Kaltes Blut
haben.«
»Wie kommst du denn darauf? Das würde ja bedeuten, dass es jemanden unter unseren Mitgliedern gibt, der … Nein, das ist geradezu absurd! Hast du vielleicht auch schon einen Namen parat?«, fragte sie scharf.
»Emily, denk doch mal nach. Selina war seit einigen Jahren Mitglied bei dir. Mischner war ein Angestellter. Da muss doch was faul sein. Aber was?«
»Ich bitte dich, das ist reiner Zufall. Keiner, den ich kenne, wärezu einem Mord fähig. Da müsste ja jetzt jeder im Club Angst haben, von einem Wahnsinnigen … Nein, nein, nein, das sind Gedankenspielereien, die ich nicht mitmache! Und ich möchte unter gar keinen Umständen, dass durch dumme Verdächtigungen Angst und Panik verbreitet werden. Es kann sich nur um einen Zufall handeln.«
»Ich glaube nicht an Zufälle, das weißt du. Nichts im Leben ist Zufall. Aber um dich zu beruhigen, ich hatte nicht vor, Angst und Panik zu verbreiten. Außerdem habe ich Herrn Hellmer versprochen, meinen Mund zu halten. Zufrieden?«
»Schon gut. Das macht mich nur alles völlig fertig. Wenn ich mir vorstelle, hier bei uns treibt sich ein Serienmörder herum …«
»Hier treibt sich kein Serienmörder herum. Und die Polizei wird ihn schnappen. Komm, mach dir keine unnötigen Sorgen, das sieht man dir nämlich sofort an der Nasenspitze an. Und jetzt möchte ich dich in den Arm nehmen.«
Samstag, 22.50 Uhr
Julia Durant war auf der Couch eingenickt, als es klingelte. Sie schreckte hoch, wischte sich über die Augen, stand auf, drückte den Türöffner und machte die Tür einen Spalt auf. Sie hörte ihn die Stufen heraufkommen, zündete sich eine Zigarette an.
»Hi«, sagte er und kam auf sie zu. »Du meinst es also wirklich ernst.«
»Dominik, bitte, spar dir diesen Blick und …«
»Und was? He, wir sind seit über zwei Jahren zusammen …«
»Wir waren zusammen.«
»Schon gut, wir waren über zwei Jahre zusammen. Ich hatte es mir auch anders vorgestellt. Der Job beim Sender kam für mich genauso überraschend, und dass damit so viel Arbeit verbunden sein würde, damit hab ich einfach nicht gerechnet.«
»Ich mach dir doch auch keinen Vorwurf deswegen. Unsere Berufe vertragen sich einfach nicht. Journalist und Bulle, wir hätten’s wissen müssen! Nimm die Koffer und geh … Nein, warte, ich helfe dir, dann brauchst du nicht zweimal hoch- und runterzulaufen.«
»Das macht doch nichts«, sagte er schnell und wurde mit einem Mal rot, was Durant trotz des Kunstlichts nicht entging.
»Nimm du die Koffer, ich nehme die Reisetasche. Aber der blaue Koffer gehört mir, den will ich wiederhaben.«
»Julia, du brauchst mir wirklich nicht zu helfen, ich schaff das schon allein.«
»Ich wollte sowieso eine Runde drehen«, sagte sie und hatte die Reisetasche bereits in der Hand. »Wo stehst du?«
»Es reicht, wenn du die Tasche an die Haustür stellst«, antwortete er und wich ihrem forschenden Blick aus.
»Okay«, sagte sie nur. Sie steckte den Schlüssel in die Hosentasche, wartete, bis Kuhn draußen war, und machte die Tür hinter sich zu. Er rannte die Treppe hinunter, blieb mit einem Koffer am Geländer hängen und wäre beinahe gestürzt.
»Danke, ich hol die Tasche gleich«, sagte Kuhn hektisch, als sie unten angekommen waren, Schweißperlen auf der Stirn. Er blieb stehen, wollte Julia Durant umarmen, doch sie entzog sich seinem Griff.
»Komm, ich will ein letztes Mal dein Auto sehen …«
»Julia, ich steh da hinten um die Ecke, ich hab keinen Parkplatz vor …« Er wurde immer unruhiger.
»Ich hab doch gesagt, ich wollte eine Runde drehen. Wo ich langgehe, ist doch egal.«
»Julia …«
»Jetzt mach schon, dass du rauskommst«, sagte sie lachend und hielt die Reisetasche fest in der Hand. Die Ahnung, die sie bereits in der Wohnung befallen hatte, wurde mehr und mehr zur Gewissheit. Als er merkte, dass Durant sich nicht abwimmeln ließ, gab er zähneknirschend nach und lief vor ihr zu seinem erst zwei Wochenalten 3er BMW. Er parkte gut hundert Meter entfernt in einer Seitenstraße, eine junge Frau stand an das Fahrzeug gelehnt, eine Zigarette in der Hand. Sie ließ sie auf den Boden fallen, als sie die Kommissarin zusammen mit Kuhn erblickte, und stieg schnell ein.
»Die Tasche muss wohl auf den Rücksitz«, sagte Durant spöttisch, »dein Kofferraum ist zu klein.«
»Julia, es ist nicht, wie du vielleicht …«
»Dominik, du bist ein verlogenes Arschloch!«, quetschte sie kaum hörbar, aber lächelnd durch die Zähne. »Wer ist denn die
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