Kalteis
scharf. Die Walburga war schon eine Rassige. Eine ganz Rassige war sie. Mit so einer hatte ich noch nie etwas. Ein Genuss war das für mich. Ehrlich, ein Genuss.
Danach hab ich sie dann ein paar Wochen nicht mehr gesehen.
Erst wie sie zu mir gekommen ist und gesagt hat, dass sie schwanger ist, da hab ich sie wiedergesehen.
Geheiratet haben wir, wie sie wieder schwanger war. Beim zweiten Kind. Am letzten Tag im Dezember, am 31.12.1937.
Ich hab mich erkundigt. Bei einem von der Partei und beim Amt. Die haben gemeint, das Beste sei es zu heiraten, wenn ich doch eh der Vater der Kinder bin. Ich würde dann besser wegkommen. Mit den Zahlungen und so.
Beim ersten Kind, da hat sie mir einmal meinen Lohn pfänden lassen, weil ich nicht rechtzeitig bezahlt hatte, und das wollte ich nicht noch einmal haben. So habe ich sie dann halt geheiratet.
Walburga
Ich erinnere mich noch, dass er an diesem Morgen erst sehr spät von der Schicht heimgekommen ist. So gegen Viertel vor fünf dürfte es gewesen sein. Ungewöhnlich war es eigentlich nicht, er kam öfters sehr spät vom Dienst nach Hause.
Ich habe nie nach dem Warum gefragt. Es war mir nur recht gewesen, dass er so spät erst heimkam.
Seine Kleidung war schmutzig, »von der Arbeit«, wie er zu mir sagte. Er zog sich aus und wusch sich am Wasserhahn in der Küche ab. Danach setzte er sich an den Tisch zum Frühstück. Ich hatte es in der Zwischenzeit gemacht. Wie immer hatte ich es gemacht. Wusste ich doch, was passieren würde, wenn er mit dem Frühstück fertig war.
Am Handgelenk würde er mich packen und hinüberziehen zum Küchentisch, auf das Kanapee oder mich einfach gegen die Tür pressen. Mit einer Hand würde er mich festhalten, das Gewicht seines ganzen Körpers gegen mich stemmen, so dass ich mich fast nicht mehr rühren kann, und mit der anderen unter mein Nachthemd greifen. Grob meine Beine spreizen. Ohne Zeit zu verlieren in mich eindringen. Ohne Gefühl, ohne jede Zärtlichkeit, mit einer solchen Rohheit und Gewalt, dass ich mich immer mehr ängstigte. Von Mal zu Mal.
Ich würde die Augen schließen und mich ruhig halten, um seine Erregung nicht noch mehr zu steigern. Manchmal ließ er von mir ab, abrupt, ohne den Höhepunkt erreicht zu haben. Beklagt hat er sich dann bei mir, dass ich so teilnahmslos und kalt sei, so ohne Leidenschaft und Wildheit. Sein Vergnügen müsse er sich deshalb anderswo suchen, wenn er sich nicht selbst befriedigen wolle.
Als er schon im Bett lag an diesem 30. September 1938, nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte ihn nach mehr Wirtschaftsgeld.
Das Geld reichte hinten und vorne nicht. Er müsse mir mehr Geld geben, wenn ich all diese Dinge davon zu bestreiten hätte. Die monatliche Miete alleine für unsere kleine Wohnung beträgt fünfundzwanzig Reichsmark, und da waren noch die Ratenzahlungen für die gekauften Möbel, und die Kleinen, die brauchten auch etwas zum Essen und Kleidung. Selbst bei sparsamster Haushaltsführung, wenn ich jeden Pfennig fünfmal umdrehe, wären diese fünfundzwanzig Mark Haushaltsgeld wöchentlich einfach zu wenig.
Ohne Ankündigung warf er schreiend die Bettdecke zurück. Sprang aus seinem Bett hoch direkt auf mich zu. Ich hatte nicht damit gerechnet. Nicht damit, dass er so heftig reagierte. Ich stand einfach nur da. Nicht in der Lage mich zu bewegen. Stand da im Raum, hörte ihn schreien und toben. Geschrien hat er, er hätte in diesem Hause keine Ruhe und was ich denn noch von ihm wolle. Ob es mir nicht genüge, sein Leben bereits zerstört zu haben, ihn zu dieser Heirat zu zwingen, die er nie gewollt hat. Und alles nur wegen dem Bankerten da. Mit den Füßen trat er gegen die Bettstatt, in der der Kleine lag. Immer wieder trat er dagegen. Erst jetzt konnte ich mich wieder bewegen. Lief auf das Kind zu. Wollte es schützen.
In genau diesem Augenblick traf mich der Schlag. Der Schlag in das Gesicht. Ich hatte ihn nicht kommen sehen, spürte nur die Faust in meinem Gesicht und Blut, das langsam und warm aus meiner Nase lief. Dann erst kam der Schmerz. Und die Wut. Von der Wucht des Schlages war ich auf das Bett gestürzt, ich wollte aufstehen, wollte mich wehren. Noch ehe ich auf den Beinen stand, kam der nächste Schlag. Ich fiel zurück auf das Bett.
»Beim nächsten Mal bleibst liegen. Da rührst dich nicht mehr, du und deine Bankerten!«
Mit diesen Worten drehte er sich um, zog sich frische Kleidung an und ging aus der Wohnung fort. In der ganzen Zeit war ich nur stumm
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