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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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beistehen.«
    »He, Mann, is ja okay, aber … Mann, ich will ja auch nicht undankbar erscheinen, aber ich muss die Fliege machen. Wenn die Bullen kommen und mich ausquetschen, was mach ich dann? Und in den Knast geh ich nie mehr zurück, die zwei Jahre haben mir gelangt. Haben Sie die Kleine nun gekillt oder nicht?«
    »Nein, natürlich nicht, das muss ein dummer Zufall gewesen sein. Trotzdem will ich nicht unfair sein und dir entgegenkommen. Wie viel brauchst du?«
    Der andere fuhr sich über den Dreitagebart und wiegte den Kopf hin und her. »Fünfundzwanzigtausend morgen früh und fünfundzwanzigtausend, wenn ich morgen Abend am Flughafen bin. Dann bin ich endgültig aus Ihrem Leben verschwunden. Vielleicht schreib ich mal ’ne Karte aus Brasilien«, fügte er schmierig grinsend hinzu. »Brasilien, da wollt ich nämlich schon immer mal hin.«
    »Fünfzigtausend?«, fragte er mit zusammengekniffenen Augen. »Wie stellst du dir das vor? So viel kann ich bis morgen früh nicht auftreiben. Zehntausend morgen, zehntausend am Flughafen, das muss reichen. Alles andere würde auffallen. Den Rest kann ich dir nach und nach überweisen. Du hast mich ja in der Hand und weißt etwas, was keiner außer uns beiden weiß.«
    »Scheiße, Mann, ich hab keinen Bock auf Handeln! Okay, zwanzigtausend mal zwei macht vierzigtausend und keinen Euro weniger. Ich will schließlich auch mal was vom Leben haben.«
    »Wann morgen früh?«
    »Um zehn hier. Und keine fiesen Tricks, ich kann nämlich sehr böse werden, das hab ich im Knast gelernt.«
    »Hab ich dich vielleicht bisher im Stich gelassen? He, wir sind Freunde, kapiert?!
    Wenn du überhaupt jemandem vertrauen kannst, dann mir. Und damit du mir vertraust, könnte ich auch jetzt gleich an den Geldautomatengehen und eintausend abheben, den Rest bekommst du dann morgen. Aber eine Bedingung habe ich: Ich will sämtliche Unterlagen haben, auf denen mein Name steht. Sonst gibt’s kein Geld.«
    »Schlechtes Gewissen, was?«, sagte der andere immer noch grinsend. »Aber um Sie zu beruhigen, ich brauch mir nichts aufzuschreiben, ist alles hier oben gespeichert, jede einzelne Sekunde und jedes Wort.« Er tippte sich an die Stirn, erhob sich, gähnte und meinte: »Tschuldigung, aber ich muss mal meinen Python würgen. Bin gleich wieder da. Haben Sie nicht gesagt, dass Sie auch mal müssen?«
    »Ist schon wieder vorbei«, antwortete er nur. Er wartete, bis er das Hinunterziehen des Reißverschlusses hörte, wie der andere pinkelte, holte die Drahtschlinge mit den zwei dünnen Holzgriffen aus der Innentasche seiner Jacke, ging auf Zehenspitzen zum Klo, die Tür war nur angelehnt. Der andere stand mit dem Rücken zu ihm, zog die Kette des Spülkastens und merkte nicht, wie die Schlinge blitzschnell von hinten um seinen Hals gelegt und zugezogen wurde. Er griff verzweifelt danach, schlug mit seinen Händen um sich, doch es dauerte nur eine Minute, bis seine Kräfte schwanden, eine weitere, bis er bewusstlos war und den ungleichen Kampf verloren hatte. Ein letztes Zucken einem Aufbäumen gleich raste durch seinen Körper, der Tod kam schnell.
    Schweiß hatte sich auf seiner Stirn und unter den Achseln gebildet. Er sah mit abfällig heruntergezogenen Mundwinkeln auf den reglosen Körper, die weit aufgerissenen, aus den Höhlen getretenen Augen, in denen sich das blanke Entsetzen festgebrannt hatte. »Du hast tatsächlich geglaubt, ich wäre dein Freund. Aber einen wie dich würde ich mir nie als Freund aussuchen, dazu bist du mir einfach zu blöd, du jämmerliches Stück Scheiße! Schau dich doch nur mal an, wie du jetzt aussiehst! Ach nein, kannst du ja gar nicht, höchstens von oben, aber ehrlich, du siehst echt beschissen aus. Aber dein ganzes Leben war ja ein großer Haufen nutzloser Scheiße«, murmelte er kaum hörbar und lachte dabei kurz auf.
    Nach einer Weile ging er seelenruhig zurück ins Wohnzimmer, blickte um sich, entdeckte neben der Spüle den Wäscheständer mit den Nylonschnüren, schnitt diese ab und verknotete sie geschickt, bis sie ein zusammenhängendes Band bildeten. Ein Blick nach oben, das Heizungsrohr in der Dusche verlief wie in vielen dieser Altbauten etwa einen Meter lang fast in Deckenhöhe. Er stieg auf einen Stuhl und wickelte das verknotete Plastikseil darum. Dann hievte er den Körper hoch, stellte ihn auf den Stuhl und lehnte ihn an die Wand, legte ihm die Schlinge um den Hals und zog den Stuhl mit einem kräftigen Ruck weg. Er wusste, niemand im Haus hatte etwas

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