Kalte Wut
ein sehr großes Büro mit einem sehr großen Schreibtisch zur Verfügung gestellt. Er stand auf und kam um den Schreibtisch herum, um Paula zu begrüßen.
»Sie sind eine Dame mit sehr viel Mumm, sonst würden Sie nicht für diesen zähen Brocken arbeiten.«
Er legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie an sich.
Sie lächelte ihn an, als er ihren Koffer nahm und neben seinen Schreibtisch stellte.
»Sie sind selbst ein ziemlich zäher Brocken, Otto.«
Kuhlmann wendete sich an Philip. »Das Leben hat Ihnen übel mitgespielt, mein Freund, aber heute abend haben wir vermutlich Gelegenheit, die Rechnung ein wenig auszugleichen.« Während er mit seiner knarrenden Stimme sprach, zog er einen bequemen Sessel heran und bedeutete Paula, sich darauf niederzulassen.
Dann sagte er über die Schulter hinweg zu Tweed:
»Sehen Sie zu, daß Sie auch etwas finden, worauf Sie Ihr Hinterteil deponieren können. Man sollte nie stehen, wenn man auch sitzen kann.«
»Ich komme mir vor wie das fünfte Rad am Wagen«, sagte Newman scherzhaft; er stand nach wie vor an der geschlossenen Tür.
»Sie sind das fünfte Rad«, erklärte ihm Kuhlmann, »aber vielleicht finden wir auch für Sie irgendeine Beschäftigung.
Stellen Sie Ihren Koffer ab und setzen Sie sich.« Dann wendete er sich wieder an Paula.
»Sie sehen hungrig aus. Wie wäre es mit ein paar Schinkenbrötchen? Kaffee mit Milch, ohne Zucker. Erinnere ich mich richtig?«
»Vollkommen. Ich könnte ein Pferd verspeisen.«
»Vielleicht werden Sie genau das tun.«
Er begab sich rasch zu seinem Schreibtisch und beugte sich über die Gegensprechanlage. »Kaffee und Schinkenbrötchen für alle?« erkundigte er sich.
Köpfe nickten. Philip, noch immer mitgenommen von seinem Zusammentreffen mit Lucien, setzte sich auf die Kante eines kleineren Schreibtisches.
Bei ihrer Ankunft in München hatte Tweed Marier, Nield und Butler ins Hotel Vier Jahreszeiten geschickt. Ronald Weatherby hatte sie begleitet. Tweed, der nicht sicher gewesen war, wie Kuhlmann auf sein unvermutetes Eintreffen reagieren würde, hatte nicht mit allzu vielen Leuten aufkreuzen wollen.
Kuhlmann hatte auf einen Knopf der Gegensprechanlage gedrückt, nach seiner Zigarre gegriffen und seine Anweisung mit der Zigarre im Mundwinkel erteilt.
»Kuhlmann hier. Ich möchte reichlich Schinkenbrötchen für fünf Personen. Und literweise Kaffee. Aber nicht die Brühe aus der Kantine. Schicken Sie jemanden in dieses Lokal, das die ganze Nacht geöffnet hat, und sehen Sie zu, daß das Zeug in fünf Minuten hier ist.«
Er wendete sich an Tweed. »Es gibt Neuigkeiten.«
»Hört sich an wie schlechte Neuigkeiten«, sagte Tweed leise.
»An schlechten Neuigkeiten herrscht heutzutage kein Mangel«, erwiderte Kuhlmann und sah Tweed an. »Entweder können Sie Gedanken lesen – oder, was wahrscheinlicher ist, meinen Tonfall.
Teardrop war wieder am Werk.«
»Großer Gott, nein!« rief Paula.
»Leider doch. Und sie hat ihre Farben geändert. Der letzte Mord wurde vor ungefähr einer Stunde begangen. Eine fleißige Dame. Muß das Geld nur so scheffeln.«
»Wer war das Opfer?«
»Manfred Hellmann, Verkäufer von Waffen an jedermann, der seine Preise bezahlen konnte – mit Ausnahme von Terroristen, die ihm zuwider waren. Hellmann ist – war – ein großer Freund des weiblichen Geschlechts, also dürfte Teardrop leichtes Spiel gehabt haben.«
»Aber warum wurde er umgebracht?«
»Ich vermute, Walvis hat erfahren, daß er Waffen an Leute verkauft hat, die ihm lästig waren. Und ihm gefährlich werden konnten.« Sein Blick flackerte zu Philip und schnell wieder von ihm weg. Offensichtlich bedauerte er es, ihn angesehen zu haben, denn er setzte schnell hinzu: »Ein Mann, dessen Beschreibung auf Marier hindeutet, wurde, als Sie das letztemal in München waren, beim Verlassen von Hellmanns Villa beobachtet. Aber wer weiß, was Walvis’ Gründe in Wirklichkeit waren.«
»Sie sagten, Teardrop hätte ihre Farben geändert«, erinnerte ihn Tweed.
»Ja, die Dame, die Hellmann einen Besuch abgestattet hat, war ein Rotschopf. Diesmal keine schwarze Kappe und kein schwarzer Schleier. Zur Abwechslung einmal eine elegante Frau mit roten Haaren. Vermutlich eine Perücke.«
»Sie sagten, der Mord wäre vor einer Stunde begangen worden«, erinnerte sich Tweed. »Weshalb sind Sie so sicher, daß es Teardrop war?«
»Purer Zufall. Der hiesige Gerichtsmediziner, der gut bezahlt wird und sein Einkommen außerdem noch mit
Weitere Kostenlose Bücher