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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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noch immer jede Spur und es wird in alle möglichen Richtungen ermittelt. Aber sollte sie tatsächlich in einem osteuropäischen Bordell gelandet sein, dann besteht für mich keine große Hoffnung, sie jemals lebend zu finden, denn solche Kinder werden in der Regel selten länger als ein paar Tage an einem Platz gehalten. Und oftmals kommen sie nach einiger Zeit wieder in den Westen. Und wenn sie nicht mehr zu gebrauchen sind … Aber das ist etwas anderes. Eine Fünfzehnjährige kannst du nicht einfach in ein Auto zerren und sie irgendwo als Leiche ablegen. Da steckt was anderes dahinter. Und wir werden’s schon rauskriegen. Hoffe ich jedenfalls.«
    »Trotzdem, Julia, du bist anders …«
    »Bist du neuerdings unter die Hellseher gegangen?«, wurde sie von Julia Durant ironisch unterbrochen.
    »Nein, ich kenne dich nur schon eine ganze Weile. Du bist nicht so locker wie sonst.«
    »Okay, um ehrlich zu sein, anfangs war ich froh, erst mal wieder aus dem Büro rauszukommen. Aber beim Friseur und auch hinterher hat sich bei mir allmählich so’n blödes Gefühl breit gemacht. Was, wenn dem Mädchen tatsächlich etwas zugestoßen ist? Ausschließenkann man das heute nicht mehr. Und ich habe keine Lust, wieder in einem Berg von Dreck zu wühlen, denn ich weiß, dass mich das über kurz oder lang kaputtmacht. Und gerade hier bei euch in der Ecke würde das doch sicherlich für einen gewaltigen Wirbel sorgen.«
    »Tut es jetzt schon. Inzwischen weiß jeder in diesem Viertel von Selina. Hier spricht sich so was rum wie ein Lauffeuer. Die Leute stehen draußen auf der Straße, natürlich nicht direkt vor dem Haus, aber es scheint, als würden sie auf die große Sensation warten. Man könnte meinen, wir würden irgendwo in einem kleinen Dorf in einer gottverlassenen Gegend leben, tausend Kilometer weit weg von der nächstgrößeren Stadt. Dabei sind es mit dem Auto gerade mal zwanzig Minuten bis in die Frankfurter Innenstadt. Und trotzdem ist Okriftel eine völlig andere Welt. Hier und in Eddersheim wohnen so viele Reiche, die fast alle außerhalb ihren Geschäften nachgehen. Aber sobald sie hier sind, verkriechen sie sich in ihren Villen und Bungalows wie in Rattenlöchern. So wie Frank und ich«, fügte sie verschmitzt lächelnd hinzu. »Aber wir fühlen uns trotzdem wohl in unserm Nest. Nur der Fluglärm stört ab und zu.«
    »Habt ihr denn irgendwelche Bekannte oder Freunde hier?«
    »Nein«, antwortete Nadine, »die meisten wohnen schon seit zwanzig oder mehr Jahren hier, wir erst seit knapp drei Jahren. Die Leute sind zwar nicht unfreundlich oder abweisend, jedoch sehr reserviert. Man grüßt sich, mehr aber auch nicht. Ich kenne zwar einige Leute etwas näher, doch so richtig warm bin ich mit noch keinem geworden. Liegt vielleicht auch an mir.«
    »Schade«, meinte Julia Durant, »es wäre natürlich hilfreich, wenn …«
    »Ich weiß genau, was du sagen willst. Aber selbst zu Frau Kautz habe ich nie den richtigen Draht gefunden. Vielleicht denken die, wir sind nur so ein paar Neureiche, die den Jackpot im Lotto gewonnen haben und es sich deshalb leisten können, hier zu wohnen. Ich steig jedenfalls nicht dahinter. Und woher das Geld wirklichstammt, werde ich natürlich keinem verraten, denn es geht keinen etwas an.«
    Frank Hellmer wischte sich den Mund mit der Serviette ab, trank den Rest von seinem Bier und stand auf. Er küsste erst seine Tochter auf die Wange, dann Nadine auf den Mund und sagte: »So, dann wollen wir mal.« Er schaute auf die Uhr und fuhr fort: »Ich glaube kaum, dass es länger als ein bis anderthalb Stunden dauert. Ich bin spätestens um zehn …«
    »Frank, bitte. Ich hab dir schon zigmal gesagt, ich will keine Uhrzeit mehr von dir hören. Dann brauch ich mich auch nicht darauf einzurichten. Und jetzt haut ab, ich muss mich nämlich um Stephanie kümmern. Und danach setz ich mich vielleicht noch ein bisschen vor die Glotze oder in den Garten. Und viel Erfolg.«
    »Tschüs«, sagte Julia Durant, nahm ihre Tasche und verließ zusammen mit ihrem Kollegen das Haus.

Donnerstag, 20.05 Uhr
    Peter und Helga Kautz wohnten kaum hundert Meter weiter. Es waren viele Menschen auf der Straße, ungewöhnlich viele Menschen, Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Getuschel, leise Unterhaltungen und immer wieder verstohlene, aber auch eindeutige Blicke der Umstehenden in Richtung des Hauses. Die Neugierde hatte sie aus ihren Rattenlöchern, wie Nadine es nannte, kommen lassen.
    »Du kennst die Eltern nicht

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