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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Freund hat ihm dann gesagt, dass jetzt alle Beweise gegen ihn sprechen würden. Ich frage mich nur, warum er nicht in sie eingedrungen ist … Nein, das wird nichts, ich komm auch nicht weiter.«
    »Aber ich«, sagte Julia Durant. »Ob er in sie eingedrungen ist oder nicht, spielt im Moment keine Rolle, das wird aus den Akten ersichtlich sein oder auch nicht. Ich denke aber, wir sind auf der richtigen Spur. Der Freund hat Mischner freundlich, aber unverblümt gesagt, dass er so oder so fällig ist, das Sperma auf der Kleidung allein genügt, um ihn zu verurteilen. Aber er hat ihm einen Deal angeboten, denn er musste fürchten, dass Mischner bei der Polizei doch quatscht. Also hat er ihm gesagt, du gestehst die Tat, gehst für zwei oder drei Jahre ins Gefängnis, und ich zahle. Und vermutlich hat er Mischner auch im Gefängnis nicht allein gelassen und ihm das eine oder andere Geschenk gemacht. Und Mischner, beschränkt oder gutgläubig, wie er war, und in dem Glauben, endlich einen wahren Freund gefunden zu haben, willigt ein. Er denkt sich,die zwei, drei Jahre sitz ich auf einer Arschbacke ab, und danach lass ich’s mir so richtig gut gehen. Und das stimmte ja auch, er wurde vorzeitig entlassen, er zog in eine für seine Verhältnisse recht hübsche Wohnung, bekam eine Einrichtung mit allem drum und dran, und alles lief gut bis zu dem Tag, an dem sein Freund ihn bat, einen kleinen Anruf zu tätigen. Mischner, der einem solchen Freund natürlich nichts abschlagen wollte, hat genau das getan, worum er gebeten wurde, nämlich bei Gerber nachts um halb zwei anzurufen und ihn von der Praxis wegzulocken. Was Mischner nicht wusste, war, dass er damit Selinas Todesurteil mit unterschrieben hat. Er hat aber von ihrem Tod gehört und sich sofort mit seinem Freund in Verbindung gesetzt, denn ganz so blöd war Mischner nun auch wieder nicht, um nicht zu wissen, dass sein Anruf und Selinas Tod irgendwie zusammenhingen. Er setzte ihn unter Druck, wie wir schon gestern vermutet haben, et cetera pp. Klingt das plausibel?«
    Hellmer machte ein nachdenkliches Gesicht und warf seiner Frau einen Blick zu, die nur mit den Schultern zuckte.
    »Weiß nicht«, antwortete er. »Möglich wär’s. Wir müssten mal die Prozessakten und die Verhörprotokolle genau studieren, wobei mich vor allem das ärztliche Gutachten interessiert. Wenn die Kleine tatsächlich nicht vergewaltigt wurde, könntest du Recht haben. Aber vielleicht ist sie gar nicht auf Sperma untersucht worden, nachdem Mischner schon als Täter feststand.«
    »Und wenn schon, das ist eigentlich egal«, erwiderte Durant triumphierend. »Es kann im Prinzip gar nicht anders gewesen sein. Irgendjemand hat Mischner die große Freundschaft vorgespielt. Und Mischner ist für diesen ›Freund‹ in den Bau gewandert. Und er würde heute noch leben, hätte er sich nicht mit dem Freund angelegt, der ihm zumindest geistig haushoch überlegen ist.«
    »Wir müssen seine Knastkumpane befragen. Vielleicht hat Mischner doch mal was fallen lassen, einen Namen, oder dass er einfach nur gesagt hat, ich war’s gar nicht, ich bin für einen andern in den Knast gegangen. Und ich gehe mal davon aus, dass sich unsere Kollegen nicht sonderlich viel Mühe bei der Befragung gemachthaben, weil die Beweislast ja sooo erdrückend war und Mischner vor allem schon Vorstrafen hatte, was die Sache noch klarer machte. Mischner brauchte ja anstelle seines Freundes nur zuzugeben, das Mädchen niedergeschlagen und vergewaltigt zu haben. Das würde sogar mit dem Gutachten hinhauen, wo ihm ein Hang zur Selbstdarstellung attestiert wird. Er hat sich als großer Mann gefühlt, als Held. Er stand auf einmal im Mittelpunkt, wo ihn doch sonst nie jemand beachtet hat. Beschissene Kindheit, noch beschissenere Jugend, was konnte es da schon Größeres für ihn geben, als endlich einmal so richtig beachtet zu werden. Seine Vorstrafen waren im Prinzip nur Kinkerlitzchen, aber das hier war ’ne andere Dimension. Er hat nicht nur aus Loyalität eine Tat zugegeben, die er nie begangen hat, er stand nicht nur im Mittelpunkt des Interesses, nee, er hatte endlich einen Freund gefunden, für den er alles getan hätte. Wie gesagt, eine beschissene Kindheit und eine noch beschissenere Jugend, und schon bist du für ein bisschen Zuneigung dankbar wie ein zugelaufener Straßenköter.«
    »Und ein beschissener Tod. Der Junge hat nichts gemacht, außer für einen andern seinen Kopf hinzuhalten. Wenn wir Recht haben, dann wird es

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