Kaltgestellt
Hotel nicht wußten, wer zu ihm gehörte.
»Ich hoffe, Sie entschuldigen mich«, sagte Tweed zu Sharon. »Selbstverständlich. Ich werde noch eine Tasse Kaffee trinken und mich dann auch an die Arbeit machen.« Als Tweed, gefolgt von Newman und Paula, den Speisesaal verließ, stand Marler auf und schlenderte zum Ausgang. Auf dem Weg durch die Hotelhalle blickte Tweed nach draußen und bemerkte, daß die Sonne schien. Es sah ganz so aus, als würde es tatsächlich ein schöner Tag werden. Tweed ging quer durch die Halle zum Hauptausgang des Hotels, der hinaus auf die Place Vendome führte. Als Tweed durch die Tür nach draußen wollte, sprang Marler von hinten auf ihn zu und riß ihn zurück. Sekundenbruchteile später schlug dort, wo er ohne Marlers Eingreifen hingetreten wäre, eine Kugel in den Marmorboden und schwirrte als Querschläger hinaus auf den Platz. Der uniformierte Portier, der draußen vor dem Hotel Dienst tat, rannte auf Tweed zu. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Nein, ich bin nur auf einen Stein getreten, der irgendwie in den Eingang geraten sein muss.«
»Ich dachte, ich hätte einen Knall gehört.«
»Das muss wohl eine Fehlzündung gewesen sein.« Marler lief hinaus auf den leeren Platz, was der Portier aber nicht bemerkte, weil er mit Tweed sprach. Dort richtete er seine Walther auf die Dächer der dem Hotel gegenüberliegenden Häuser. Er hatte keine Angst, daß auch auf ihn geschossen wurde, denn er war ständig in Bewegung und damit schwer zu treffen. Mit seiner Reaktion wollte er den unsichtbaren Scharfschützen verunsichern, der wieder einmal von oben auf Tweed geschossen hatte – genau wie in Basel. Tweed, der wieder zurück in die Hotelhalle gegangen war, reagierte auf den erneuten Anschlag ruhig und gleichmütig, was Paula und Newman allerdings nicht taten. Vor allem Paula nahm kein Blatt vor den Mund. »Sind Sie denn verrückt geworden?«, sagte sie leise zu Tweed. »Sie können doch nicht einfach allein aus dem Hotel gehen. Ohne Marler wären Sie jetzt tot. Was haben Sie sich bloß dabei gedacht?«
»Paula hat Recht«, meinte auch Newman. »Wieso sind Sie ohne Not ein solches Risiko eingegangen?«
»Tut mir Leid«, antwortete Tweed, »aber ich habe gerade an etwas gedacht, was beim Frühstück geschah – oder besser: was beim Frühstück nicht geschah. Ich werde mich bei Marler bedanken, wenn er wieder hereinkommt.«
»Eines wissen wir jetzt«, sagte Newman. »Das Phantom hat uns bis hierher verfolgt.«
»Stimmt.«
Zuvor, kurz bevor er seinen Entschluß gefaßt hatte, ins Freie zu gehen, hatte Tweed auf dem Weg zum Lift einen Blick in den Innenhof des Hotels geworfen und daran gedacht, daß sich hier im Sommer die Damen der besseren Gesellschaft zum Tee versammelten und den neuesten Klatsch austauschten. Als er so dagestanden und nachgedacht hatte, war Osborne an ihm vorbeigegangen und hatte eilig das Hotel verlassen.
Jetzt war es Paula, die auf dem Weg durch die Halle stehen blieb. Sie betrachtete eine Vitrine mit Kunstgegenständen, die in einem berühmten Geschäft in der Rue Saint Honore verkauft wurden. Die Preise waren exorbitant hoch. »Das sind ziemlich wertvolle Dinge da drinnen«, bemerkte Tweed.
»Sie, Tweed, sind viel wertvoller als alles in diesem Kasten«, sagte Paula. »In Zukunft verlassen Sie bitte das Hotel nur dann, wenn Bob und ich bei Ihnen sind.«
»In Ordnung«, antwortete Tweed mit einem Lächeln. »Sie wissen ja, daß ich immer das tue, was man mir sagt.«
»Das war kein Witz!«, sagte Paula aufgebracht. »Ich möchte, daß Sie es mir versprechen.«
»Großes Ehrenwort. Aber jetzt muss ich wirklich auf mein Zimmer und telefonieren.« Tweed hatte den Satz noch nicht richtig beendet, als Osborne durch den Haupteingang die Halle betrat. Der Amerikaner war ganz außer Atem und mußte erst einmal tief durchschnaufen, bevor er sprechen konnte.
»Hallo Leute«, keuchte er.
»Ich bin eben mal um den Block gejoggt. Ich habe Ihnen ja gesagt, daß ich mich fit halte. Aber verraten Sie mich bitte nicht – ich habe soeben ein Verbrechen begangen.«
»Was für ein Verbrechen denn?«, fragte Newman. »Ich habe ein paar Münzen in die Parkuhr gesteckt, vor der mein Wagen steht. Sie war längst abgelaufen. Ich mußte mein Auto in der Rue Saint Honore abstellen, weil in der Hotelgarage kein Platz mehr war. Bis später!« Paula sah ihm hinterher, wie er gelenkig die Treppe hinauflief und dabei zwei Stufen auf einmal nahm. »So anstrengend kann sein Jogging nun
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