Kaltgestellt
er, nachdem Monica aufgelegt hatte. »Bevor Paula nach ihrem Erlebnis in der Eagle Street zu uns gekommen ist, Marler, haben wir gerade über Kurt Schwarz gesprochen, der vor Ihren Augen ermordet wurde.«
»Ich mache mir immer noch Vorwürfe, daß ich seine Leiche einfach zurückgelassen habe«, sagte Marler. »Es hat mich Überwindung gekostet, Buchanan durch einen anonymen Anruf auf den Toten aufmerksam zu machen.«
»Sie hatten doch keine andere Wahl«, sagte Tweed. »Wir können es uns jetzt einfach nicht leisten, in polizeiliche Ermittlungen hineingezogen zu werden. Aber sind Sie wirklich sicher, daß es nicht diese Männer mit den Regenschirmen waren, die ihn umgebracht haben? Immerhin waren sie ja bewaffnet.«
»Aber nur mit Pistolen«, sagte Marler. »Ich verstehe mein Handwerk gut genug, um zu erkennen, wann jemand von einer Gewehrkugel getötet wurde. Der Mörder muss das Phantom gewesen sein.«
»Vielleicht ist es ja interessant, daß Basil Windermere ein paar Minuten zuvor in seinem Haus ganz in der Nähe verschwunden ist«, merkte Newman an. »Und die letzten Worte von Kurt Schwarz waren: Basil. Schwarz.«
»Tja, schon seltsam, daß er den eigenen Namen genannt hat«, sagte Tweed. »Im Moment beschäftigt mich aber noch etwas anderes. Ich habe Ihnen doch erzählt, daß ich in der amerikanischen Botschaft gesehen habe, wie Jefferson Morgenstern eine Akte in einen Panzerschrank gelegt hat. Ich möchte zu gern wissen, was das für Papiere gewesen sind. Ich glaube, ich werde mal Pete und Harry darauf ansetzen, sie mir zu beschaffen. Die beiden haben sich eine kleine Abwechslung verdient. Dürfte spannend sein, wie sie es anstellen.«
»Vielleicht stecken sie dazu ja die ganze Botschaft in Brand«, meinte Monica.
»Das ist keine schlechte Idee.«
»Aber das war doch nur ein Witz«, meinte Monica abwehrend.
»Hab ich mir schon gedacht, aber die Idee ist trotzdem nicht schlecht.« Tweed hielt inne, weil das Telefon klingelte. Monica ging ran und sagte ihm kurz darauf, daß die angekündigte Besucherin da sei.
»Sagen Sie George, er soll sie heraufbringen.«
George führte Denise Chatel in Tweeds Büro und zog sich gleich darauf wieder zurück. Beim Anblick der Frau, die jetzt verschüchtert in der Mitte des Raums stand, sprang Newman sofort auf. Marler, der wie gewohnt an der Wand lehnte, nahm seine Zigarette aus dem Mund und stellte sich gerade hin. Tweed amüsierte sich innerlich über die Reaktion seiner beiden Mitarbeiter. Denise Chatel, die ein eng anliegendes dunkelblaues Kostüm trug, war tatsächlich ein verlockender Anblick. Sie war Anfang dreißig, etwa eins zweiundsiebzig groß und hatte eine gute, nicht zu üppige Figur und dunkelbraunes, schulterlanges Haar. Ihr Gesicht war länglich und schön geschnitten, und die Lippen umspielte der Anflug eines freundlichen Lächelns. Tweed stand auf und gab ihr die Hand.
»Bitte, setzen Sie sich doch, Ms. Chatel. Ich brenne darauf zu erfahren, was Sie mitten in der Nacht zu uns führt.« Denise Chatel nahm Platz und schlug mit einer graziösen Bewegung die Beine übereinander. Weder Newman noch Marler ließen sie auch nur eine Sekunde lang aus den Augen.
»Ich bin selber eine Nachteule, Mr. Tweed. Das kommt meiner Chefin sehr entgegen, die gern dann arbeitet, wenn die meisten anderen die Botschaft schon verlassen haben.«
»Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?«, fragte Newman. »Ich wollte gerade eine Kanne aufsetzen«, sagte Monica in leicht gereiztem Ton.
»Das wäre wunderbar. Außerdem hätte ich gerne ein Glas kaltes Wasser – falls es nicht zu viel Mühe macht.« Ihre Stimme klang kühl. Sie hatte eine leicht amerikanische Färbung, unter der aber ein gänzlich anderer Akzent mitschwang.
»Denise Chatel«, sagte Tweed und blickte die Besucherin durch seine Hornbrille an. »Der Name klingt französisch.«
»Mein Vater war Franzose, meine Mutter Amerikanerin. Ich war schon fast dreißig, als wir nach Washington gegangen sind, wo man meinem Vater einen guten Job angeboten hatte. Ich habe sie begleitet.«
»Kommen Sie denn ab und zu auch mal nach Frankreich zurück?«, fragte Tweed mit sanfter Stimme. »Aber ja. Ziemlich oft sogar. Schon beruflich habe ich häufig in der amerikanischen Botschaft in Paris zu tun. Sharon möchte immer auf dem Laufenden über das sein, was in Europa gerade passiert.« Sie setzte ein Lächeln auf. »Aber soll das ein Verhör sein, Mr. Tweed?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich finde es nur interessant,
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