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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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oder er spielt Karussell mit ihm, indem er ihn um sich herumschleudert. Mich lobt er immer, wenn ich Janusz versorge und der Kleine dabei lachen muss, weil ich ihn kitzele oder ihm auf den Bauch puste.
    Władka sieht sich mit sorgenvoller Miene meine Fußbekleidung an, aber sie kann mir auch nicht helfen. Trotzdem gehe ich, wenn es schön ist, mit Janusz manchmal ein Stückchen hinaus. Die Bäume stehen im Raureif, und wenn die Sonne es mittags schafft, die Nebel zu zerteilen, steht die Welt wie verzaubert in strahlendem Weiß. Schnee liegt noch nicht, aber das wird nicht mehr lange dauern.
    Bald ist Weihnachten.
     
    Wolfi ist besorgt.
    »Sag mal, Mama«, fragt er, »findet uns das Christkind denn hier überhaupt?«
    Huppe grinst, doch ich haue ihm den Ellenbogen in die Rippen, dass ihm das Grinsen vergeht.
    »Natürlich!«, beruhigt Mama Wolfi, aber es scheint ihn nicht zu überzeugen.
    »Woher soll es denn wissen, dass wir hier in diesem Kellerloch stecken?«
    Ja, woher? Der liebe Gott sieht alles, heißt es. Aber wir sind hier so verlassen, dass ich mich frage, ob er überhaupt weiß, wo wir sind.
     
    Der vierundzwanzigste Dezember. Für Wolfi endlich mal ein Weihnachten, an dem er nachmittags nicht ins Bett muss! Aber da kann ich gar nicht drüber lachen. Das erste Mal nicht zu Hause! Und die Gefühle spielen verrückt: Ich will Weihnachten zu Hause feiern! Ich will, dass alles so ist wie früher! So schön, so festlich, so geborgen und so glücklich! Und mit allen zusammen! – Wo die anderen wohl sind? Haben sie es bis Stuttgart geschafft? Ist Lisa bei ihnen? Und wo ist Papa? Lebt er noch?
    Ich könnte heulen, aber ich will nicht. Huppe heult nie, doch ich glaube, es geht ihm auch nicht besser. Mama seufzt, und wenn man sie fragt, sagt sie nichts.
    »Schon fast ein Jahr …«, hat sie neulich gesagt. »Nach einem vollen Jahr müssen wir doch endlich hier herauskommen...« Ich kann es mir schon gar nicht mehr vorstellen.
    In der Dämmerung macht Mama sich auf den Weg ins Dorf, um sich bei den Leuten, für die sie gerade strickt, ihre Milch und ein wenig Backobst abzuholen. Sie sieht traurig aus.
    Aber als sie wiederkommt, ist sie nicht wiederzuerkennen!
    »Kinder!«, ruft sie schon von der Tür her. »Kinder, das Christkind war wirklich da!«
    In der Hand trägt sie neben der Milch und der Tüte Backobst noch einen Beutel.
    Und dann erzählt sie, wie auf dem Heimweg auf einmal eine Tür aufgegangen sei, eine alte Frau sei herausgekommen und habe ihr den Beutel zugesteckt. »Wesołych’ wigt!« 12 , habe sie freundlich gewünscht, noch einmal gewinkt und dann die Tür wieder zugemacht.
    Auf einmal sind wir alle richtig glücklich! Und als wir in den Beutel gucken, finden wir darin Brot, Milch, ein wenig Kuchen und sogar ein Tütchen Zucker.
    »Mann«, sagt Huppe, »das ist ja wie Weihnachten!«
    Ich knuffe ihn, aber nur, weil ich mich so freue. Und er knufft mich zurück.
    Nun wird es doch noch ein schönes Fest! Wir sitzen in unserer Ecke, im Herdloch des Kochkessels bullert es warm und eine der Frauen hat sogar ein paar Kerzen aufgetrieben. Alle zusammen singen wir die alten Weihnachtslieder und eines der Kinder sagt ein Weihnachtsgedicht auf: »Von drauß, vom Walde komm ich her …«
    Später essen wir voller Genuss von Kuchen und Backobst.
    »Schmeckt wie zu Hause«, meint Huppe mit vollen Backen.
    Ich sage nichts und mampfe nur.
    Und Wolfi strahlt.

ABGEHOLT
    Das Jahr 1946 hat angefangen, wie das alte aufgehört hat: Nebel wechselt mit Sonne und es ist kalt. Inzwischen ist Schnee gefallen, und ich bin froh, dass ich mit meinen Lumpen an den Füßen nicht allzu viel draußen herumlaufen muss. Anna versorge ich jetzt nur noch im Stall, ich gebe ihr Heu, miste aus und striegele sie. Striegeln mag sie gern und hält dabei ganz still.
    Die meiste Zeit bin ich mit Janusz zusammen. Manchmal saust er durchs Zimmer, dass ich blitzschnell reagieren muss, um Unheil zu verhindern. Alles, was entzweigehen kann, hat Władka zwar schon außer Reichweite geräumt, aber manchmal liegt da vom Zuschneiden eine Schere auf dem Tisch, eine Tasse ist nicht weggeräumt oder das heiße Eisen steht noch auf dem Bügelbrett. Vor den Ofen haben wir zwei Stühle gestellt und aus der Schreinerei ein paar Bretter davor gelehnt, damit Janusz sich nicht verbrennen kann.
    Wenn ich abends in der Werkstatt die Hobelspäne zusammenkehre, genieße ich jedes Mal aufs Neue den Duft des frisch geschnittenen Holzes. Oft nehme ich ein paar

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