Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
fragte Pia. Redete Verena schon in der Vergangenheitsform von Agnes Kontos?
»Die Beziehung war schon lange vorbei, es hat Agnes halt nur noch beschäftigt ...«
»Der Freund hieß nicht zufällig Malte Bennecke?«
»Verschwinden Sie, ich kann Ihnen nicht helfen«, war die Antwort. Verena riss sich los und sprang in ihr Auto. Als sie wegfuhr, quietschten die Reifen ihres kleinen Peugeots auf.
Pia sah ihr nachdenklich nach: Eigentlich benahmen sich nur Unschuldige so auffällig unkooperativ. Trotzdem forderte sie eine Zivilstreife an, die Verenas Aktivitäten im Auge behalten sollte. Dann klingelte sie an der Haustür, um auch Verenas Verlobten kennen zu lernen.
Klaus Biel öffnete die Tür, kaum dass sie ihren Finger vom Klingelknopf genommen hatte. Er war ein mittelgroßer Mann, dessen Schultern im Verhältnis zu dem Speck an Bauch und Hüften relativ schmal wirkten. Sein Haar und der korrekt gestutzte Vollbart waren aschblond. Er trug den Bart vielleicht, um seine vollen roten Lippen in dem sonst eher blassen Gesicht zu kaschieren.
Klaus Biel schien gerade zur Arbeit aufbrechen zu wollen, denn er trug eine korrekte braune Anzughose und ein hellblaues Hemd, jedoch ohne Krawatte oder Jackett.
Pia versuchte ihn einzuschätzen, um zu entscheiden, wie sie vorgehen sollte. Sie zog ihren Dienstausweis hervor, den er sofort interessiert und ausgiebig betrachtete. Daraufhin bat er Pia ins Haus und geleitete sie in die Küche, wo er gerade frühstückte. Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee, verbranntem Toast und weich gekochtem Ei.
Er bot ihr an, Platz zu nehmen, und Pia bemühte sich, ihre Beine auf dem ihr zugewiesenen Platz auf der Eckbank unterzubringen. Klaus Biel setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber.
»Ich ermittle im Mordfall Bennecke und muss Ihnen dazu ein paar Fragen stellen«, erklärte sie ohne Umschweife.
»Ich kannte die Benneckes nicht. Und alles, was Verena weiß, kann sie Ihnen vermutlich viel besser selbst erzählen«, sagte er. Wie zur Bekräftigung seiner Worte biss er in seinen Marmeladentoast.
»Sie hat uns schon geholfen. Nur über einen Punkt bin ich mir nicht ganz im Klaren: Sie war doch vor einiger Zeit mit Malte Bennecke befreundet. Was war der Grund dafür, dass das Verhältnis aufgelöst wurde? Waren Sie das?«
Pia hatte es bewusst schmeichelhaft formuliert, in der Hoffnung, Klaus Biel dadurch zu einer ausführlichen Auskunft zu bewegen. Er kaute behaglich und musterte sie unverhohlen.
»Die beiden haben doch nie zueinander gepasst. Die ganze Sache war ein Witz: Schließlich ist Verena eine gestandene Frau, Malte Bennecke war ein grüner Junge. Für kurze Zeit haben die beiden Gefallen aneinander gefunden und vor allem an dem Skandal, den sie verursachten. Aber früher oder später musste die Sache doch zu Ende gehen.« Das war keine direkte Antwort auf ihre Frage.
»Also waren Sie nicht der Grund. Haben die beiden sich in gegenseitigem Einvernehmen getrennt oder hat einer von ihnen Schluss gemacht?«
»Ich weiß wirklich nicht, was das mit dem Mord zu tun hat. Glauben Sie vielleicht, ich hätte Malte Bennecke erschossen, ein paar Monate, nachdem Verena mit ihm Schluss gemacht hat? Ach ja, und weil’s so schön war, hab ich seine Eltern gleich mit umgelegt?« Er grinste über seinen vermeintlichen Witz und löffelte dann die Reste vom Ei aus dem Eierbecher.
»Nein, keine Sorge, Ihr Motiv ist eher drittklassig zu nennen. Hätten Sie denn die Mittel zu der Tat? Können Sie mit einem Gewehr umgehen?«
Klaus Biel schenkte sich den Rest Kaffee aus einer geblümten Thermoskanne in seinen Becher und bedachte Pia mit einem Lächeln, während seine Augen sie taxierten: »Von Beruf bin ich Statiker und arbeite in einem großen Büro in Kiel. Da habe ich wenig Gelegenheit zum Schießen. Und aus der Jagd mache ich mir nichts, barbarische Sitten ... Haben Sie sonst noch Fragen?«
»Ja. Waren Sie bei der Bundeswehr?«
»Natürlich. Ich bin Reserveoffizier. Zufrieden?«
Nun war es Pia doch gelungen, seine Selbstzufriedenheit ein wenig zu stören. Klaus Biel wischte sich flüchtig mit seiner Serviette den Mund ab und legte sie zusammengeknüllt in die Krümel auf seinem Teller. Dann erhob er sich.
»Kennen Sie Agnes Kontos?«
»Nein, sollte ich das?«
»Sie hat ihr Pferd bei Ihrer Freundin im Stall stehen. Heute Nacht ist sie verschwunden«.
Klaus Biel wirkte einen Moment nachdenklich, dann hatte er die Fassade jovialer Hilfsbereitschaft wieder hochgezogen und
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