Kalter Schlaf - Roman
was?«
»Wir müssen das große Ganze im Blick behalten, Bernie. Meine Sorge ist, dass wir den Falschen in die Mangel nehmen und die Anklage gegen ihn sich verselbstständigt. Oder dass wir den Richtigen vernehmen, aber nicht genug Beweise haben, um ihn verhaften zu können. Bisher haben wir keinen Anlass, bei Fairley oder den beiden anderen die Mehrzahl der Eigenschaften zu vermuten, die ich aufgezählt habe.«
Bernie stand auf. »Deshalb bin ich dafür, sie reinzuholen und auszuquetschen. Aus meiner Sicht passt, was du gesagt hast, genau auf Cranham und Fairley. Beide könnten dieser Psychotyp sein. Cranham ist ein arroganter Scheißkerl. Molly James war auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch bei ihm. Und was passiert als Nächstes? Sie verschwindet spurlos. Wir haben nur sein Wort, dass sie niemals aufgekreuzt ist. Alles, was du gesagt hast, trifft auf Cranham zu. Und was ist mit Fairley? Er war dort. Mit Molly. Ungefähr zu der Zeit, als sie verschwunden ist.«
Er wandte sich ab, um zur Kaffeemaschine zu gehen, und blieb dann erneut stehen. »Oder sogar beide. Schon mal daran gedacht, dass es sich um ein Täterpaar handeln könnte? Ich schlage vor, diskret nachzuforschen – bei alten Schulfreunden, Nachbarn, Geschäftspartnern –, um rauszukriegen, was sie in der Vergangenheit alles getrieben haben.«
Kate, die ihre Ellbogen auf den Tisch stützte, sah stirnrunzelnd zu ihm auf. »Ich bin keine Expertin für polizeiliche Ermittlungen …«
»Das kannst du laut sagen!«
»… aber ich denke, dass es einen begründeten Anfangsverdacht geben muss, bevor jemand offiziell vernommen und dann vielleicht verhaftet wird. Und wenn Cranham entdeckt, dass wir heimlich Informationen über ihn sammeln …«
»Ja, nun, dies ist eben keine ideale Welt. Manchmal tun wir, was wir tun müssen, um Ermittlungen voranzutreiben. Das weißt du doch am besten, Doc. Du bist selbst kein Fan von Vorschriften. Wir tun, was ich gesagt habe, legen das gefundene Material dem Kronanwalt vor und …«
»Und bekommen es von ihm um die Ohren gehauen?«, erwiderte Kate. »Vieles von dem, was ich gesagt habe, könnten wir gar nicht überprüfen, ohne sie offiziell zu befragen. Wir haben schon mit allen dreien inoffizielle Gespräche geführt. Wie hoch sind die Chancen, dass sie noch mal freiwillig mit uns kooperieren? Null. Cranham und Fairley haben bereits ihre Anwälte eingeschaltet.«
Bernie wandte sich wieder ab, um sich einen Kaffee einzuschenken. Kate fuhr fort: »Und ich kann mir das Szenario vorstellen, wenn du beschließt, Cranham zu verhaften, und ihm dann doch nichts nachweisen kannst.«
Keine Antwort.
Joe sah erst zu Kate, dann quer durch den Raum zu Bernie hinüber. »Vergesst nicht, dass wir mit einem Mann auf unserer Liste noch gar nicht gesprochen haben. Mit dem Bauunternehmer Malins. Scheint ein ziemlich übler Typ zu sein. Du kennst ihn, Bernie. Was ist dein Eindruck von ihm?«
Bernie, der wieder zurückgekommen war, starrte stirnrunzelnd in seinen Kaffee. »Ihr werdet ihn bald selbst erleben. Auch ein Scheißkerl, aber auf andere Art als Cranham. Der hat seine luxuriöse Fassade, hinter der alles Mögliche stecken kann. Malins ist mehr ein Schlägertyp. Ein richtiger Kleiderschrank. Ehemaliger Bodybuilder. Aber wohlgemerkt nie schäbig. Legt großen Wert auf Autos und Klamotten.«
Kate sagte zweifelnd: »Nach allem, was ich gelesen und von dir gehört habe, ist Malins cholerisch, asozial und sexuell impulsiv. Scheint ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse zu sein. Dagegen ist unser Täter ein soziales Chamäleon, das seine wahre Natur zu verbergen sucht. Bei Malins kriegt man, was man sieht, glaub ich.«
Bernie starrte sie ungläubig an.
»Das wird ja immer besser! Sparen wir uns doch die überflüssige Arbeit. Am besten laden wir ihn gar nicht erst vor. Wir nageln einfach ein paar Theorien zusammen, und schon ist ein weiterer möglicher Verdächtiger abserviert!«
Julian hatte bisher schweigend zugehört, sich aber wie gewöhnlich fleißig Notizen gemacht. Jetzt wandte er sich an Bernie.
»Kate sagt nur, dass Malins’ Profil, wie wir es kennen, nicht zum Verhalten des mutmaßlichen Täters passt.«
»Und wer hat Sie geweckt, Devenish?«, fragte Bernie mit gerötetem Gesicht. »Für Sie ist sie noch immer ›Dr. Hanson‹, und weil wir gerade dabei sind, können Sie sie fragen, ob sie Täterprofile erstellt! Los, fragen Sie! Sie wird Ihnen sagen, dass sie’s nicht tut. Und noch etwas. Ich dachte, Sie wollten
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