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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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Weiß weggeblinzelt hatte: Seine Augen starrten sie an.
    »Leg dich auf das Bett«, sagte er.
    Seine Stimme hatte sich deutlich verändert. Die Unterwürfigkeit war hinter der Schicht aus Puder verschwunden, und an ihrer Stelle gab ein herrischer Leichnam die Kommandos in grausamem, hartem Befehlston. Sie ging zögernd zum Bett, wußte instinktiv, daß sie es jetzt mit einer völlig veränderten Persönlichkeit zu tun hatte. Das war nicht der Mann, der ihr die zweihundert Dollar bezahlt hatte. Sie legte sich in die weißen Umrisse, die seine Position andeuteten, und nahm seine vorherige Stellung ein. Sie versuchte, seine Gedanken zu lesen, und um ihm zu Gefallen zu sein, nahm sie die Dose und begann ihren Körper zu pudern.
    »Nein!« keuchte er, und sein Mund war ein schwarzes Loch im Puder, als er sich bewegte. Er nahm ihr die Dose ab und stellte sie auf den Boden. »Mach die Beine breit. Die Arme auch.«
    Sie wollte nicht. Es war eine ungeschützte Position, vor allem unter diesen Umständen – fast eine Art Opferung.
    »Tu schon, was ich dir sage!«
    Sie begann langsam die Beine zu spreizen.
    »Weiter.«
    Es war ein schwerer Fehler gewesen. Das war nicht in einer halben Stunde vorbei. Es würde erst vorbeisein, wenn er das erreicht hatte, was er tun mußte. Sie versuchte, an die zweihundert Dollar zu denken.
    »Schließ die Augen!« befahl er.
    Sie schloß sie nur teilweise und beobachtete ihn nervös durch die Wimpern. Er streckte einen weißen Arm aus, nahm den Zerstäuber vom Glastisch und ging damit ans Fußende des Betts, so, daß sie ihn nicht sehen konnte.
    Plötzlich traf ein kühler Schauer ihre Fußsohlen. Er sprühte auf die Zehen und langsam die Beine nach oben; der kühle Spray traf ihren Schoß und füllte den Raum mit dem süßlichen Duft von Lavendel. Zwischen den Beinen wartete er kurz; sie hatte es geahnt. Der kühle Nebel erreichte ihren Bauch, kroch weiter nach oben bis zu ihren Brüsten. Als sie glänzten und sich kleine, parfümierte Bächlein bildeten, sprühte er weiter nach oben bis zu ihrem Gesicht.
    »Atme es ein«, sagte er, und sie fühlte den Nebel. Der Duft bewirkte Übelkeit. »Einatmen – tief…« forderte er und sprühte den Nebel auf ihr Gesicht. Sie atmete das Zeug ein, fühlte, wie es in ihren Mund und in die Lungen drang, bis sie befürchtete, daß sie daran ersticken würde. Als sie gurgelnde Geräusche von sich gab, hörte er auf.
    »Laß die Augen zu«, warnte er sie.
    Sie sah durch die parfümverklebten Wimpern, wie er sie umkreiste, sie von hoch oben besprühte, sich dann duckte und rhythmisch flüsterte. Er bewegte sich wie bei einer gespenstischen Samba, so nahe, daß sie das Zischen des Zerstäubers hörte, zusammen mit ihren tiefen Atemzügen, während sie in dem Lavendelduft dahintrieb. Sie sah ihn, weiß wie ein Gespenst, im Schein des bläulichen Lichts, als er sie in einem geheimen Ritual umtanzte, das ihn völlig beherrschte und sie vor Angst erstarren ließ.
    Plötzlich hörte er auf. Er stellte den Zerstäuber auf den Boden neben die Puderdose, und sie fühlte, wie das Bett unter seinem Gewicht nachgab, als er sich direkt über sie beugte. Dann, langsam wie ein Insekt, das sich aus dem Kokon schält, kratzte er sich den Puder mit den Fingernägeln ab. Er begann mit dem Gesicht, ließ die Brösel des schweißverklebten Puders auf ihr Gesicht fallen, wo es sich im Lavendelparfüm auflöste und in den Tränen, die sie nun nicht mehr zurückhalten konnte. Seine Lepra wurde die ihre, als er sich nach unten arbeitete, den festgebackenen Puder von seinem Hals auf ihren Hals fallen ließ, von seiner Brust auf die ihre, von seinem Bauch auf den ihren…

13
     
    Lieutenant Bob Dystal hatte zwei identische schokoladenbraune Anzüge. Beide hatte er erst kürzlich gekauft, als er seinen einzigen anderen, einen rostfarbenen Freizeitanzug mit weißen Nähten, schließlich hatte ausmustern müssen, weil seine Schäbigkeit allmählich Aufsehen erregte. Er kaufte sich die zwei gleichen Anzüge aus drei Gründen: erstens, weil sie im Ausverkauf billig zu erhalten waren, zweitens, weil er die Farbe mochte, und drittens, weil es zu jeder Zeit schwer genug war, in irgendeinem Geschäft zwei Anzüge Größe achtundvierzig zu finden, die so sehr nach Mittelklasse aussahen, daß Dystal sich darin wohlfühlte.
    Vom ersten Tag an, als Dystal einen seiner neuen Anzüge getragen und Haydon gesagt hatte, daß er sich noch einen zweiten, identischen gekauft habe, fragte sich Haydon, wie

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