Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
klang wirklich sehr beunruhigt.«
»Beunruhigt?«
»Ja, so klang er«, bestätigte Carol. »Und Sie wissen doch, wie höflich er immer ist. Er hat bisher noch nicht mal ›verdammt‹ oder so was in meinem Beisein gesagt, und jetzt muss ich mir ›Schuss in die Eier‹ anhören …«
»Sagen Sie ihm, dass ich in zwanzig Minuten bei ihm bin«, erklärte Lucas. »Obwohl ich mich beschissen fühle.«
»Ja, mit Ihrer armen Nase, und dann noch die Sache mit dieser armen Frau …«
»Darüber reden wir später«, sagte Lucas. »Möglichst erst im nächsten Jahr.«
Weather rief an. Er berichtete ihr von Carlita Peterson. »O Gott! Wenn ich doch nur bei dir wäre, um dir helfen zu können. Soll ich kommen …?«
»Nein. Würde nichts bringen. Im Moment will ich einfach nur mal schlafen.«
Lucas schleppte sich mit letzter Kraft zu Hopping Crows kleinem Büro. Er war inzwischen zu alt für stressige Tage und durchwachte Nächte, in denen man sich nur von Kaffee und Keksen aus Automaten ernährte.
Hopping Crows Büro war verschlossen, und Lucas musste anklopfen. Er hörte das Rattern eines zurückgeschobenen Stuhls, dann wurde die Tür einen Spalt geöffnet, und Hopping Crows dunkle Augen starrten ihn an. Als er Lucas erkannte, zog er die Tür ganz auf, blickte hastig links und rechts den Flur hinunter.
»Kommen Sie rein.«
»Mein Gott, Mann, Sie wirken ja völlig verunsichert«, staunte Lucas.
Hopping Crow deutete auf einen Besucherstuhl und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.
»Wir haben ein großes, großes Problem.« Er sagte das mit düsterer Eindringlichkeit.
Lucas zuckte mit den Schultern. Was für ein Problem es auch war, es konnte nicht so schlimm sein wie das, dem Carlita Peterson ausgesetzt gewesen war. »Worum geht’s?«
Hopping Crow schob seinen Stuhl bis zur Wand zurück. »Vor drei Tagen haben einige Männer im Minnesota River bei Mankato nach Welsen geangelt. Nördlich von Mankato, flussabwärts bei der Brücke der County Street 18, wo auch immer das ist. Ein Angelhaken verfing sich unter Wasser an irgendwas. Sie benutzten diese großen Haken und festen Angelschnüre und hievten das Irgendwas an die Oberfläche, und es war ein Teil der verwesten Hand eines Mannes.«
»Seltsam, dass überhaupt was übrig geblieben ist, wenn es dort Welse gibt«, sagte Lucas.
»Seien Sie still und hören Sie einfach zu!«, blaffte Hopping Crow. »Jedenfalls, sie holten ein Taucherteam, das den Grund des Flusses absuchte, und man stieß auf eine verweste, mit einer schweren Kette umwickelte Leiche. Sie holten sie hoch, und man schickte uns einige Proben zur DNA-Bestimmung, und der Gerichtsmediziner machte ein paar dentale Röntgenaufnahmen. Man will nach einer Übereinstimmung mit vorhandenen Unterlagen suchen. Der Gerichtsmediziner sagt, die Leiche habe rund einen Monat im Wasser gelegen.« Er senkte den Kopf und strich mit beiden Händen sein langes Haar zurück.
»Und?« Lucas lehnte sich vor, jetzt ernsthaft interessiert.
»Wir haben bei der DNA eine Übereinstimmung gefunden. Niemand weiß etwas davon außer Anita Winter und mir. Ich habe ihr eingeschärft, absolutes Stillschweigen zu bewahren, und ihr gesagt, falls etwas durchsickert, würde ich sie rausschmeißen. Es ist …« Er brach ab, als ob er unfähig wäre weiterzusprechen.
»Wer zum Teufel ist es?«, fragte Lucas.
Hopping Crow blickte auf. »Charlie Pope.«
Lucas brauchte eine halbe Sekunde, den Namen im Bewusstsein zu registrieren. Er traf ihn wie ein weiterer Schlag auf die Nase, und er war wie gelähmt und erfasste die Bedeutung der Aussage zunächst nicht. Dann öffnete er den Mund, wollte etwas sagen, erkannte aber noch rechtzeitig, dass es dummes Zeug war, und so schloss er den Mund schnell wieder.
»Verdammt, sagen Sie doch was!«, knurrte Hopping Crow.
»Was zum Teufel reden Sie da?«, rief Lucas schließlich.
»Schreien Sie nicht - ich kann nichts dafür. Wir haben nichts vermasselt. Die DNA stimmt sowohl mit der in unserer
DNA-Bank überein als auch mit dem Blut unter Adam Rice’ Fingernägeln. Wir sind dabei …« Hopping Crow brach ab, griff zum Telefon auf dem Schreibtisch, hämmerte eine Nummer in die Tastatur, wartete und sagte dann: »Ich bin’s. Können Sie schon schon was erkennen? Na schön, was meinen Sie denn, was Sie erkennen? Okay, wann können Sie es bestätigen, wie lange brauchen Sie noch? Rufen Sie sofort zurück.«
Er knallte den Hörer zurück auf die Gabel. »Okay. Wenn wir DNA-Proben
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