Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
bin. Leider weiß ich niemanden, der meine Aussage bestätigen kann. Keine Anrufer, keine Besucher, nichts«, berichtete er. Dann sah er Hanno an: »Aber vielleicht kannst du ja bestätigen, dass mein Auto den ganzen Abend auf dem Hof stand?«
»Natürlich, Vater, aber zu den Benneckes kann man schließlich auch zu Fuß gehen. Keine zehn Minuten von hier, würde ich sagen. Wir waren übrigens auch zu Hause, Petra und ich. Petra hat am Rechner gesessen und ich habe gelesen.«
Pia nahm sich vor, die Gegend rund um den ›Grund‹ später noch einmal zu Fuß zu erkunden, auch wenn Gummistiefel dazu unerlässlich sein würden.
»Kann ich jetzt gehen?«, fragte Hanno ungeduldig und wischte sich die scheinbar feucht gewordenen Handflächen an der Arbeitshose ab. Er sah von Pia zu seinem Vater und zurück. Der alte Suhr räumte die benutzten Kaffeebecher in die Spülmaschine und tat so, als wären sie alle gar nicht vorhanden.
»Sagen Sie mir nur noch, ob Sie mit einem Jagdgewehr schießen können und ob Sie eines besitzen.« Pia beobachtete, wie Hanno in der Bewegung erstarrte. Auch Marten im Hintergrund und August Suhr schienen einen Moment innezuhalten und abzuwarten.
»Ich habe natürlich einen Jagdschein, fast jeder hier hat einen. Und unsere Gewehre befinden sich im Waffenschrank in Vaters Büro. Sie können gerne nachschauen, nur weiterhelfen wird es Ihnen nicht. Wir haben mit dem Mord an den Benneckes nichts zu tun.«
»Auch ein Ausschluss bringt uns voran. Danke für das Angebot«, versetzte Pia trocken. »Sie können jetzt gehen, ich habe nur noch ein paar Fragen an Ihren Vater.«
Hanno sah unschlüssig von einem zum anderen, dann zuckte er gleichgültig mit den Schultern und verließ den Raum.
Als die Haustür ins Schloss fiel, drehte sich August Suhr um und sah Pia direkt in die Augen: »Sie halten uns jetzt wahrscheinlich für unfreundlich, aber uns regt die ganze Geschichte, die da unten auf dem ›Grund‹ passiert ist, furchtbar auf. So ein Mord in direkter Nachbarschaft, bei Leuten, die man kennt, das bringt uns doch hier alle in Verruf«, sagte er resigniert. »Ich verstehe, dass Sie auch nur Ihre Arbeit tun, aber niemand lässt sich in seinem eigenen Haus gern behandeln wie ein Schwerverbrecher.«
»Wir behandeln Sie nicht wie Schwerverbrecher, wir versuchen nur herauszufinden, wer Ihre Nachbarn ermordet hat. Wenn Sie irgendetwas wissen, eine Kleinigkeit, die uns weiterhelfenkönnte, so sagen Sie es einfach. Ist Ihnen etwas aufgefallen, was mit dem Mord in Zusammenhang stehen könnte? Haben Sie vielleicht einen Verdacht? Ein komisches Gefühl? Alles könnte wichtig sein. Entscheidend ist doch, dass wir den Mörder zu fassen bekommen. Oder möchten Sie weiterhin hier leben und wissen, dass sich in Ihrer Mitte jemand befindet, der mit einem dreifachen Mord davongekommen ist? Gehen Sie das Risiko ein, jedes Mal, wenn Sie abends nach Hause kommen und aus dem Auto steigen, an die Benneckes zu denken und wie ein Unbekannter ihnen im Gebüsch aufgelauert hat? Stellen Sie sich das Gefühl vor und sagen Sie dann noch einmal, dass wir Sie in Ihrer Küche wie einen Schwerverbrecher behandeln, weil wir lediglich Fragen stellen.«
Pia holte tief Luft und wartete auf August Suhrs Reaktion. Man sah förmlich, wie es hinter der kantigen Stirn ihres Gegenübers arbeitete. Er starrte kurz aus dem Fenster und wandte sich ihr dann wieder zu.
»Also gut, ich werde Ihnen sagen, was ich weiß oder was ich glaube zu wissen: Dass die Benneckes nicht sonderlich beliebt waren, ist allgemein bekannt. Wenn Sie einen Menschen suchen, der einen Grund hatte, sie umzubringen, dann fangen Sie am besten bei der Tochter an. Sie ist von klein auf miserabel behandelt worden. Nach dem Tod ihrer Großmutter hatte das arme Ding niemanden mehr, der sich für sie interessierte. Der später geborene Sohn wurde dagegen behandelt wie ein Prinz, der alles bekam und nie die Folgen seiner Missetaten spüren musste. Als er älter wurde, bandelte er reihenweise mit den Mädchen an und ließ sie dann fallen wie heiße Kartoffeln. Vielleicht hat eine von ihnen richtig sauer reagiert, oder vielleicht auch ein Vater. Fragen Sie mal meine Schwiegertochter, die kann Ihnen mehr erzählen. Ansonsten wenden Sie sich ruhig auch mal an unsere Nachbarn auf Rothenweide, an die ehrenwertenFörsters. Die hatten immer mal wieder mit Malte Bennecke zu tun. Die fanden sich anziehend wie die Schmeißfliegen die Scheiße, um es drastisch auszudrücken. Und einen
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