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Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Titel: Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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kannte die Leute nur vom Sehen, aber mittlerweile war es ihr egal, ob sie sich blamierte oder jemanden aus dem Bett klingelte. Sie würde klingeln, schreien und gegen die Tür schlagen, bis man sie hereinlassen würde.
    Agnes versuchte sich zu erinnern, wie das Gelände hinter dem Kindergarten aussah. Es gab ihres Wissens nach keinen Weg, der hinter dem Kindergarten entlang zum alten Lehrerhaus führte. Sie musste die schmale Straße benutzen, die von Grevendorf nach Neukirchen führte.
    Als sie nah genug an die Häuser herangekommen war, blieb sie einen Moment stehen und versuchte, die Lage zu erkunden.
    Der Nachthimmel war verhangen, nur für kurze Augenblicke wurde der Mond zwischen den rasch dahineilenden Wolken sichtbar. Es war nur ein kurzer Augenblick der relativen Helligkeit, aber er reichte aus, um Agnes’ Herzschlag einmal aussetzen zu lassen.
    Unter der großen Eiche auf dem Parkplatz des Kindergartens stand ein Auto.
    Sie verfluchte ihre Naivität. Ein paar Minuten lang hatte sie tatsächlich angenommen, ihr Verfolger wäre so einfach abzuschütteln. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie unbewusst darauf spekuliert, dass sie sich die Verfolgung nur einbildete. Aber es hatte tatsächlich jemand auf sie abgesehen und er kannte diesen kleinen Weg und wusste, wohin er führte. Er hatte ihr den Weg abgeschnitten.
    Ihr erster Impuls war, sich auf ihr Rad zu setzen und schnellstmöglich zurückzufahren. Aber es war wie in der Geschichte vom Hasen und vom Igel, ihr Verfolger konnte mit dem Auto immer vor ihr da sein.
    Sie ging in die Hocke, weil ihre Beine erbärmlich zitterten, und legte dabei ihr Fahrrad so leise wie möglich zu Boden.
    Als der Mond wieder für ein paar Sekunden die Szenerie erleuchtete, sah sie es: Das helle Oval eines Gesichtes, welches ihr zugewandt war. Dann konnte sie die dazugehörige Gestalt ausmachen, die sich im Schatten der Hauswand des Kindergartens befand und völlig ruhig wartete. Es war unmöglich, aufdie Entfernung zu sagen, um wen es sich handelte. Aber dieses geduldige Verharren ließ Agnes den Atem stocken. Ein Beben durchlief ihren gesamten Körper und Tränen liefen ihr unkontrollierbar über das Gesicht.
    Erst in diesem Moment begriff sie, was es heißt, Todesangst zu haben. Vorher war sie in panischem Schrecken geflohen, nun aber lähmte sie das Entsetzen. Wer war die Gestalt, die dort auf dem Parkplatz auf sie wartete? War es dieselbe Person, die auch Malte und seine Eltern umgebracht hatte? Waren ihre Beobachtungen, dieser peinliche Streit, den sie unfreiwillig mitbekommen hatte, wirklich für jemanden gefährlich? Er konnte sie doch nicht ebenfalls umbringen wollen?
    Sicher war nur, dass sie unweigerlich verloren hatte, wenn sie versuchte, nach Hause zu gelangen. Der Grevendorfer Redder, in seiner einsamen Länge von einem halben Kilometer, war ein unüberwindbares Hindernis für sie.
    Plötzlich setzte sich die Person auf dem Parkplatz langsam in Bewegung. Durch die dunkle Kleidung waren nur das Gesicht und ein undeutlicher Umriss zu sehen.
    Agnes, die selbst ziemlich dunkel gekleidet war, erinnerte sich an eine Szene aus einem Vietnamfilm, den sie im Fernsehen gesehen hatte: Sie ertastete mit den Fingern eine Pfütze, bewegte sie sachte im eiskalten Schlamm hin und her und fuhr sich dann damit über das Gesicht. Es stank und sie hoffte, dass sie keinen Hundedreck erwischt hatte. Aber wenigstens leuchtete ihr Gesicht jetzt nicht mehr hell aus der Dunkelheit heraus. So getarnt kroch sie langsam rückwärts, dem schützenden Knick entgegen. Das ist alles nicht wahr, dachte sie dabei verzweifelt, so etwas passiert vielleicht anderen, aber doch nicht mir?
    Die Gestalt ging aufreizend langsam auf ihr Auto zu und öffnete den Kofferraum. Anschließend erhellte ein Lichtkegel den Sandboden neben dem Auto. Eine Taschenlampe, nochdazu eine sehr starke, verschlechterte ihre Chance zu entkommen erheblich.
    In Panik kroch sie weiter zurück und suchte eine Lücke im Geäst des Knicks. Währenddessen kam der Lichtfinger mit seiner enormen Reichweite ihr schon gefährlich nahe. Sie zwängte sich durch Zweige und über Baumwurzeln. Dornige Äste klatschten ihr ins Gesicht und verhedderten sich in Haaren und Kleidung. Scharfe Steine bohrten sich in ihre Knie und Handflächen. Doch von all dem nahm sie kaum etwas wahr.
    Mit aller Kraft versuchte Agnes, die andere Seite des Knicks zu erreichen. Gerade, als sie bäuchlings auf der rückwärtigen Seite des Walls herabrutschte, sah sie durch

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