Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
wurde noch nicht offiziell bekannt gegeben. Aber ich kann dir sagen, dass es sich um Bjartmar Arnarson handelt.«
»Wie bitte?« Hallur wurde kreidebleich. »Weißt du … ich meine, wer hat das getan? Wer würde Bjartmar umbringen wollen?«, fragte er hilflos. Aufmerksam beobachtete Gunna seine Reaktion.
»Jemand, der wusste, was er tat.«
»Wie? Ich meine, wie ist es passiert?«
»Er wurde an der Haustür seines Hauses mit einer Schrotflinte erschossen. Es waren zwei Schüsse aus nächster Nähe«, erklärte Gunna ernst. »Es war kein Unfall. Die halbe Polizei arbeitet an dem Fall. Ich bin auf der Suche nach einem Motiv, das uns zum Täter führen könnte. Was mich im Moment interessiert, ist die Tatsache, dass es eine Menge Leute gab, die ihn nicht gerade liebten. Außerdem hatte er über seine verschiedenen Firmen eine große Anzahl von Geschäftspartnern. Ich befürchte, dass es jemanden geben könnte, der sich vorgenommen hat, offene Rechnungen zu begleichen.«
Wäre Hallurs Gesicht nicht bereits leichenblass gewesen, er wäre zweifellos noch bleicher geworden.
»Wie lange kennst du Bjartmar schon?«, fuhr Gunna fort.
»Seit einigen Jahren.«
»Gut. Lass uns keine Spielchen spielen. Du kennst Bjartmar aus der Zeit, als du Mitglied des Stadtrates warst. Du warst in dem Ressort und in den Ausschüssen tätig, die den Grunderwerb und die Grundverkäufe überwachten.«
»Ich weiß nicht, wie du -«
»Es steht alles in den Akten. Man muss nur tief genug graben«, entgegnete Gunna ruhig, öffnete ihre Aktentasche und nahm ein paar Kopien heraus. »Es steht alles hier drin, Sitzungsprotokolle, Berichte, Prognosen etc. Die Stadt hat mehrfach still und leise Land in Grafarvogur und Grundstücke in der Stadt und um das Stadtzentrum herum verkauft, und zwar ohne Bieterverfahren. Die Grundstücke gingen alle an Gesellschaften, die von Bjartmar Arnarson und Sindri Valsson geleitet wurden. Weißt du, dafür gibt es ein Wort.«
»Welches denn?«, fragte Hallur verwirrt.
»Ich würde es Korruption nennen, aber das interessiert mich im Moment nicht. Ich interessiere mich mehr dafür, wen der Typ mit der Schrotflinte noch zur Rechenschaft ziehen will. Wo ist Sindri jetzt?«
»Äh … ich glaube, in Portugal. Da hält er sich normalerweise auf.«
»Wie weit ist das alles gegangen? Und über welchen Zeitraum?«, wollte Gunna wissen.
»Hör mal, ich glaube, ich sollte nicht ohne Beisein meines Anwaltes mit dir reden. Ich will mich nicht selbst belasten.«
»Sei nicht albern. Ich frage mich, wie viele Menschen ihr im Laufe der Jahre gegen euch aufgebracht habt, Bjartmar, Sindri und du. Wie viele Menschen habt ihr euch zu Feinden gemacht?«
Hallur sank in sich zusammen und starrte ausdruckslos vor sich hin.
»Sehr viele«, sagte er düster. »Ich habe mich im Hintergrund gehalten und getan, was ich konnte, um ihnen Geschäfte zuzuschustern. Jónas Valur ist ein einflussreicher Mann, und einige von uns schulden ihm einen Gefallen. Bjartmar und Sindri kümmerten sich um die geschäftliche Seite, bis sie getrennter Wege gingen.«
»Wann war das?«
»Vor einigen Jahren. Wir hatten eines unserer informellen Treffen, die wir gelegentlich organisierten.«
»Wer ist wir? Der Svana-Club?«
»Ja«, gab Hallur zu. »Bjartmar und Sindri waren gerade dabei, Kleifaberg abzuwickeln. Bjartmar hatte bereits Landex und Sandex gegründet. Aber Sindri überraschte uns alle. Er sagte, er würde aussteigen. Natürlich dachten wir alle, er wäre völlig verrückt geworden. Die Wirtschaft boomte zu dem Zeitpunkt. Aber er sagte, er hätte Analysten konsultiert, er gab dem Boom noch zwei Jahre. Und er lag absolut richtig.«
»Du meinst, er hat den Crash vorhergesehen, seine Vermögenswerte verkauft und ist ausgewandert?«
»Er kommt immer noch ab und zu zurück. Aber ja, er hat etwas gesehen, was uns anderen entgangen ist, und hat sein ganzes Geld in Portugal in Immobilien gesteckt. Hotels, Golfanlagen und so weiter.«
»Und Bjartmar?«
»Meine Güte, ich werde nie vergessen, wie die beiden an jenem Abend diskutiert und gestritten haben. Sie sind beide ziemlich heißblütig und hätten sich beinahe geprügelt. Ich bin sicher, Sindri wäre auf Bjartmar losgegangen, wenn sein Vater nicht da gewesen wäre«, erinnerte er sich und starrte über Gunnas Kopf hinweg an die Wand. »Bjartmar ist es nicht ganz so gut ergangen. Sein spanischer Wertpapierbestand war stabil, soweit ich weiß, aber er hatte hier Probleme. Einige seiner Unternehmen
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