Kaltgestellt
von ihm weiß, kann es sich in Luft auflösen.«
»Damit könnten Sie sogar Recht haben«, antwortete Newman mit ernster Stimme.
»Vielleicht ist der vierte Mann ja doch Marlers Handgranate zum Opfer gefallen und sofort untergegangen«, sagte Tweed. »Wenn er allerdings noch am Leben ist, müssen wir ihn unschädlich machen.«
»Wenn Sie Ihre Sachen in Paris erledigt haben«, fuhr Newman fort, »wie kommen wir dann nach Hause?«
»Das kommt ganz darauf an, welches Transportmittel schneller ist«, antwortete Tweed.
»Entweder nehmen wir den Eurostar oder das Flugzeug vom Flughafen Charles de Gaulle aus. Lasalle wird auf diese Frage sicher eine Antwort wissen.«
»Schön, langsam wird es hell«, bemerkte Paula. »Wenn wir Glück haben, erreichen wir das Ritz noch vor dem morgendlichen Berufsverkehr. Der soll in Paris ja bekanntlich mörderisch sein.«
Im Osten war ein fahler Lichtschimmer am Horizont zu sehen, der langsam immer stärker wurde. Bald waren die Felder zu beiden Seiten der Autobahn in ein graues Dämmerlicht gehüllt. Der Himmel, der zuvor tiefschwarz gewesen war, nahm eine blaßblaue Farbe an. Es sah ganz so aus, als ob es ein schöner Tag werden würde. »Was für ein Unterschied zum Schwarzwald«, sagte Paula fröhlich.
»Der Wetterbericht hat einen klaren Tag vorausgesagt«, sagte Tweed.
»Auch mal ganz schön zur Abwechslung. Ich frage mich übrigens, wie Howard in der Park Crescent zurechtkommt. Er muss schließlich den ganzen Laden allein schmeißen. Und das unter denkbar schwierigen Umständen.«
Viele Stunden früher – am Nachmittag des vorigen Tages – hatte Howard beschlossen, hinaus zum Bunker zu fahren und sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, wie die Arbeit dort voranging. Es war ein herrlich sonniger Tag, aber Howard hatte in den vergangenen achtundvierzig Stunden so gut wie keinen Schlaf gefunden und mußte sich richtiggehend zwingen, am Steuer wach zu bleiben. Als er langsam durch Parham fuhr, dachte er kurz daran, bei Sir Guy Strangeways in Irongates vorbeizuschauen, hielt es dann aber für besser, weiterzufahren, solange er noch wach war. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, und um ein Haar hätte er südlich von Ashford die Abzweigung nach Ivychurch übersehen. Jetzt mußte er seine ganze Konzentration aufbringen, um seinen Weg durch das Gewirr von kleinen, verschlungenen Landstraßen zu finden. Die Hälfte der Strecke versperrten ihm dornige Hecken, an denen noch kein grünes Blatt zu sehen war, die Sicht auf den weiteren Verlauf der Straße. »Es ist verdammt gefährlich, so übermüdet Auto zu fahren«, sagte Howard zu sich selbst. »Ich muss aufpassen, daß ich niemand über den Haufen fahre.«
Normalerweise hätte ihn das Geräusch eines sich nähernden Hubschraubers mißtrauisch gemacht, aber in seiner Erschöpfung nahm er einfach an, daß es sich dabei um einen Helikopter zur Verkehrsüberwachung handelte. Sehr langsam fuhr er auf das Tor des Bunkers zu und wartete darauf, daß Mrs. Carson es ferngesteuert öffnete. Er hörte immer noch den Hubschrauber, als das Tor aufging und Mrs. Carson wild gestikulierend auf den Hof rannte und ihm bedeutete, den Wagen in eine große offene Scheune zu fahren. Howard tat, was sie von ihm verlangte. Als er aus dem Wagen stieg, wäre er vor Müdigkeit fast hingefallen. Kaum war er auf dem Hof, schob Mrs. Carson das schwere Scheunentor zu.
»Los, ins Haus! Schnell!«, schrie sie.
Kaum waren sie drinnen, schlug sie vehement die Tür zu. Howard ließ sich in den nächsten Sessel sinken. Er mußte sich zusammennehmen, um nicht auf der Stelle einzuschlafen.
»Haben Sie schwarzen Kaffee für mich?«, fragte er. »Ich brauche mindestens einen Liter davon.«
»Haben Sie denn den Hubschrauber nicht gesehen, der über uns kreist?«, fragte Mrs. Carson. »Er hat keinerlei Abzeichen am Rumpf. Sie hätten irgendwo warten müssen, bis er wieder verschwunden ist.«
»Tut mir Leid. Könnten Sie mir jetzt den Kaffee kochen?«
Im Inneren des Hubschraubers richtete der Kopilot eine Kamera mit starkem Teleobjektiv auf das Farmhaus und fotografierte es im Vorbeifliegen aus jedem nur möglichen Winkel.
»Gene«, sagte er triumphierend zu dem Piloten neben ihm. »Wir haben soeben die geheime Kommandozentrale der Engländer entdeckt. Ich habe hervorragende Bilder davon gemacht.«
»Das ist fantastisch, Lou. Hast du die genaue Position auf der Karte eingetragen?«
»Ja, habe ich. Ich schätze, das wird uns eine Beförderung
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