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Kalte Wut

Kalte Wut

Titel: Kalte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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solange sie sich noch im dichten Verkehr in den Vororten befanden, hatte Lisa offensichtlich versucht, sich zu tarnen. Für ein paar Minuten hatte Marier sie aus den Augen verloren, doch dann hatte er den cremefarbenen Jaguar wieder vor sich entdeckt. Lisa trug jetzt eine Sonnenbrille und hatte sich ein grünes Kopftuch umgebunden.
    Später unternahm sie keinen Versuch, ihn abzuhängen, aber sie gab ein irrsinniges Tempo vor. Hinter Pentworth, als sich bereits die wellenartigen Kämme der South Downs vor dem klaren blauen Himmel abzeichneten, näherten sie sich gerade einer Kurve, als sie plötzlich noch schneller wurde.
    Marier gab Gas, umrundete die Kurve und fand sich plötzlich neben ihr. Außerhalb seiner Sichtweite hatte sie gebremst und fuhr jetzt ganz gemächlich. Vor ihnen lag eine gerade Strecke, und ein schwerer Laster brauste auf sie zu.
    Er hatte zwei Möglichkeiten. Er konnte bremsen und sich schnell hinter sie setzen. Die andere Möglichkeit bestand darin, noch schneller zu werden und vor den Jaguar zu gelangen, bevor der Laster ihn erreicht hatte. Für alle drei Fahrzeuge war die Straße nicht breit genug.
    Lisa bedeutete ihm mit einem Handzeichen, vorauszufahren, und bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln. Er nickte, ohne das Lächeln zu erwidern, gab Gas und betete, daß sie nicht so verrückt sein würde, dasselbe zu tun. Sie behielt ihre geringe Geschwindigkeit bei, und er glitt nur Sekunden, bevor der Laster vorbeidonnerte, an ihr vorbei. Der Fahrer zeigte Marier den Vogel.
    »Verdammte Laster«, sagte Marier laut. »Nur weil sie so groß sind, glauben sie, die Straße gehörte ihnen.«
    Ehe er recht wußte, was geschah, jagte der Jaguar an ihm vorbei, und Lisa winkte, ohne sich umzusehen. Während der ganzen restlichen Strecke nach Chichester überholten sie sich noch mehrmals gegenseitig, wenn die Straße frei war.
    Als sie das Hotel erreicht hatten, bog sie vor ihm auf den Parkplatz ein und belegte den letzten überdachten Platz. Er fluchte leise vor sich hin. Sie stieg mit ihrem kleinen Koffer und ihrer Handtasche aus und winkte ihm abermals zu. Bevor sie in die kleine, mit Kopfsteinen gepflasterte Gasse einbog, die zum Eingang des Dolphin and Anchor führte, rief sie ihm über die Schulter hinweg zu: »Wir sehen uns in der Bar. Sie schulden mir einen doppelten Scotch.«

49
    »Marier ist am Telefon«, meldete Monica.
    »Sie sind der letzte, der sich meldet«, erklärte Tweed, ohne seine Irritation zu verhehlen, als er das Gespräch an seinem Apparat entgegennahm. »Sie haben doch ein Handy.«
    »Keine Chance, es zu benutzen«, sagte Marier knapp. »Widrige Umstände. Lisa Trent und ich sind im Dolphin eingetroffen.«
    »Hat sie Sie bemerkt?« fuhr Tweed ihn an.
    »Soll das ein Witz sein?« erwiderte Marier ebenso gereizt. »Sie ist das gerissenste Luder, mit dem ich es seit langem zu tun hatte.«
    »Das bedeutet, sie hat Sie bemerkt.«
    »Genau das bedeutet es. Und jetzt habe ich mich gemeldet. Bis demnächst …«
    »Wir werden uns …«, setzte Tweed an, dann wurde ihm klar, daß die Verbindung unterbrochen war.
    »Durchaus möglich, daß es ein schweres Stück Arbeit war«, sagte Paula besänftigend.
    »Für Marier?« sagte Tweed ungläubig. »Bei einer Frau?«
    »Manche Frauen sind nun einmal ziemlich schwierig«, erklärte Paula.
    Newman, der mitbekommen hatte, worum es bei diesem telefonischen Austausch von Höflichkeiten gegangen war, grinste noch, als die Tür aufflog und Howard hereinstürmte. Newman setzte rasch eine undurchdringliche Miene auf.
    »Freue mich, Sie heil und gesund wieder hier zu sehen«, sagte Howard atemlos.
    Er sank in einen Sessel. Er trug wie üblich einen neuen Chester Barrie-Anzug von Harrods, ein weißes Hemd und eine auffallende Krawatte. Paula fand, daß er erschöpft aussah.
    »Komme gerade aus dem Verteidigungsministerium«, teilte er Tweed mit. »Bin stundenlang dort gewesen – im Zusammenhang mit Ihrem Anruf aus München wegen der Sicherheit der restlichen Regional Controllers. Sie können sich nicht vorstellen, welche Schlacht ich mit diesen Bürokraten ausfechten mußte. Ständig mußte ich verlangen, mit einem höhergestellten Beamten zu sprechen. Danach fing alles wieder von vorne an. Schließlich habe ich die Beherrschung verloren und gesagt, ich würde mich direkt an den Premierminister wenden. Das hat’s bewirkt.«
    »Was bewirkt?«
    »Daß sie schließlich aufgewacht sind. Sie haben jeden der betroffenen Männer angerufen, ihn angewiesen,

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