In einer Gasse habe ich eine große Holztonne gesehen, die das Wasser vom Dach auffängt. Sie war voll und mit einer dicken Eisschicht bedeckt …«
»Ich werde beim Zimmerservice Kaffee für Sie bestellen«, sagte Paula.
»Der würde mir gut tun. Und ein paar belegte Brote. Eine reguläre Mahlzeit brächte ich jetzt noch nicht hinunter. Ich bin mir vorgekommen wie in einem Eiskeller.«
»Sie haben etwas herausgefunden?« erkundigte sich Tweed.
»Ich glaube, Sie werden finden, daß meine Wanderung durch die Altstadt sich gelohnt hat. Es gibt etliche Dinge, die Sie wissen müssen. Vielleicht sollte ich mit einem höchst unerfreulichen Typ anfangen. Einem gewissen Mr. Ronald Weatherby. ›Nennen Sie mich Ronnie …‹«
Anschließend berichtete Philip über seine überraschende Begegnung mit Ziggy Palewksi. Tweed, der sich ihm gegenüber niedergelassen hatte, ließ sich kein Wort entgehen. Paula schaute besorgt drein, als Philip von seinem Zusammentreffen mit den drei Gangstern berichtete.
»War einer von ihnen – oder alle – tot, als Sie sie verließen?«
erkundigte sich Tweed leise.
»Ich habe keine Ahnung.« Es hörte sich an, als wäre Philip ihr Schicksal völlig gleichgültig. »Es war: sie oder wir. Und ich habe mein Bestes getan, dafür zu sorgen, daß sie es waren.«
»Gute Arbeit.« Tweed wirkte nachdenklich. »Und vielleicht haben Sie noch mehr bewirkt, als Ihnen bewußt ist.«
»Wieso das?« fragte Paula.
»Weil die Nachricht sofort an Walvis weitergeleitet werden wird. Die Tatsache, daß einer unserer Männer drei von seinen ausgeschaltet hat, wird ihn beunruhigen und könnte ihn zu weiteren unbedachten Handlungen verleiten. Ich bin sicher, daß er ein massives Ego hat. Ich will es aufwühlen, es herausfordern.
Aber das wichtigste Ereignis während Philips Wanderung durch die Altstadt ist seine Begegnung mit Palewski. Wo ist diese Brodgasse?«
»Ich habe einen Stadtplan besorgt«, sagte Paula.
Sie breitete ihn auf einem Beistelltisch aus. Philip trat neben sie und deutete auf die Straße.
»Die Altstadt ist sehr kompliziert. Ich habe die Brodgasse gefunden, nachdem Palewski sich in Luft aufgelöst zu haben schien. Am hinteren Ende der Straße kommt man auf einen der vielen Plätze, den Residenzplatz. Von dort aus geht man weiter bis zum Domplatz …« Sein Finger fuhr über die Karte. »Und dann immer weiter, bis man die Stelle erreicht hat, von der aus die Festungsbahn nach Hohensalzburg hinauffährt. Es ist sehr einsam dort oben, und man hat das Gefühl, als stünde man auf einer Wolke, von der aus man direkt ins Labyrinth der Altstadt hinunterschaut.«
»Waren viele Leute oben auf der Festung?« fragte Tweed beiläufig.
»Außer mir niemand. Ich war der einzige Fahrgast, sowohl aufwärts wie abwärts. Von der Plattform aus hat man außerdem einen fantastischen Blick auf die Alpen, aber man kommt sich dort oben sehr isoliert und einsam vor.«
»Könnte genau der richtige Ort sein«, sinnierte Tweed.
»Der richtige Ort wofür?« fragte Paula.
»Ich habe nur laut gedacht. Bei dem, was mir durch den Kopf geht, wäre mir wohler, wenn Newman und Marier bei mir wären …«
Das Telefon läutete. Tweed nahm rasch den Hörer ab, beinahe nervös, fand Paula.
»Ja?« sagte er.
»Bob hier, von Sie wissen schon. Und mein Kindermädchen ist vor einiger Zeit gleichfalls eingetroffen, um meine
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