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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die Kinder, Wein und Schnaps für sich, den sie doch nie trinken würde, und ein Reiseset von Dior mit verschiedenen Lippenstiften, die sie vermutlich nie verwenden würde.
    Lotta wartete am Gate. Sie hatte den Rucksack mit der Kamera bei sich, die restliche Ausrüstung hatte sie offenbar als Gepäck aufgegeben.
    Annika setzte sich neben sie, ohne einen Ton zu sagen.
    Lotta schreckte zusammen und rückte ein paar Zentimeter von ihr ab.
    »Keine Sorge«, sagte Annika. »Ich beiße nur bei Vollmond.«
    »Ich weiß, dass ich mich nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe«, sagte Lotta unsicher.
    Annika betrachtete die Fotografin, in deren Gesichtsausdruck sich gleichzeitig Furcht und Trotz zeigten.
    Lotta hatte mit irgendjemandem gesprochen. Wahrscheinlich hatte sie bei der Zeitung angerufen, um mit Pelle, dem Chef der Bildredaktion, oder mit Schyman zu sprechen, und das Gespräch war nicht gut gelaufen. Jetzt hatte sie noch stärker das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, aber wenn sie ihren Job behalten wollte, würde sie jetzt Dreck fressen müssen.
    »Die Artikelserie ist im Kasten«, sagte Annika und griff nach einem Exemplar der Daily Mail vom Vortag.
    Sie hielt die Zeitung vor sich hoch und starrte bis zum Einsteigen auf die Seiten, ohne ein Wort zu lesen.
    Sie hatten die Plätze nebeneinander bekommen. Annika setzte sich ans Fenster. Da sie in der Nacht nur ein paar Stunden geschlafen hatte, dämmerte sie weg, sobald das Flugzeug in der Luft war, und erwachte erst, als der Landeanflug auf Arlanda begann.
    Das Gepäckband spuckte Lottas Ausrüstung aus, sämtliche fünf Stücke, bevor Annika ihre kleine Reisetasche bekam.
    »Ich wäre dir dankbar, wenn du bei der Zeitung nicht über unsere Zusammenarbeit sprechen würdest«, sagte Lotta, als sie ihre Sachen auf einen Kofferkuli geladen hatte.
    Annika sah die Fotografin an und versuchte herauszufinden, wie sie dieser bleichen Frau eigentlich gegenüberstand.
    Sie fühlte nichts als Gleichgültigkeit.
    »Welche Zusammenarbeit?«, fragte sie.
    Damit gab sich Lotta zufrieden und marschierte Richtung Zoll davon.
    Annika trödelte hinterher und ließ sie durch den langen Gang verschwinden, der mit riesigen Porträts berühmter Schweden getäfelt war, die die Reisenden willkommen hießen.
    In der Ankunftshalle kaufte sie ein paar Zeitungen, die sie überflog, während sie bei Seven Eleven einen ziemlich schlappen Salat aß. Dann bestieg sie den Schnellzug nach Stockholm und beschloss, vom Bahnhof aus zu Fuß nach Hause zu gehen.
    Der Himmel war bleiern. Regen hing in der Luft, und der feuchte, kalte Wind ging ihr durch Mark und Bein. Sie eilte über die Kungsbro und erreichte die Fleminggatan. Immer wieder verklemmten sich Schottersteinchen in den kleinen Rollen der Reisetasche. Irgendwann gab sie es auf und trug sie.
    Als sie ihre Wohnung erreicht hatte, waren ihre Arme vollkommen lahm.
    Sie stellte die Tasche im Flur ab. Sie würde sie erst später auspacken, wie immer. Stattdessen ging sie ins Schlafzimmer. Ihr Blick blieb an dem Bild hängen, das eingerahmt über ihrem Bett hing: Das Mädchen und das lachende Pferd. Kleine Mü, acht Jahre alt, wer trauerte um sie? Welche Spuren hatte sie in der Welt hinterlassen?
    Annika legte sich auf die Tagesdecke. Mit offenen Augen lauschte sie auf den Atem des Hauses.
    Zuerst hörte sie die vordergründigen Geräusche, die von Menschen und Aktivität zeugten. Wasser, das durch die Leitungen rauschte. Irgendwo wurde eine Toilettenspülung gezogen. Murmelnde Radiostimmen.
    Sie schloss die Augen und lauschte auf das, was hinter der Geschäftigkeit der Menschen lag, und nach einer Weile hörte sie es. Das dumpfe Brausen der Zentralheizung, das Knacken der hundert Jahre alten Holzbalken, den Wind in Fensternischen und Lüftung.
    Thomas saß jetzt bestimmt im Flugzeug. Es stieg in die Luft, und unter ihm verschwand Spanien, die von Olivenbäumen gefleckten Berge, die Ortschaften, die sich weiß von der roten Erde abhoben.
    Suzette war vielleicht noch am Leben. Wer sonst hätte eine leere Mail von Herrn Gunnar Larsson geschickt?
    Ein plötzlicher Gedanke ließ sie im Bett hochfahren.
    Wenn sich nun Herr Larsson selbst in das Mailkonto gehackt hatte? Und es überhaupt nicht Suzette war, die sich zu erkennen geben wollte, sondern ein verbitterter, arbeitsloser Lehrer, der sich an denen rächen wollte, die dafür gesorgt hatten, dass er gefeuert wurde?
    Sollte ihm aufgrund der Mails gekündigt worden sein, hatte ihn die Schulleitung

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