Kalter Amok
öffnete die Jalousie. Das bleiche Licht der Laterne draußen vor dem Haus fiel auf das Bett, dünne Streifen pulverblauen Lichts.
Er schaute sich um, betrachtete alles, sobald sich seine Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten. Dann begann er zu schnüffeln. Sie konnte es zunächst kaum glauben, aber er schnüffelte wie ein Hund und schaute sich dazu um.
»Ich schalte die Klimaanlage nicht ein, wenn ich nicht hier bin«, erklärte sie verteidigend. »Es ist zu teuer. Aber natürlich ist die Luft dann recht dumpf.«
»Ich mag es so«, sagte er.
Sie schaute ihn an. Scheiße. Ein Spinner. Ohne ein Wort zu sagen, langte sie durch die Lamellen der Jalousie und schob das Fenster hoch. Das Zimmer würde nicht allzu schnell auskühlen. Die Luft, die durch das Fenster hereindrang, war feucht und roch nach Meer.
Sie drehte sich um und schaute ihn an. »Wie wollen Sie es denn?«
»Haben Sie Körperpuder hier?« fragte er.
»Körperpuder?«
»Ja.«
»Ja, ich habe Körperpuder.«
»Den werden wir brauchen.«
Sie schüttelte den Kopf, ging ins Bad und kam zurück mit einer Dose Fabergé.
»Ist sie voll?«
»Ja. Ich hab’ seit langem keinen Puder benützt.«
»Gut«, sagte er. »Dann werden wir uns ausziehen.«
Aber er rührte sich nicht. Stand da mit den Armen an den Seiten, während er zusah, wie sie ihre Bluse aufknöpfte und auszog. Sie achtete nicht auf ihn, als sie den Rock und danach den Slip fallenließ, machte eine Schulterbewegung und nahm sich den Büstenhalter ab, dann ließ sie ihn fallen, streifte die Stumpfhose ab, ließ alles auf dem Boden liegen und wandte sich dann ihm zu.
Während sie ihn anschaute, begann er sich auszuziehen. Sie nahm an, das war ein Teil dessen, was ihn besonders aufregte. Er hatte keineswegs einen unattraktiven Körper. Sein olivfarbener Teint war gleichmäßig und hatte die Straffheit der Jugend. Sie sah, daß er etwas tat für seine Figur, und wenn er sich bewegte, dann mit der Gelenkigkeit eines Tänzers, grazil und selbstsicher. Vielleicht wurde es doch keine schlechte Sache.
Er legte die Hose sorgfältig auf einen Stuhl, wobei er sich bemühte, die Bügelfalte zu erhalten und keine anderen Falten entstehen zu lassen. Die Schuhe stellte er nebeneinander vor den Stuhl, die Socken legte er zusammen und steckte sie in die Schuhe hinein. Als alles ordentlich hingelegt war, langte er in eine seiner Jackentaschen und nahm einen Parfümzerstäuber heraus. Er ging zum Bett und stellte den Zerstäuber auf den kleinen Glastisch. Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich auf das Bett, legte sich dann langsam nieder im Schein des Lichts von draußen, streckte die Beine aus, preßte sie zusammen und drückte auch die Arme und Hände steif an die Seiten.
Sie stand da und wartete auf seine Anweisungen.
»Streu den Puder über mich«, sagte er. Er hatte die Augen geschlossen.
»Wohin?« fragte sie dümmlich.
»Überall.« Seine Stimme klang leise und unbewegt.
»Auch auf das Gesicht?«
»Überall hin.«
Sie begann, überstäubte ihn mit einer dünnen Schicht Puder, wobei sie an den Füßen begann und sich allmählich nach oben arbeitete. Als sie bei den Schenkeln angekommen war, hielt sie einen Augenblick lang inne und gab dann eine besonders dicke Lage auf seine Lenden, weil sie dachte, daß ihm das Spaß machte, dann fuhr sie fort, bis sie den Oberkörper, das Gesicht und den Kopf bestäubt hatte.
»Okay«, sagte sie.
»Mach weiter, bis ich ganz weiß bin.«
Sie zögerte.
»Du vergeudest meine Zeit«, fuhr er sie an. »Na los, mach schon weiter.«
Sie begann wieder, streute diesmal größere Mengen von Puder auf ihn, bis er sich in den Haaren an den Beinen, auf der Brust und zwischen den Beinen gehäuft hatte. Sie puderte ihn, bis alle kleinen, drahtigen Härchen begraben waren, während er still dalag, bis auf einen Teil von ihm, der sich wie eine lepröse Schlange erhoben hatte aus der weißen Fläche. Sie fuhr fort, ihn zu pudern, bis sein Körper zu zittern begann mit einer sexuellen Intensität, die sie als lange aufgestautes Verlangen erkannte.
»Stop«, sagte er plötzlich, und sie zuckte zusammen.
Er lag absolut ruhig da und schwitzte heftig unter der Puderschicht. Danach, ganz langsam bewegte er erst die Beine, dann die Arme, und erhob sich vom Bett in der steifen Art einer Leiche, die in einem Horrorfilm aus einer Kalkgrube gezogen wird. Er blieb neben dem Bett stehen; der Puder war an seinem Körper festgeklebt wie Gips, bis auf zwei dunkle Stellen, wo er das
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