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Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)

Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)

Titel: Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Quentin Bates
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Jungspund mit einer lächerlichen Frisur, um zu wissen, dass er absolut pleite war. Er sah Hrannar an und dachte bei sich, wie dämlich es aussah, sich die paar Haare mit Gel im Irokesen-Look zu stylen. Wie Tim in Tim und Struppi .
    Die Taubheit in seinen Füßen hatte auch seine Hände erfasst, er spürte sie kaum noch. Er wackelte mit den Zehen und den Fingern, so gut es ging, aber trotzdem fühlten sie sich komisch an. Auf einmal fiel ihm auf, dass er kein Wort von dem gehört hatte, was Hrannar sagte. Der Junge starrte ihn besorgt an.
    »Jón, geht es dir gut?«, fragte er. »Möchtest du vielleicht ein Glas Wasser?«
    »Ja, bitte«, brummte Jón, während er seinen Griff um das Gewehr verstärkte und die Waffe entsicherte. Als Hrannar sich gerade halb erhoben hatte, klopfte eine junge Frau an die Tür und streckte den Kopf ins Zimmer. Sie trug ein Namensschild an einer Kette um den Hals.
    »Hrannar, da ist ein privater Anruf für dich«, flüsterte sie. »Die Frau sagt, es wäre dringend.«
    Hrannar setzte sich wieder und zog stirnrunzelnd das Telefon zu sich heran.
    »Danke, Sigga«, sagte er, als das Mädchen gerade die Tür wieder schließen wollte. »Könntest du diesem Herrn bitte ein Glas Wasser bringen? Er fühlt sich nicht wohl.«
    Sie nickte und verschwand, während Hrannar zu Jón hinüberblickte, der trotz der stickigen Wärme im Raum immer noch seine Jacke trug.
    »Ich hoffe, es stört dich nicht, wenn ich kurz telefoniere«, entschuldigte er sich. Jón nickte kaum wahrnehmbar. »Hallo, hier spricht Hrannar Antonsson«, meldete er sich.
    Jón sah sich um, musterte Hrannar, der nervös hinter dem Schreibtisch saß. Die Welt bewegte sich wie in Zeitlupe. Die Kassierer an ihren Schreibtischen lächelten und tippten langsam auf ihrer Tastatur, als hätten sie einen Gang heruntergeschaltet.
    »Natürlich«, hörte er Hrannar sagen. »Ich kann jetzt nicht reden. Der Zeitpunkt ist ziemlich unpassend.«
    Jón fing Hrannars Blick auf. Hrannars Augen blickten auf einmal angstvoll, er ließ beinahe den Hörer fallen.
    »Ja, er ist gerade bei mir. M-m-möchtest du ihn sprechen?« Er riss die Augen auf, als Jón seine Jacke öffnete und er in die zwei Gewehrläufe starrte, die tief und breit wie Tunnel wirkten. Die Ränder waren dort, wo die Säge das Metall der Läufe durchtrennt hatte, gezackt und glänzend. Die schwarzen Öffnungen waren silbern eingefasst.
    Das Mädchen mit dem Namensschild öffnete die Tür und blieb wie erstarrt stehen, als sie die Flinte entdeckte, die auf Hrannars Brust gerichtet war. Das Glas Wasser glitt ihr aus der Hand und zerschellte auf dem Boden. Kreischend drehte sie sich um und floh. Eine Sekunde später waren eilige Schritte zu hören, aber Jón blieb ruhig sitzen. Hrannar saß ihm wie versteinert gegenüber.
    »Du hast mir alles genommen«, sagte Jón. »Ich hatte ein Zuhause, eine Firma und eine Familie. Alles, wofür ich die ganzen Jahre gearbeitet habe, ist weg.«
    »E-e-es tut mir leid«, stammelte Hrannar. »Ich konnte nichts tun. Es gibt Vorschriften –«
    »Vorschriften?«, brüllte Jón. »Was sind das für Vorschriften, die jemandem alles wegnehmen? Alles, nicht bloß das Geld. Auch die Würde und die Selbstachtung. Nichts ist mehr übrig, nur noch verdammte Schulden. Ihr seid nichts als verlogene, diebische Blutsauger, ihr alle!«
    Von draußen war Sirenengeheul zu hören.
    »Die Polizei wird bald hier sein«, sagte Hrannar vorsichtig.
    »Das macht nichts. Ich habe jetzt alle Zeit der Welt«, erklärte Jón mit dem Anflug eines Lächelns, dem ersten seit Wochen.
    Gunna, Eiríkur und Steingrímurs Spezialeinheit durchsuchten die Bank. Ein Techniker untersuchte die Glaswände des Besprechungszimmers auf Fingerabdrücke und rümpfte angewidert die Nase.
    »Was geht hier vor sich?«, wollte Sævaldur Bogason wissen, der gerade durch die Eingangstür stürmte.
    »Es ist schon alles vorbei, Kumpel«, klärte Steingrímur ihn auf. »Niemand wurde verletzt, und unser Mann trägt Handschellen und ist auf dem Weg in die Hverfisgata.«
    »Ich bin gekommen, sobald ich davon erfahren habe«, sagte Sævaldur lahm. Er war offensichtlich wütend, dass der Mann so schnell aufgespürt und ohne Komplikationen festgenommen worden war. »Was zum Teufel ist denn passiert?«
    Gunna hob einen Stuhl auf, der umgestürzt war, als die Bankangestellten fluchtartig das Gebäude verlassen hatten. Sie stellte ihn auf die Beine und setzte sich.
    »Er war in der Bank und hatte eine Schrotflinte auf

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